Gaming-Markt: Was den Spielemarkt bestimmt

Massives Wachstum, neue Märkte, neue Techniken, dazu immer leistungsstärkere Hardware. Die Konzerne, aber auch kleine Spieleverleger, kommen vor Lachen nicht in den Schlaf: Sie haben die Lizenz zum Gelddrucken. Grund genug, sich den Markt und seine derzeitige Bewegung etwas genauer anzuschauen.

Größer als ganz großes Kino

Von Axel Oppermann

Gaming ist Mainstream. Gaming ist King and Queen der Unterhaltung. Technologische Fortschritte, neue Social-Formate und intelligente Methoden der Monetarisierung haben eine Aktivität, die einst als Randerscheinung galt, zum Lieblingszeitvertreib der Welt gemacht – und ganz nebenbei eine mächtige Industrie geschaffen: eine Industrie mit einem weltweiten Jahresumsatz von über 200 Milliarden US-Dollar, stark wachsend. Zum Vergleich: Das entspricht in etwa dem Bruttoinlandsprodukt von Neuseeland. Zur besseren Einordnung: Der globale Film- und Unterhaltungsmarkt wurde 2021 auf etwa 90 Milliarden Dollar geschätzt, der globale Streaming- und Tonträgermarkt lag 2021 bei knapp 26 Milliarden Dollar.

Weltmarkt im Steigflug

Der weltweite Gaming-Markt wurde 2021 von Mordor Intelligence, einem indischen Marktforschungs- und Beratungsunternehmen, auf etwas mehr als 198 Milliarden Dollar geschätzt. Er wird voraussichtlich bis 2027 einen Wert von knapp 340 Milliarden Dollar erreichen. Das entspricht einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate (CAGR) von über 8,9 % zwischen 2022 und 2027. Laut dem Verband der deutschen Games-Branche wurden in Deutschland 2021 mit Games, Gebühren für Online-Dienste sowie Games-Hardware rund 9,8 Milliarden Euro umgesetzt. Das ist ein Plus von 17 % im Vergleich zum Vorjahr. Und dieses war schon ein Knallerjahr: 2020 war der deutsche Games-Markt bereits um 32 % gewachsen.

Der Umsatz mit Gaming-Hardware ist in diesem Zeitraum insgesamt um 18 % auf rund 3,6 Milliarden Euro gestiegen, der Umsatz mit Gaming-PC-Zubehör um 22 % auf rund 1,5 Milliarden Euro. Im erweiterten Kontext dazu ein Blick auf den globalen Markt: Vantage Market Research, ein nordamerikanischer Marktanalyst, taxiert den globalen Markt für PC-Spiele im Jahr 2028 auf 31,5 Milliarden Dollar – 2021 lag er bereits bei etwas über 29,1 Milliarden Dollar, was einem CAGR von 1,3 % in diesem Zeitraum entspricht. Auch hier ein Vergleich: Für den deutschen Buchmarkt wird für 2022 ein Umsatz von etwa 7,8 Milliarden Euro prognostiziert. Oder dieses: Für den DigitalPakt Schule hat der Bund 6,5 Milliarden Euro bereitgestellt.

Zurück zum deutschen Games-Markt: Laut GfK stellen Monitore das größte Segment innerhalb des Gaming-Marktes dar und verzeichnen ein kontinuierliches Wachstum. Hier zeigt sich den Marktforschern zufolge ein deutlicher Trend hin zu Monitoren mit einer höheren Bildwiederholfrequenz. Stark wächst vor allem die Kategorie von Geräten mit einer Bildwiederholrate von 144 Hz und höher, die inzwischen fast die Hälfte aller Verkäufe ausmachen (46 %).

Gehen wir ins Detail, und sehen wir uns an, wie es so weit kommen konnte.

