Nachhaltigkeit in kommunalen Rechenzentren: Wo kommunale Rechen­zentren Energie sparen

Auch Kreise und Kommunen bekommen die Energie­kosten zu spüren. Zugleich wächst der politische Druck aufgrund der öko­logischen Aus­wirkungen der Strom­produktion. Die IT der öffent­lichen Ver­waltung kommt heute nicht mehr umhin, Ressourcen­schonung und Nach­haltigkeit in ihr Einkaufs­konzept zu integrieren.

Ressourcen­schonung gehört zur öffentlichen Verwaltung

Von David Schahinian

Es sollte nie mehr Holz gefällt werden, als jeweils nach­wachsen kann. Das Prinzip klingt ein­leuchtend. Hans Carl von Carlowitz hat es erstmals 1713 in einem Werk über die Forst­wirtschaft beschrieben, in dem er von einer „nach­haltenden Nutzung“ sprach. Heute, gut 300 Jahre später, ist der Begriff aktueller denn je. Ob in öffent­lichen Verwaltungen, dem Wirtschafts- oder dem Privat­leben: Kaum etwas läuft mehr ohne Computer. Ihr Strom­verbrauch wurde lange Zeit vernachlässigt. Noch 2008 wussten einer Studie der Experton Group zufolge nur 7 % über den Energie­verbrauch ihrer Anlagen Bescheid. 2014 konnten laut einer vom Borderstep-Institut für Innovation und Nach­haltigkeit erstellten Bitkom-Studie bereits 85 % den Jahres­strom­verbrauch ihres Rechen­zentrums nennen.

Das ist nicht zuletzt auch hilfreichen Messwerkzeugen zu verdanken, die mittlerweile bei der Optimierung helfen. Ein kostenfreier Online-Test für Rechenzentrumsbetreiber, den techconsult und das iX-Magazin aufgesetzt haben, legt beispielsweise herstellerunabhängig und individuell mögliche Schwachstellen offen. Dazu werden in Studienberichten einzelne Schwerpunktthemen vertieft.

Vor allem zwei Gründe sprechen für einen bewussteren Umgang mit der Energie: die Kosten und die Auswirkungen auf die Umwelt – hier sind beispielsweise der Ressourcenverbrauch und der CO₂-Ausstoß zu nennen. Ihrer gesellschaftlichen Verantwortung können sich gerade öffentliche Verwaltungen nicht entziehen.

Größere Effizienz bei steigendem Bedarf

Ob und in welchem Maß die hohen Stromkosten in Deutschland der Energiewende zuzuschreiben sind, ist eine politische Debatte. Tatsache aber ist, dass sie im europäischen Vergleich hoch sind – und damit einen entscheidenden Faktor beim Betrieb von technischen Anlagen darstellen.

Zwar wurden in den vergangenen Jahren enorme Fortschritte gemacht, was die Effizienz und die Sparsamkeit von Servern und Rechenzentren angeht. Mit der digitalen Transformation aber steigt der Bedarf noch stärker an. Im Abschlussbericht zur „Entwicklung des IKT-bedingten Strombedarfs in Deutschland“ hieß es 2014 beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie:

„Der elektrische Energiebedarf der Rechenzentren einschließlich der Server-, Speicher- und Netzwerktechnik sowie wesentlicher Infrastruktursysteme wird im Jahr 2015 etwa 12 TWh/a betragen und bis zum Jahr 2025 auf circa 16,4 TWh/a ansteigen.“

Wer zu billig kauft, kauft zweimal

Auch öffentliche Verwaltungen stehen zunehmend unter Kosten- und Handlungsdruck, was ihre Bestrebungen in puncto Green IT betrifft. Ob die Förderung nachhaltiger Beschaffung im öffentlichen Sektor bereits ausreichend realisiert ist? Das ist schwer zu sagen. Für Dr. David Hoeflmayr, CEO der Thomas-Krenn.AG, hat es aber den Anschein, „dass vielleicht nicht unbedingt die Ausschreibungen selbst, aber doch die Beschaffungsprozesse so ausgelegt sind, dass der einheimische Mittelstand gegenüber großen internationalen Unternehmen oft ins Hintertreffen gerät.“ Das hat Folgen: Die Angebote seien formalisiert, und der Kunde kaufe oft viel mehr Leistung ein, als er tatsächlich benötigt. Damit würden in der Herstellung und im Betrieb gleichermaßen unnötig Ressourcen verbraucht. Hoeflmayr: „In den Ausschreibungen bleiben Kriterien wie Energieeffizienz immer noch oft außen vor, der Anschaffungspreis dominiert alles.“

