Firmenbestatter: Bei Firmenbestattungen lacht nur einer

Die Anzeigen klingen seriös und verheißen einen Ausweg aus einer oft ausweglos scheinenden Pleite. Dahinter aber verbirgt sich eine Branche für krumme Touren, deren Spuren meist nach Spanien führen.

Schwarze Schafe sind das Problem

Von Eike Schulze

Wenn Unternehmen in eine finanzielle Schieflage geraten, ist Gefahr in Verzug. Die Firmeninhaber oder Gesellschafter sind für Lockangebote anfällig, den Firmensitz ins Ausland zu verlagern, um von den dortigen Gesetzeslücken zu profitieren – mit fatalen Konsequenzen für die Geschäftspartner. Ziel der Operation ist es, von den Altschulden befreit zu werden und unbeschwert die persönliche Zukunft zu gestalten.

Zu Schaden kommen dabei allerdings nicht nur Unternehmen, sondern auch Privatiers, die im Vertrauen auf eine sichere Investition Geschäfte mit dem vor der Pleite stehenden Unternehmen machen. Das kann sehr teuer werden. Der finanzielle Ruin bis hin zur Privatinsolvenz kann die Folge sein.

Pech für Partner

Häufig läuft das Ganze nach folgendem Muster ab: Meist sind es Bauträger, die Kundengelder einsammeln und Handwerker mit der Ausführung beim Hausbau beauftragen. Die Kunden haben bereits beträchtliche Summen eingezahlt und auch die Handwerker ihre Arbeiten durchgeführt. Plötzlich wird die Gesellschaft ins Ausland verkauft – meist nach Spanien –, die Handwerker bleiben auf ihren Rechnungen sitzen und die Bauherren auf ihren Rohbauruinen. Die finanziellen Schäden können so in die Millionen gehen und auch manch einen beteiligten Handwerker in die Pleite treiben. Dass das Treiben nach deutschem Recht strafbar ist, stört die Unternehmer, die auf diese Weise ihre Firmen verkaufen, offenbar nicht. Der Eigentümer scheint aus dem Schneider, wenn die Firmen in Deutschland von der Bildfläche verschwunden sind oder beispielweise an völlig mittel- und ahnungslose Sozialhilfeempfänger für ein paar hundert Euro verkauft werden.

Spanien ist zurzeit noch das gelobte Land für all jene, die sich einer Pleite entziehen wollen. Hier sind nach wie vor die meisten Firmentotengräber beheimatet, und das obwohl diese Vorgehensweise auch dort nicht zulässig ist. In Zeitungen oder Zeitschriften wird mit seriös wirkenden Anzeigen für die dubiose Dienstleistung geworben.

„Konkurs? Am Ende? Das muss nicht sein!
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So oder ähnlich lauten die Anzeigen, mit denen zahlungsunfähige Unternehmer gelockt werden.

Kostenlos ist diese Dienstleistung allerdings nicht. Eine Beratungsgebühr in Höhe von vier- bis fünfstelligen Eurobeträgen muss dafür schon locker gemacht werden, und zwar in der Regel bar. Es sei denn, der Unternehmer hat noch einen hohen Warenbestand, Geräte oder einen Fuhrpark, den der Neueigentümer schnell versilbern kann.

Das Geschäft muss vor dem Notar abgewickelt werden. Tatsächlich wird das Unternehmen für einen symbolischen Betrag – beispielsweise einen Euro – der Gesellschaft übertragen. Verbindlichkeiten, die meist später eintretende Insolvenz und die unangenehmen Auseinandersetzungen mit den Gläubigern obliegen damit dem neuen Käufer. Dazu werden alle Anteile auf den Erwerber überschrieben, eine Entlastung des Alteigentümers vereinbart und ein neuer Geschäftsführer berufen. Ist dieser Termin absolviert, ist der gescheiterte Alteigentümer seine finanziellen Sorgen los.

Grundsätzlich ist so eine Übertragung rechtmäßig, ebenso wie die spätere Verlegung ins Ausland – aber nur, wenn die neuen Eigentümer auch sämtliche Verpflichtungen erfüllen können und wollen. Eine Strafe würde dann nicht drohen, es sei denn, dem Alteigentümer kann eine Insolvenzverschleppung nachgewiesen werden. Dann wird es brenzlig. Da Polizei und Staatsanwaltschaft gezielt nach Wirtschaftsbetrügern dieser Couleur fahnden, fliegen auch immer mehr Altfälle auf. Wegen Insolvenzverschleppung und Betruges wird dann nicht nur gegen die Strohmänner der Unternehmen und die Berater, sondern auch gegen den Alteigentümer und unter Umständen auch gegen den Notar Klage erhoben.

