Bernhard Kuntz

Die FDP muss sich auf ihren Markenkern besinnen

Was einmal die Partei der freien Wirtschaft war, ist nun dabei, den letzten Kredit zu verspielen. Und wer den Schaden der bayerischen Landtagswahl hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen – das übernimmt ausnahmsweise der Profilberater Bernhard Kuntz. Im spontanen MittelstandsWiki-Interview schlägt er der FDP vor, sich zum 1. April 2014 für eine Abschaffung des staatlich garantierten Mindestlohns für Abgeordnete zu engagieren, außerdem für eine Beschäftigung von Ministern auf Leiharbeiterbasis.

MittelstandWiki: Herr Kuntz, Sie planen als Geschäftsführer der PRofilBerater GmbH eine Initiative „Wählt die Freiheit, wählt liberal“. Warum?

Bernhard Kuntz: Weil sich unter der Klientel meines Unternehmens – primär Freiberufler wie Unternehmens- und Steuerberater – sehr viele Menschen befinden, die wie die FDP der Auffassung sind: Leistung muss sich wieder lohnen. Für sie war das miserable Abschneiden der FDP bei der bayrischen Landtagswahl ein Weckruf.

MittelstandWiki: Was ist Ihrer Meinung nach das zentrale Problem der FDP?

Bernhard Kuntz: Sie ließ sich in den letzten Jahren von Mama Merkel einlullen, weshalb aus den FDP-Ministerien, sieht man von der Hotelier-Steuer ab, auch keine ernstzunehmenden Gesetzesinitiativen kamen. Die FDP hat ihr Profil verloren. Sie traut sich nicht mehr, den liberalen Freiheitsgedanken zu verkünden.

MittelstandWiki: Und dem wollen Sie mit Ihrer Initiative entgegenwirken. Wie?

Bernhard Kuntz: Indem ich für die FDP Ideen generiere, wie sie ihr liberales Profil wieder schärfen kann.

MittelstandWiki: Haben Sie ein Beispiel parat?

Bernhard Kuntz: Selbstverständlich. Vieles spräche z.B. dafür, die Bundesminister und die Bundestagsabgeordneten nicht nur der FDP künftig auf Leiharbeiterbasis zu beschäftigen. Das würde die Kosten senken und dem Staat mehr Handlungsspielräume eröffnen. Und die FDP könnte ihre Mandatsträger bei Bedarf schneller austauschen. Dadurch würde sie dynamischer und flexibler werden.

MittelstandWiki: Wäre das nicht nur eine kosmetische Operation?

Bernhard Kuntz: Nein, denn parallel dazu sollte man den aktuell staatlich garantierten Mindestlohn für Abgeordnete und Minister abschaffen und diese stattdessen nach Leistung bezahlen.

MittelstandWiki: Würden dann nicht viele FDP-Abgeordnete am Hungertuch nagen?

Bernhard Kuntz: Nein, denn die meisten haben Nebeneinkünfte, ob als Wirtschaftsanwälte oder als Unternehmensberater. Und wenn nicht, dann können sie ja wie Minijobber oder Hartz-IV-Empfänger entlohnt werden – mit der Möglichkeit aufzustocken. Das würde ihren Unternehmergeist fördern.

MittelstandWiki: Haben Sie weitere Ideen, wie die FDP wieder mehr Profil gewinnt?

Bernhard Kuntz: Ja. Seit Hans-Olaf Henkel und andere Vertreter der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft seltener in Talkshows sitzen, ist leider die alte Erfolgsmaxime der FDP in Vergessenheit geraten.

MittelstandWiki: Und die lautet?

Bernhard Kuntz: Abschaffen, abschaffen, abschaffen.

MittelstandWiki: Was könnte abgeschafft werden?

Bernhard Kuntz: Zum Beispiel der Verbraucherschutz. Er behindert nur unsere Wirtschaft. Würde er abgeschafft, entstünden viele neue Arbeitsplätze.

MittelstandWiki: Was könnte noch abgeschafft werden?

Bernhard Kuntz: Der Datenschutz. Die NSA hat uns gezeigt, was heute technisch möglich ist. Warum sollte unsere Wirtschaft diese Chancen nicht für ihre freie Entfaltung nutzen.

MittelstandWiki: Hörte man deshalb in den letzten Monaten so wenig von der FDP über das PRISM-Abhörprogramm, obwohl sie den Außen-, Justiz- und Wirtschaftsminister stellt?

Bernhard Kuntz: Ja, denn die klugen Köpfe in der FDP ahnen, welche Chancen die Überwachungstechnologie der deutschen Industrie bietet. Man muss diese Chancen nur für die Freiheit nutzen. Das ist auch für das Überleben der FDP wichtig.

MittelstandWiki: Warum?

Bernhard Kuntz: Aktuell stellt sich die FDP als extremistische Splitterpartei dar, die die soziale Marktwirtschaft gefährdet. Deshalb könnte sie irgendwann selbst ins Visier der Staatsschützer geraten. Also sollte sie den Gedanken der Freiheit wieder stärker ins Zentrum ihres Programms rücken. Denn gefährlich wurde es in den letzten Jahren für die FDP stets, wenn sie versuchte, politische Konzepte zu entwerfen.

MittelstandWiki: Haben Sie hierfür ein Beispiel?

Bernhard Kuntz: Denken Sie an die Kopfpauschale. Das war doch ein kompromisslerischer Murks. Hätte die FDP stattdessen klipp und klar gesagt „Die gesetzliche Gesundheitsvorsorge abschaffen. Jeder soll sich selbst darum kümmern“, dann wäre ihr freiheitliches Profil klarer geworden und sie hätte mehr Zustimmung gefunden. Dasselbe gilt für die gesetzliche Altersvorsorge: Abschaffen, statt ewig daran herumdoktern.

MittelstandWiki: Glauben Sie, die FDP könnte mit Ihren Ideen den Wiedereinzug in den Deutschen Bundestag schaffen?

Bernhard Kuntz: Mit einem so klaren Profil würde ihr Ergebnis zweistellig ausfallen. Ich erachte auch die aktuelle Zweitstimmenkampagne der FDP für falsch.

MittelstandWiki: Warum?

Bernhard Kuntz: Die FDP ist eine stolze Partei. Sie kann und darf nicht wie ein Hartz-IV-Empfänger um Almosen betteln. „Wir schaffen es aus eigener Kraft“ – dieses Credo muss die Parteispitze ebenso wie ihre Anhängerschaft ausstrahlen.