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Schwarz auf Weiß
Dieser Beitrag ist zuerst in unserer Themen­strecke zur Gamescom 2022 erschienen. Einen Über­blick mit freien Down­load-Links zu sämt­lichen Einzel- und Sonder­publikationen be­kommen Sie online im Presse­zentrum des MittelstandsWiki.

Vom Automaten zum Multiverse

Gehen wir also zurück bis in die 1970er Jahre. Wahre Historiker würden hier monieren, dass wir mit der Erzählung 1940 anfangen sollten: mit dem Nimatron, einem „early special purpose electromechanical computer“ des Atomphysikers Edward Condon. Oder doch zumindest 1967 mit dem ersten kommerziellen Spielsystem für den Heimgebrauch: der Brown Box, einem Mehrspieler- und Multiprogramm-Videospielsystem von Ralph Henry Baer. Aber das würde uns nicht weiterbringen, so spannend diese Geschichten sind. Deshalb leicht vereinfacht: In den frühen 1970er Jahren kamen Atari und Arcade-Spiele auf den Markt. Die Einführung der Videospiele in den Spielhallen führte zu einer Verschiebung vom klassischen Flipperspiel hin zum elektronischen Unterhaltungsgenuss. Pong kam 1973 auf den Markt. Anbieter wie Atari boten alles aus einer Hand: Hardware, Software und Vertrieb. Sie konnten so die komplette Wertschöpfung abgreifen und Standards setzen.

Mit der Entwicklung von Cartridges (den sogenannten „Spielkassetten“), z.B. von Atari und Nintendo, verlagerte sich der Schwerpunkt vom Spielen in der Spielhalle auf das Spielen zu Hause. Auch hier galt: Hardware und Software kamen aus einem Haus. Und schließlich verschob sich das Marktgeschehen auf Handhelds, was die Struktur der Videospielindustrie veränderte und den Markt vergrößerte. 1980 verkaufte Nintendo in Japan die ersten tragbaren LCD-Videospiele mit Mikroprozessor.

Doch nach einem großen Erfolg kommt irgendwann die Krise. Für die Gaming-Branche ging es etwa ab 1983 in den Keller. Die große Rezession war da. Eine Übersättigung des Marktes und zunehmend qualitativ minderwertige Spiele sorgten insbesondere in der westlichen Welt für massive Einbrüche. (Japan war dagegen recht unbeeindruckt.) Der Markt hat sich seitdem konsolidiert. Etablierte Anbieter sind verschwunden, neue haben die Bühne betreten und mit evolutionären und revolutionären Ideen das Gaming neu erfunden. Die Branche wandelte sich. Die Geräte wandelten sich. Die Plattformen wandelten sich. Die Geschäftsmodelle wandelten sich. Von wirklichen Revolutionen wie LAN-Netzwerken und Internet für Multiplayer-Spiele über Sega Dreamcast (2000) als erste online-fähige Konsole, die am Ende an den teuren Internet-Preisen – respektive den damaligen Geschäftsmodellen der Telcos – scheiterte, bis hin zu gründlichen Flops war alles dabei.

Nach zahlreichen kleineren und größeren Entwicklungen war die letzte epochale Veränderung des Marktes die Einführung von MMOGs (Massively Multiplayer Online Games) bzw. MMORPGs (Massively Multiplayer Online Role-Playing Games), durch die sich die die Art und Weise verändert hat, wie Spiele gespielt werden: weg von reinen Offline- und Einzelspielerszenarien, hin zur Möglichkeit, dass Tausende online gleichzeitig dasselbe Spiel spielen. MMOGs haben auch einen Wandel in der Art und Weise eingeleitet, wie die Spiele vertrieben wurden und wie sie monetarisiert werden: Der Vertrieb wurde digital und die Zahlungsstruktur zunehmend zu Abonnementmodellen verschoben.

Hardcore, Hardware, Heldentum

Es gibt ganz unterschiedliche Gamer, und es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, Gamer zu klassifizieren und zu identifizieren. Alle sind relevant, wenn es darum geht, einerseits den Markt und andererseits die Ziele der Branche zu erkennen bzw. deren Handlungsmotive abzuleiten.