Dieser Gefahr sind sich viele Gesellschafter und Eigentümer gar nicht bewusst. Die Folgen für den Alteigentümer können fatal sein: Bis zu zehn Jahre Haft kann das Gericht verhängen. Das gleiche Schicksal droht übrigens auch dem Strohmann. Aber nicht nur das: Gibt es noch Beschäftigte im Unternehmen, werden diese meist postwendend gekündigt, und somit erweitert sich dann sehr schnell die Gruppe der Betroffenen. Die Folgen für die Firmenbestatter sind aufgrund ihres Sitzes im Ausland hingegen meist gering.

Trotz des hohen Risikos fallen viele Firmen auf die beschriebene Masche herein. Die Zahl der Unternehmen, die auf diese Weise jährlich vom deutschen Markt verschwinden, geht in die tausende, schätzen Wirtschaftexperten und Strafverfolger. Da viele Unternehmer, bedingt durch Basel II, zunehmend Schwierigkeiten haben werden, aufgrund ihrer schmalen Eigenkapitalausstattung Kredite von Banken zu bekommen, ist nicht zu erwarten, dass sich an dem Trend so schnell etwas ändert.

Schnelles Handeln ist gefragt

Um zu vermeiden, dass sie infolge einer so iniziierten Pleite selbst viel Geld in den Sand setzen, können Geschäftskunden potenzieller Pleiteverkäufer ein paar Vorsichtsmaßnahmen treffen, die das Risiko reduzieren. Information über die Geschäftspartner ist dabei die halbe Miete. Ganz ausschließen wird man die fatalen Folgen von Firmenbestattern allerdings nie.

Die ersten Schritte:

  • Wirtschaftsauskunfteien befragen! So fallen die ersten schwarzen Schafe schon auf. Bei Großaufträgen, Aufträgen die über einen längeren Zeitraum dauern oder bei Hinweisen auf Zahlungsschwierigkeiten sollte regelmäßig eine Abfrage vorgenommen werden. Bewährte Auskunfteien sind Creditreform, Bürgel und D&B.
  • Hinweise auf eine drohende Insolvenz können unter Umständen Mitarbeiter der betreffenden Firma geben. Mancher unzufriedene Mitarbeiter gibt hier schon mal Informationen preis. Plötzlicher oder wiederholter Geschäftsführerwechsel mit Sitzverlagerung ins Ausland, mehrfacher Gesellschafterwechsel und hohe Personalfluktuation sind starke Hinweise darauf, dass das Unternehmen massive Probleme hat. Kommt es zusätzlich zum Zahlungsverzug, müssen die Alarmglocken schrillen.
  • Ist ein neuer Geschäftsführer berufen, sollte eine gezielte Personenabfrage vorgenommen werden. Wer Auskünfte über den Geschäftsführer braucht: Eine Abfrage des Handelsregisters ist mittlerweile sogar online möglich. Ist die Person immer nur Geschäftsführer insolventer Firmen oder Kurzzeitgeschäftsführer, deutet das Ganze auf einen Firmenbestatter hin, der im Hintergrund die Fäden zieht und sich nur einen „Frühstücksdirektor“ bestellt hat.
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Schwarz auf Weiß
Eine praktische Darstellung zum Thema In­solvenz im Mittel­stand gibt Dr. Jürgen Kaack im Rat­geber „Fall­studie einer In­solvenz“, den Sie on­line im Zeitschriftenkiosk des MittelstandsWiki bekommen.

Wenn die Bombe bereits tickt

Ist das Kind schon in den Brunnen gefallen, helfen die oben genannten Maßnahmen nur noch wenig. Eine einstweilige Anordnung zum Firmenverkauf muss gestellt werden. Diese wird über eine Strafanzeige mit Eilbedürftigkeit ausgelöst, die gegenüber der Staatsanwaltschaft abgegeben werden muss. Außerdem sollte das Handelsregister informiert werden, das eine Sitzverlagerung verhindern kann.