Sein Rat an IT-Einkäufer in öffentlichen Verwaltungen ist entsprechend eindeutig: Wichtig sei, den eigenen Bedarf zu kennen. Nur auf den Anschaffungspreis zu achten – das ist zu kurz gesprungen. Ein Server- oder ein Storage-System könne durchaus innerhalb von fünf Jahren so viel Stromkosten verursachen, wie die Hardware gekostet hat. „Sparsame Netzteile mit 80-PLUS-Gold- oder -Platin-Zertifizierung und stromsparende CPUs sind da die entscheidenden Kostenkiller.“ Ihr Wirkungsgrad beträgt in der Regel 92 bis 94 % bei einer fünfzigprozentigen Auslastung.

Zum Vergleich: Netzteile ohne Effizienzlabel kommen teilweise nur auf einen Wirkungsgrad von allenfalls 70 %. (Weitere Energieeffizienz-Benchmarks für die Serverbeschaffung stehen in der iX-Beilage „Rechenzentren und Infrastruktur“ 3/2016 auf S. 19.) Ein zusätzlicher Pluspunkt des nachhaltigen Einkaufs: Stromsparende Komponenten erzeugen weniger Wärme, „die dann auch nicht teuer ‚weggekühlt‘ werden muss“, so Hoeflmayr weiter.

Hot Fluid Computing: Rechner kühlen, Wärme nutzen

Ganz vermeiden lässt sich die Abwärme zwar nicht, aber auch hier wird mittlerweile an Lösungen gearbeitet, um sie zumindest nicht nutzlos verpuffen zu lassen. Die Thomas-Krenn.AG forscht bereits seit mehr als einem Jahr an dem Konzept einer Serverkühlung mithilfe einer Flüssigkeit, bei dem die Wärme gewinnbringend genutzt wird: Das sogenannte Hot Fluid Computing, das in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt entwickelt wurde, arbeitet ohne laute Lüfter und braucht in der Regel keine zusätzliche Kühlung – außer bei sehr hohen Außentemperaturen. Die Abwärme können die Anwender entweder selbst nutzen, zum Beispiel zum Heizen, oder an Interessenten verkaufen. Beides bringt weitere Einsparungen beziehungsweise zusätzliche Erlöse.

„Eine Modellrechnung zeigt, dass bereits bei einem ‚kleinen‘ Standalone-System mit 16 CPUs rund 20.000 Euro Stromkosten bei einem Lebenszyklus von fünf Jahren eingespart werden“, erklärt Hoeflmayr. Die Einsparungen durch die Wärmerückgewinnung sind dabei gar nicht eingerechnet, da sie stark vom jeweiligen Einsatzzweck der Abwärme abhängen.

Bleibt die Frage, wann öffentliche Verwaltungen den Praxistext antreten können. Das Entwicklungsprojekt zumindest soll bald abgeschlossen sein. Das Unternehmen führe bereits „sehr konstruktive Gespräche“ mit potenziellen Anwendern aus dem öffentlichen Sektor, versichert Hoeflmayr. Und ergänzt: „Größere Stückzahlen stellen technologisch kein Problem dar.“

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David Schahinian arbeitet als freier Journalist für Tageszeitungen, Fachverlage, Verbände und Unternehmen. Nach Banklehre und Studium der Germanistik und Anglistik war er zunächst in der Software-Branche und der Medienanalyse tätig. Seit 2010 ist er Freiberufler und schätzt daran besonders, Themen unvoreingenommen, en détail und aus verschiedenen Blickwinkeln ergründen zu können. Schwerpunkte im IT-Bereich sind Personalthemen und Zukunftstechnologien.

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