Erstens lassen sich Gamer nach ihren Spielgewohnheiten grob in drei Cluster sortieren: Hardcore, Freizeit, Massenmarkt.
70 bis 80 % der generierten Umsätze gehen auf Hardcore-Gamer zurück. Sie investieren zum Teil deutlich mehr als durchschnittlich 1000 Euro pro Jahr, und investiert wird in modernste Technik. Tastaturen über 200 Euro oder Gaming-Mäuse in der Preisklasse über 100 Euro sind eher die Regel als die Ausnahme. Die Marktforscher von GfK h ermittelt, dass 2021 bereits 13 % der Gaming-Tastaturen in der Preisklasse „über 200 Euro“ lagen. Weitere 66 % kosteten zwischen 100 und 200 Euro. Im Kontext: Gaming-Mäuse und -Tastaturen verzeichneten 2020 mit 125 Millionen Euro erstmals in Deutschland einen neunstelligen Umsatz.

Freizeitspieler – sogenannte Casual Gamer – spielen zwar regelmäßig, allerdings nicht auf „professionellem“ Niveau. Sie investieren zwar auch deutlich in ihr Hobby, sind aber im Unterschied zu Hardcore-Gamern deutlich preissensitiver. Dieses Marktsegment steht für 15 bis 25 % der realisierten Verkaufserlöse. Der Rest des Marktes kann als Massenmarkt bezeichnet werden: als absolute Gelegenheitsspieler, ohne Vorlieben für Technik; getrieben einzig von der Gelegenheit.

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Mit dem Smartphone immer dabei: Das Mobile-Segment des Spielemarkts wächst weltweit am schnellsten, auch in Deutschland. (Bild: game – Verband der deutschen Games-Branche e.V.)

Zweitens kann man Gamer anhand der bevorzugt genutzten Hardware grob in drei Cluster einordnen: PC, Konsole und Mobile. Besonders herauszustellen ist an dieser Stelle das Mobile Gaming. Es ist weltweit die beliebteste Form des Spielens und hat bezogen auf Marktvolumen und verwendete/verschwendete Lebenszeit sowohl Konsolen- als auch PC-Spiele überholt. Einer der Hauptgründe für die Beliebtheit von Mobile Gaming ist die leichte Verfügbarkeit. Die Eintrittshürden für Konsumenten sind denkbar niedrig, nahezu jeder hat ein Smartphone mit Spielen. Die steigende Nachfrage resultiert wiederum aus verschiedenen technologischen Fortschritten und Verbesserungen. Hierzu zählen 5G und Cloud Gaming, aber zunehmend auch AR (Augmented Reality) bzw. VR (Virtual Reality). Darüber hinaus ist Mobile Gaming auch das am schnellsten wachsende Segment des Videospiele-Softwaremarkts. Marktauguren gehen davon aus, dass die Branche ihr zweistelliges jährliches Umsatzwachstum beibehalten wird. Die wesentlichen Treiber dieser Entwicklung sind: die Erweiterung der vernetzten Geräte- und Spielerbasis; ein Wachstum der Entwicklerbasis inklusive einer verbesserten Entwicklerproduktivität; und die zunehmende Relevanz von Cloud Gaming.

Drittens: Gamer lassen sich nach Motivation grob in drei Cluster einordnen: Aufregung und Nervenkitzel, Eskapismus und Geselligkeit sowie Erkundung und Management. Darüber hinaus gibt es noch im Übrigen eine vierte Motivation, die sich aber auch in den anderen drei zentralen Beweggründen widerspiegelt: Selbstdarstellung und Meisterschaft.

Markt und Wertschöpfung

Die Gaming-Branche hat sich seit ihren Anfangstagen mit einer vertikal integrierten Ausrichtung, also einer Branche mit hoher Fertigungstiefe, zu einer mehrschichtigen Branchenstruktur gewandelt. Oder jedenfalls teilweise.

