Open Data: Wie Open Data für Wirtschaftswachstum sorgt

Während Big Data Analytics damit kämpfen, dass der größte Teil der Informationen unstrukturiert eintrudelt, liefert eine reiche Rohstoffquelle schon arbeitsfertige Datensätze: Offene Behördendaten könnten Wachstum und Innovationen deutlich anschieben. Eine tragende Rolle soll dabei der Mittestand spielen.

Wertschöpfung aus offenen Behördendaten

Von Sabine Philipp

In der Öffentlichen Verwaltung fallen tagtäglich zahllose Daten an. Nur für Archiv und Statistik sind diese Schätze viel zu schade. „Gerade der öffentliche Sektor kann durch eine Öffnung der Verwaltungsdaten ganz neue Innovationsimpulse erhalten. Etwa für die Erstellung von Fahrplan-Apps, Pegelmeldern, Karten- und Navigationsdiensten,“ erklärt Prof. Dr. Jörn von Lucke von der Zeppelin Universität.

Der Verwaltungs- und Wirtschaftsinformatiker vermerkt positiv, dass inzwischen ein stärkeres Bewusstsein für die Öffnung dieser Daten entstanden ist. Noch 2010 hatte er als Hauptautor eines Open-Data-Gutachtens zur T-City Friedrichshafen dieses Bewusstsein als eine der wichtigsten Herausforderungen der Umsetzung ausgemacht. „Vier Jahre später freuen wir uns, dass viele unserer Überlegungen von den zuständigen Behörden ebenfalls erkannt wurden.“

Modernisierungsprogramm bis 2020

Zwar merkt der Fachmann kritisch an, dass Bund und Länder das Gesamtthema „Open Government“ vielfach auf „Open Government Data“ reduzieren. Dennoch hat das Bundesinnenministerium des Innern drei Mitarbeiter und rund 600.000 Euro aus internen Mitteln für die Studie „Open Government Data Deutschland“ sowie für die Entwicklung und Positionierung des GovData-Prototyps zur Verfügung gestellt.

Als vielversprechend bewertet Prof. von Lucke auch die Unterzeichnung der G8 Open Data Charter durch Bundeskanzlerin Merkel im Juni 2013, der ein nationaler G8-Open-Data-Handlungsplan folgen soll. „Darüber hinaus wird Open Data ein Schwerpunkt im Modernisierungsprogramm Die digitale Verwaltung 2020 werden. Wir gehen davon aus, dass bis Ende des Sommers mit konkreten Vorschlägen gerechnet werden kann“, sagt der Direktor von The Open Government Institute (TOGI) an der Zeppelin Universität.

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Prof. Dr. Jörn von Lucke ist Inhaber des Lehrstuhls für Verwaltungs- und Wirtschaftsinformatik und Direktor von The Open Government Institute (TOGI) an der Zeppelin Universität in Friedrichshafen sowie Senior Researcher am Fraunhofer-Institut für offene Kommunikationssysteme FOKUS in Berlin.

Standortfaktoren in der Kartenansicht

Ein wichtiges Thema ist mittlerweile auch die Verknüpfung von Fachdaten mit Haushaltsdaten und Geodaten. „Die INSPIRE-Richtlinie der Europäischen Union hat nun die rechtlichen Grundlagen für eine Öffnung und Verknüpfung geschaffen“, erklärt Prof. von Lucke. Er verweist auf das Portal Geodateninfrastruktur Deutschland, auf dem Nutzer verknüpfte Geodaten abrufen können, um z.B. zu recherchieren, wo bereits Windkraftanlagen stehen. „Auch Bundesländer wie der Freistaat Bayern haben bereits erste ausgewählte Geodaten als offene Daten zur Verfügung gestellt, der GovData Mirror von Esri Deutschland bindet ausgewählte und über Govdata.de erschlossene Datenbestände in eine kartenbasierte Darstellung ein“, berichtet der Senior Researcher am Fraunhofer FOKUS. Er ist sich sicher, dass noch weitere Angebote folgen.

Open Government ist offen für Input

In den kommenden Jahren sieht Prof. von Lucke die Behörden systematisch ihre eigenen Datenbestände durchsehen, erschließen und ausgewählte Datensätze öffnen. Damit einher gehe eine weitere Professionalisierung: „Die IT-Dienstleister der Behörden werden die Bereitstellungsprozesse optimieren und in bewährte Frameworks wie ITIL einbetten.“

Neue Möglichkeiten zur Qualitätsverbesserung sieht er indes in offenen Plattformen wie etwa der Wheelmap oder Sags-doch, über die Bürger das Regierungs- und Verwaltungshandeln beobachten, bewerten und zu Verbesserungen anregen können. Ebenso könnten Rechnungshöfe die nach der Auftragsvergabe publizierten Ausschreibungsdaten systematisch analysieren und auswerten.

Fazit: Open Data bedeutet Big Data

Der Fachmann betont aber auch, dass es nicht nur um die freie Bereitstellung von Schuldaten, Verkehrsdaten, Gesundheitsdaten, Haushaltsdaten und Geodaten geht:

„Es stellt sich auch die Frage, wie z.B. eine offene Schulpolitik in einer zunehmend komplexer werdenden Lebenswelt gestaltet werden kann. Wie verändern sich Lernprozesse durch offene Bildungsplattformen und offene Lehrinhalte? Wie verändern sich Schulen und Lehrangebote durch offene und vertrauenswürdige Lehrqualitätsdaten? Eine Verknüpfung mit Haushaltsdaten und Geodaten wird diese Prozesse beschleunigen.“

Prof. von Lucke hofft, dass gerade der Mittelstand auf diesem Gebiet seine Chancen entdeckt. Er sieht in der wirtschaftlichen Nutzung der Datenbestände neue Möglichkeiten zur Generierung von Wirtschaftswachstum und zusätzlichen Steuereinnahmen. Auch in der EU sehe man in Big Data and Open Data ein erhebliches Potenzial: „Erste Studien erkennen gerade in der Verknüpfung der beiden Ansätze große Potenziale, um das jährliche Wirtschaftswachstum in der Europäischen Union bis 2020 um bis zu 206 Mrd. Euro zusätzlich zu steigern.“

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