Bei der Insolvenz im Ausland haben die Firmenbeseitiger allerdings schon ganze Arbeit geleistet. Hier bleibt nur, beim Insolvenzgericht (Amtsgericht) eine Rückverlegung des Insolvenzverfahrens in den Zuständigkeitsbereich des Gerichts zu beantragen. Dies kann unter bestimmten Voraussetzungen bejaht werden.

Liegt der Verdacht nahe, dass ein Firmenbestatter am Werk ist, empfiehlt es sich, einen Rechtsanwalt mit dem Schwerpunkt Wirtschaftsrecht zu konsultieren. Für schnelle Auskünfte gibt es auch die Möglichkeit, sich über die Anwaltshotline einen ersten Rat zu holen.

Tipps für Verbraucher

Für Privatkunden ist die Informationsbeschaffung über mutmaßliche Firmenbestatter wesentlich schwieriger, da hier in der Regel keine Zugriffsmöglichkeiten auf die Daten der Auskunfteien bestehen. Einziger Ausweg ist der Weg zum Amtsgericht. Das ist immer dann ratsam, wenn größere Vorhaben stattfinden sollen. Gerade wer bauen will, sollte sorgsam auf faire Verträge achten. Schließlich kommt es gar nicht so selten vor, dass plötzlich die Bauarbeiten am trauten Heim zum Erliegen kommen, weil der Bauträger pleite ist. Wer dann noch Vorauszahlungen geleistet hat, wird Probleme haben, sein Geld wiederzubekommen. Möchte man beispielsweise ein Haus über einen Bauträger bauen, sollte unbedingt als Vertragsgrundlage die Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV) vereinbart werden. Die Vorteile dabei:

  • Ein anerkannter Zahlungsplan: So sind 40 % des Kaufpreises nach Fertigstellung des Rohbaus und der Zimmererarbeiten zu zahlen; 40 % werden Bauabschnitt für Bauabschnitt fällig; bei Bezugsfertigkeit des Gebäudes sind weitere 12 % an der Reihe und 3 %, wenn die Fassadenarbeiten vollendet sind. Die restlichen 5 % werden einbehalten, bis das Haus komplett fertiggestellt ist und gegebenenfalls noch Mängel beseitigt wurden. – Der Vorteil dieser Regelung: Sollte der Bauträger während der Bauphase Konkurs anmelden, bleibt noch genügend Geld übrig, um das Haus mit Hilfe von anderen Handwerkern und Architekten zu Ende zu bauen.
  • Vertrauen ist gut, Sicherheiten sind besser. So kann auch vom Bauträger zusätzlich noch eine Bürgschaft verlangt werden. Allerdings: Nur wenige Firmen sind in der Lage, den hohen Hürden einer Bankbürgschaft auch tatsächlich zu entsprechen. Eine Alternative dazu wäre der Abschluss einer so genannten Fertigstellungsversicherung für Gebäude, die jedoch nur wenige, meist ausländische Versicherer im Angebot haben. Die Versicherung schließt das Bauunternehmen für das Vorhaben ab. Die anfallenden Kosten von etwa 2 % der Bausumme werden auf die Rechnung aufgeschlagen. Gleichzeitig wird dadurch auch die fünfjährige Gewährleistungsgarantie von der Versicherung getragen. – Der Vorteil: Geht das Bauunternehmen in Konkurs, trägt die Versicherung alle Folgekosten, so dass der Hausbau vollendet werden kann.

Fazit: Strafanzeige

Egal ob Privatmann oder Unternehmer – wer einem Geschäftspartner mit krimineller Energie aufsitzt, guckt hinterher in die Röhre. Ohne geeignete Vorsichtsmaßnahmen ist niemand gegen böse Machenschaften gefeit. Dabei gilt es nicht nur, das eigene Geld zu sichern, sondern im Zweifel sofort Strafanzeige wegen Betruges zu erstatten. Weil Strafanzeigen binnen eines Monats wieder zurückgezogen werden können, kann man auch mit einer entsprechenden Drohung ausstehenden Forderungen Nachdruck verleihen. Voraussetzung ist jedoch, dass noch kein Gesellschafterwechsel oder Unternehmensverkauf stattgefunden hat. Sie verspricht deshalb nur Erfolg, kurz bevor ein Firmenbestatter zuschlägt.

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