Ein Zweig der Branche besteht weiterhin aus (vertikal) integrierten Herstellern. In den frühen Jahren war das z.B. Nintendo, heute sind es Unternehmen wie Sony und Microsoft. Diese Konzerne adressieren neben Hardware die vertikalen Stufen Entwicklung, Veröffentlichung, Herstellung, Vertrieb, in Teilen auch den Einzelhandel. Und zunehmend den Bereich Services, exemplarisch durch Cloud-Gaming- und Subscription-Angebote. Sie bilden also die Bereiche Hardware, Software und Services durchgängig ab, behalten damit die komplette Wertschöpfung, binden Kunden an sich und geben technische Standards vor.

Während sie im Servicesegment sehr dominant und restriktiv auftreten, setzen Microsoft und Sony im Bereich Software auf Kooperationsmodelle. Ferner verfolgt Microsoft im Bereich Hardware eine hybride Strategie. Im Marktsegment der Konsolen ist das Unternehmen mit der Xbox selbst aktiv; im Bereich PC-Gaming ist es aber nicht mit eigener Hardware – etwa dezidierten Surface-Geräten – unterwegs, hier wird stattdessen auf Hardware-Partner verwiesen. So bietet exemplarisch Lenovo Windows-11-Gaming-Laptops mit Next-Gen-Prozessoren und Grafikeinheiten an. Dazu gehören die E-Sport-orientierten 16-Zoll-Laptops Legion 5i Pro und Legion 5 Pro sowie die 15-Zoll-Laptops Legion 5i und Legion 5. Asus bietet Gaming-Tablets mit Intel-Prozessoren und der Nvidia-GPU GeForce RTX 3050 Ti an. Und HP bietet Gaming-PCs u.a. mit einer Nvidia GeForce RTX 3090 mit 24-GByte-GDDR6X-Speicher oder mit einer AMD Radeon RX 6700 XT mit der neuen Infinity-Cache-Technologie an.

Der andere Zweig ist in vertikale Stufen unterteilt: in Hardwarehersteller, Game Developer, Publisher, Distributoren, den Einzelhandel und am Ende die Konsumenten. Es handelt sich um Unternehmen, die sich auf definierte Wertschöpfungsstufen konzentrieren und sich in ihren Teilmärkten optimieren.

Kurzum: Der Gaming-Markt besteht aus fünf vertikalen Stufen und drei Segmenten (Hardware, Software, Services).

Was wird aus Play to earn?

Die Geschäftsmodelle dieses Marktes ändern sich etwa alle zehn Jahre, bedingt durch den technologischen Fortschritt. Vom Modell „Pay to play“ in den 1970er und 1980er Jahren ging es über zu „Free to play“ mit Werbung und später zu In-App-Kaufmodellen (Freemium). Es gibt derzeit Versuche, das Modell „Play to earn“ (P2E) mit der Blockchain als zentralem – und führendem – Konzept zu etablieren.

Das P2E-Modell nutzt den Handel mit NFTs (Non-Fungible Tokens), den sogenannten „digitalen Unikaten“, also mit einzigartigen und unteilbaren (digitalen) Gegenständen, sowie mit digitalen Token, die es als Belohnung für die Zeit gibt, die Spieler auf der P2E-Gaming-Plattform verbringen, um spielspezifische Aktivitäten durchzuführen. Die Blockchain-basierten Play-to-earn-Spiele sind ein für die Branche interessantes Modell, das sich jedoch noch in einer sehr frühen Entwicklungs- bzw. Markteinführungsphase befindet. Das Geschäftsmodell erfolgreich umzusetzen, kann, milde ausgedrückt, sehr schwierig werden.

