Brandschutz im Rechenzentrum: Wer der Feuergefahr leise die Luft abdreht

Beim RZ-Brand­schutz hat sich etliches getan: Die Lösungen sind intel­li­genter und schonender geworden. Neben Daten­verfüg­barkeit und Früh­erkennung geht es auch um rück­stands­freie Brand­bekämpfung – und um die Laut­stärke. Denn empfind­liche Elek­tro­nik kann bereits durch laut­starkes Löschen Schaden nehmen.

Feuerwehr mit Schalldämpfer

Von Katharina Bengsch, Wagner Group

Bis 2005 beherbergte das Tresorgebäude der Hessischen Landesbank in Darmstadt die Gold- und Bargeldreserven – entsprechend hoch liegt die bauliche Sicherheitsstufe. 2014 zog dort die DARZ GmbH mit einem Datacenter ein, aus dem das Unternehmen seine Colocation, Housing und Managed Services sowie andere RZ-Dienstleistungen bereitstellt. Das Motto dazu: „Daten sind wertvoller als Gold!“ Für das Gesamtkonzept der zertifizierten Infrastruktur (TÜV Level III+/Tier 3+) mit indirekt freier Kühlung ist das Unternehmen in puncto Green IT bereits 2015 mit dem Deutschen Rechenzentrumspreis (Gesamtheitliche Energieeffizienz im Rechenzentrum) ausgezeichnet worden. Ebenso gründlich wurde auch das Brandschutzkonzept ausgelegt.

Dabei mussten alle Bereiche des Gebäudes mit Brandschutzlösungen ausgestattet werden, die den unterschiedlichen baulichen Gegebenheiten Rechnung tragen, und das Sicherheitsniveau sollte durch einen VdS-Sachverständigen abgenommen sein, um den RZ-Vertrieb mit einer vertrauenswürdigen Garantieaussage zu unterstützen. Eine sofortige Wirksamkeit der Löschvorrichtung und die Vermeidung von Folgeschäden in Form von Ausfallzeiten und Hardwaredefektenl die zum Datenverlust führen könnten, sind dabei von höchster Bedeutung. Auch für die in normalen Gebäuden nicht anzutreffende besondere bauliche Struktur des Tresorraums musste eine geeignete Lösung gefunden werden, denn Druckentlastungsflächen für eine Gaslöschung waren nicht realisierbar.

Das Brandschutzkonzept

Für den IT-Bereich eignen sich gasförmige Löschmittel, die Brände rückstandsfrei bekämpfen. Stickstoff als Inertgas nutzt zur effektiven Brandbekämpfung das Prinzip der Sauerstoffverdrängung. Stickstoff ist als natürlicher Bestandteil unserer Atemluft (78 Vol.-%) nicht toxisch und weist eine ähnliche Dichte wie Luft auf. Die Bevorratung erfolgt einfach und platzsparend in Löschflaschenbatterien. Im Löschfall verteilt sich der Stickstoff schnell und ohne Rückstände gleichmäßig im Raum. Aus diesen Gründen wurde für das Darmstädter Rechenzentrum eine Inertgaslöschanlage mit Stickstoff verbaut. Hinzu kommen hochsensible Ansaugrauchmeldesysteme sowie ergänzende Punktmelder, damit Brände in einem frühestmöglichen Stadium erkannt und bekämpft werden können.

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Das Wagner-Brandvermeidungssystem OxyReduct sorgt im ehemaligen Tresorraum für eine reduzierte Sauerstoffkonzentration von 15,9 Vol.-%. (Bild: Wagner Group)

Das Schutzkonzept reicht aber noch einen Schritt weiter: Gaslöschanlagen müssen, um binnen kürzester Zeit den Raum zu fluten, das Löschgas mit hohem Druck in den zu schützenden Bereich einbringen. Darum kam es in der Vergangenheit vor, dass das schnelle Einströmen des Gases durch die Löschdüsen einen Schalldruck von über 130 dB(A) erzeugte und die Vibrationen erhebliche Schäden an den verursachten. Die indirekten Schäden können in solchen Fällen sogar viel gravierender als der Brandschaden selbst sein – nicht nur in Form von vorübergehenden Serverausfallzeiten, sondern auch im Hinblick auf Datenbeschädigungen bis hin zum massenhaften Verlust. Dieses Problem wurde in Darmstadt durch den Einsatz von speziell entwickelten Schalldämpfern gelöst, die den Schalldruck auf circa 98 dB(A) verringern.

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Der für eine mögliche Löschung benötigte Stickstoff wird in Behälterbatterien gelagert und bei Bedarf mit einer Softflutungseinrichtung unter wenig Druck in das Rechenzentrum eingeleitet. (Bild: Wagner Group)

Um Druckspitzen zu Beginn des Löschvorgangs zu minimieren, wurden an den Löschmittelflaschen Durchflussregler angebracht. Durch diese Softflutungseinrichtung verringert sich auch die Größe der erforderlichen Druckentlastungsöffnungen erheblich. Somit konnten die Druckentlastungen der gesamten Löschbereiche des ersten Untergeschosses über nur ein bauseitiges F90-Kanalsystem realisiert werden. Die gesamte Druckentlastung für das erste Untergeschoss benötigt damit nur eine Öffnung ins Freie.

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Schwarz auf Weiß
Dieser Beitrag erschien zuerst in unserer Magazin­reihe „Rechenzentren und Infrastruktur“. Einen Über­blick mit freien Down­load-Links zu sämtlichen Einzel­heften bekommen Sie online im Presse­zentrum des MittelstandsWiki.

Zertifizierte Sicherheit

Im hermetisch abgedichteten Tresorraum setzt die Lösung auf eine aktive Brandvermeidung durch Sauerstoffreduzierung. Ein Sauerstoffreduzierungssystem generiert Stickstoff aus der Umgebungsluft, führt diesen über die Lüftungsanlage in den Schutzbereich ein und senkt dort die Sauerstoffkonzentration auf 15,9 Vol.-% ab.

Für das DARZ war es ein wichtiges Ziel, möglichst rasch das VdS-Zertifikat zu erhalten – was sich als problemlos möglich erwiesen hat. Die für ein Rechenzentrum wohl einzigartige Bausubstanz machte das Darmstädter Rechenzentrum aber auch für den Brandschutzprojektleiter Michael Leibner zu etwas Besonderem: „Arbeiten in schusssicherem Spezialbeton hatten wir bisher noch nie vorgenommen. Die erforderlichen Bohrungen in diesem extrem harten Material sind eine echte Belastungsprobe für die gesamte Ausrüstung.“

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Katharina Bengsch ist Redakteurin bei der Wagner Group GmbH. Das Unternehmen entwickelt und realisiert seit 1976 technische Brandschutzanlagen und hat sich als innovativer Lösungs- und Systemanbieter international etabliert. Das Produktangebot basiert auf den vier Systemschwerpunkten Branderkennung (TITANUS), Brandvermeidung (OxyReduct), Brandbekämpfung (FirExting) und Gefahrenmanagement (VisuLAN), die auch in IT-Architekturen und Rechenzentren zum Einsatz kommen.


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