Das Modell, zu dem „Spielmünzen“ (In-Game Tokens), die NFT-Erzeugung und eine Monetarisierung gehören, ist nur schwer auf einen Massenmarkt – in einen Mainstream-Markt – zu übertragen. Warum? Das Konzept ist zwar für Early Adopters und für Spieler interessant, die übermäßig viel Zeit investieren. Sie profitieren überproportional. Für die breite Masse, für die Follower, stellen solche Ansätze jedoch kein attraktives Angebot dar, da der Nutzen auf Dauer zu gering ist. Wirklich interessant werden solche Konzepte erst mit der nächsten Generation von Gaming-Modellen: mit dem Metaverse. Bis dahin wird die Branche auf das dominierende Konzept setzen, auf Freemium-Spiele.

Micky Maus lässt grüßen

Angesichts der weltweit unbändigen Nachfrage nach (neuen) Spielen, Spielkonzepten und anderen digitalen Inhalten, einer anhaltenden Diversifizierung der Plattformen und der Verschärfung des Wettbewerbs werden „Inhalte“ kurz- bis mittelfristig immer relevanter. Insbesondere IP-Franchises (Intellectual Property). Grob gesagt sind das Lizenzen für geistiges Eigentum, das als Buch, Film, Videospiel, Comic, Animation oder Fernsehsendung in den Markt eingeführt wurde und dann auf andere Medien ausgeweitet bzw. darauf ausgewertet wird. Beispiele: Pokémon wurde als Spiel eingeführt und als Film und in diversen Merchandising-Formaten verwertet. Star Wars hingegen wurde 1977 als Film („Krieg der Sterne“) in den Markt eingeführt und anschließend umfassend im Gaming verwertet.

Content-Inhaber forcieren die Schaffung und Erweiterung von geistigem Eigentum und dessen Vermarktung. Developer und vertikal integrierte Anbieter (Sony, Microsoft) können durch den Erwerb von Nutzungsrechten (IP-Franchises) Alleinstellungsmerkmale generieren und Strategien zur Maximierung der Werte ihrer Plattformen ableiten.

Darüber hinaus ist IP ein Beschleuniger für Markteintritte. So wird beispielsweise Netflix zeitnah sein Angebot um Spiele erweitern. Mit Spielen will das Medienunternehmen Mehrwert für seine Dienste schaffen, um die Kundenabwanderung zu verringern, die Kundenbindung zu steigern und den ARPU (Average Revenue Per User, den durchschnittlichen Umsatz pro Kunde) zu steigern. Längerfristig hofft Netflix, Games zu einer eigenen Einnahmequelle auszubauen. Man wird sich dabei auf mobile Spiele konzentrieren und versuchen, sowohl eigene IP zu entwickeln als auch IP von Dritten zu lizenzieren. Beispiel: Netflix konzipiert ein passendes Spiel zu „Better Call Saul“ oder „Haus des Geldes“ und kann so die Nutzer binden, kann crossmediale Marken aufbauen und monetarisieren. Das große historische Vorbild dieser Strategie ist natürlich Disney.

Neben der Hoheit über die Plattform, und damit den Vertriebsweg, wird IP die größte Bedeutung im Spielemarkt erhalten.

Trends 2022 – und darüber hinaus

Trends bestimmen Märkte. Und vorhandene Marktstrukturen und die sich durch die führenden Anbieter ergebenden Strategie- und Geschäftsmodelle generieren wiederum Angebot, Nachfrage und Trends. Zu den zentralen Trends zählen diese:

  • Cloud Computing und Abomodelle setzen ihren Siegeszug fort.
  • Konsolen und PC-Gaming werden weiter ausgebaut.
  • Telcos werden Spiele stärker in den Mittelpunkt ihrer Media-Angebote rücken.
  • E-Sports-Plattformen und Sportmarken werden ihre Kooperationen forcieren.
  • IP-Inhaber, Plattformen und Publisher werden enger mit Herstellern von Smart-TVs kooperieren und ihre Inhalte breiter ausspielen.
  • Livestreaming wird interaktiver.

It’s not a game, it’s Wirklichkeit

Alle großen Tech-Konzerne, von Veteranen wie Microsoft über Meta, Apple, Amazon, Google, aber auch Sony und Nintendo, setzen massiv auf Gaming als Umsatz- und Wachstumstreiber. Microsoft konzentriert sich auf Cloud Gaming, Amazon treibt seinen Cloud-Gaming-Service Luna voran. Meta setzt auf das Metaverse. Netflix erweitert das Portfolio. Disney lizenziert IP und produziert. ByteDance und die Übrigen wollen auch ein Stück vom Kuchen – und haben mit Angeboten wie TikTok schon mehr als einen Fuß in der Tür. Nvidia, Intel und AMD ziehen mit und liefern die notwendige Hardware; oder auch die passenden Cloud-Services.

Nintendo und Tencent kämpfen an den Kapitalmärkten um Akzeptanz. Nintendo braucht einen neuen Gassenhauer, um dem befürchteten Umsatz- und Gewinnrückgang zu begegnen. Außerdem ist speziell Tencent in seinem Geschäftsmodell vom Wohlwollen Chinas abhängig. Trotz massiven Wachstums in der Branche wird es für einzelne Markteilnehmer in den kommenden Jahren vermutlich bitter: Es steht zu erwarten, dass es in den kommenden Jahren zahlreiche Insolvenzen geben wird, Zusammenschlüsse und Konsolidierung wären dann an der Tagesordnung.

Für Gamer bedeutet die Entwicklung eine weitere große Auswahl an Spielen. Aber auch zahlreiche Probleme. Manchmal sogar Leid. Viele Unternehmen der Branche investieren eine Menge Geld in neue Spielmöglichkeiten, in neue Spielwelten. Und dieses Geld will verdient werden. Einerseits werden Gamer geradezu in Ponzi-Systeme gelockt, die sich einzig durch die rasante Expansion des Kundenkreises refinanzieren; Blasen entstehen und werden platzen. Für viele, die viel spielen, wird dann Play to earn zum Totalverlust. Tränen werden fließen. Auf der anderen Seite werden die durchschnittlichen Kosten pro gespielter Stunde peu à peu erhöht. Spielen wird teurer. Bezahlt wird mit Geld und Lebenszeit.

Das entspricht außerdem der Drehrichtung der gegenwärtigen gesellschaftlich-medialen Entwicklung. Die nähere Zukunft könnte dann so aussehen: Durch ihre ökonomische Dominanz und enorme Reichweite werden einige wenige Medienkonzerne das gesellschaftliche Zusammenleben bestimmen, und zwar nicht nur in den Bereichen Hardware und Software! Werden heute die „Gilden“ der MMORPGs oftmals noch als positiv-aktivierendes Element gesehen, so könnte sich das schnell als gesellschaftliches Dilemma herausstellen: Die Strategeme der Medienkonzerne, die sich im Kontext einer informationellen Koordination und Organisation ökonomischer Prozesse auf das Ziel Überwachungskapitalismus ausrichten, werden dann durch den Erfolg der Gaming-Branche kräftig beschleunigt.

Und dann? Dann haben wir ganz großes Kino.

Axel Oppermann 2013.jpg

Axel Oppermann berät seit über 17 Jahren als IT-Markt­analyst Technologie­unternehmen in Strategie- und Marketing-Fragen. Er arbeitet beim Beratungs- und Analysten­haus Avispador, schreibt für diverse Blogs, Portale, Fach­zeitschriften und kommentiert in diversen Bewegt­bild­formaten aktuelle Themen sowie den Markt. Als Gesprächs­partner für Journalisten und Innovatoren bringt Axel erfrischend neue Ansichten über das Geschehen der digITal-Industrie in die Diskussion ein. Seine viel­fältigen Erkenntnisse gibt Axel in seinen kontroversen, aber immer humor­vollen Vorträgen, Seminaren, Work­shops und Trainings weiter. Seine Themen: Digital & darüber hinaus.

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