Michael Rosbach

Kleinunternehmer starten kostenfrei

Michael Rosbach ist Vertriebs– und Marketing-Vorstand der Bonner Scopevisio AG. Der studierte Wirtschaftswissenschaftler war zuvor Vorstand bei einem der erfolgreichsten deutschen IT-Unternehmen: der GWI AG. Den Megatrend Cloud voraussehend, entwickelte das Hightech-Unternehmen Scopevisio umfassende Online-Unternehmenssoftware, die von der Finanzbuchhaltung über die Angebotserstellung und CRM bis hin zur Faktura so ziemlich alle Bereiche abdeckt. Die benutzerfreundliche Software ist skalierbar, von PricewaterhouseCoopers zertifiziert und ab Ende Juli 2010 für Kleinunternehmer kostenlos erhältlich. „Cloud-Software macht dies erstmals möglich.“

MittelstandsWiki: Sie haben eine komplett neue Enterprise-Cloud-Software für mittlere und größere Unternehmen entwickelt, die Sie schon erfolgreich vermarkten. Nun möchten Sie diese Software kostenlos bzw. für geringe Cent- und Euro-Beträge an Gründer, Freiberufler und Kleinunternehmer abgeben. Warum?

Michael Rosbach: Wenn Sie einen solchen Wert haben, dann können Sie sich Gedanken machen, inwieweit sie ihn auch anderen zukommen lassen möchten, wie dem Existenzgründer. Vielleicht zu einem ganz anderen Preis und auf eine ganz andere Art und Weise, wie Sie das im Profibereich machen würden. Cloud-Software macht dies erstmals möglich.

MittelstandsWiki: Und wie soll das aussehen?

Michael Rosbach: Unser Konzept können Sie sich wie den App Store vorstellen, d.h. Sie erhalten beispielsweise als Freiberufler die Einnahme-Überschuss-Rechnung als voll funktionsfähige Anwendung kostenfrei. Damit können Sie sehr einfach, mobil und ortsunabhängig arbeiten und erfüllen nebenbei die gesetzlichen Anforderungen. Das Programm ist von PricewaterhouseCoopers zertifiziert und läuft in unserem Rechenzentrum. Wenn Sie während der Arbeit merken, dass Sie noch weitere Komfortmerkmale haben möchten, können Sie die einfach per Klick für wenig Geld hinzubuchen.

MittelstandsWiki: Das hört sich jetzt aber ein wenig verdächtig an!

Michael Rosbach: Ist es aber nicht. Es gibt keine Fallstricke in der Art, dass die Dateneingabe kostenlos ist und das Übertragen und Validieren der Daten dann 30 Euro kostet, wie das hier und da im Markt der Fall ist. Nehmen wir mal ein Beispiel: Sie möchten Rechnungen bezahlen und rufen dafür Ihr Onlinebanking-Programm auf. Nachdem Sie sie bezahlt haben, würden sie normalerweise den Vorgang in unserem Programm buchen. Wenn Sie aber gleichzeitig mit der Überweisung die Buchung in der Finanzbuchhaltung auslösen wollen, können sie dieses Integrationsmerkmal als App per Klick hinzukaufen. Sie brauchen diese Funktion nicht zwingend, um buchen zu können. Aber es ist ein Komfortmerkmal, mit dem Sie viel Zeit und Aufwand sparen können. Sie müssen dazu nicht aus dem Programm herausgehen und auch keinen Vertrag unterschreiben. Es läuft wie bei iTunes. Sie haben Ihre Daten hinterlegt und wählen diese Funktion hinzu. Als Gründer oder Kleinunternehmer zahlen Sie also keine oder nur unglaublich geringe Beträge für die Softwarenutzung und können auch ältere PCs nutzen, weil die Software in unserem Rechenzentrum läuft und Ihr PC nur die Inhalte darstellt. Wenn Sie wachsen oder im Alltag merken, dass weitere Funktionen Effizienz bringen, können Sie sie hinzubuchen. Da die identische Anwendung auch für größere Unternehmen voll funktionsfähig und somit geeignet ist, kann ich als Unternehmer mitwachsen, aber auch nach unten skalieren, wenn es nicht gut läuft.

MittelstandsWiki: Kann sich das finanziell überhaupt rechnen?

Michael Rosbach: Wir wollen nicht einen Gründer, Freiberufler oder Kleinunternehmer als Kunden, wir wollen 100.000 und mehr Kunden, die in der Folge Zusatzfunktionalitäten für kleines Geld erklicken. Es wird sicherlich viele geben, die dauerhaft kostenfrei die Software nutzen. Das ist aber o.k. Durch die Vielzahl der Kunden und unsere Kapazitäten in unserem Rechenzentrum können wir dies ermöglichen – die Menge macht’s. Außerdem haben Sie bei immateriellen Gütern wie einer Software nicht für jeden Kunden unmittelbare Produktionskosten wie bei einem Auto. Man kann Cloud-Software sehr günstig vervielfältigen, diesen Vorteil nutzen wir – für uns und die Kunden. Wir hoffen aber, dass der eine oder andere sagt: „Komm, hier die 90 Cent, hier den Euro, die sind es wert und bringen mir unglaublich viel. Am Ende vom Tag zahle ich vielleicht auch die 10 Euro pro Monat für die Small-Business-Variante. Aber dafür stimmt die Leistung.“ Eine kostengünstige Alternative im Eurobereich gibt es im Markt kaum. Der Eurobereich ist hier gleich drei oder vierstellig. Und dann haben Sie noch die ganzen Schachteln mit den Programmen aus dem Saturn, die auch ihre 100 Euro und mehr pro Jahr kosten. Dazu müssen Sie jedes Jahr ein Update aufspielen und haben dann am Ende noch drei, vier Programme von unterschiedlichen Anbietern mit verschieden Logins, die Sie dann per Schnittstelle verbinden müssen. Das kriegen Sie hin oder vielleicht auch nicht. Wir erweitern bereits im Sommer 2010 unsere Funktionalitäten um Features wie Kundenmanagement und Faktura; alles läuft auf einer intuitiven Oberfläche und ist aufeinander abgestimmt. Wenn sie einen Debitor in der Finanzbuchhaltung angelegt haben, ist dieser selbstverständlich auch in unserem CRM, der Projektmanagementsoftware und in der Faktura aufrufbar. Wir zielen auf diese Kundengruppe und finden sie interessant, wenn es 100.000 und mehr werden. Und wir sind frohen Mutes, dass es so kommen wird.

MittelstandsWiki: Apropos Schnittstelle. Wie sieht es damit aus?

Michael Rosbach: Wir haben standardisierte Im-/Export-Schnittstellen zu so ziemlich allen Programmen und können auch die Daten von Datev, der ganzen Microsoft-Welt und von Apple übernehmen.

MittelstandsWiki: Nun ist Buchhaltung eine komplizierte Sache, die viele lieber einem Steuerberater anvertrauen …

Michael Rosbach: Deshalb haben wir uns auch Gedanken über eine stark einfache Oberfläche und Benutzerführung gemacht. Diese ist intuitiv, reduziert somit extrem Fehleingaben und macht Spaß dazu. Als Nutzer unserer Online-Software haben sie nun „in Echtzeit“ Ihre Geschäftsdaten, die sie für Entscheidungen benötigen und keine vier Wochen alten Auswertungen vom Steuerberater, die sie ja eh nur abheften.

MittelstandsWiki: Und wenn ich mir unsicher bin und gerne einen Steuerberater mit ins Boot holen möchte?

Michael Rosbach: Kein Problem. Sie können den Beleg z.B. erst scannen und dann Zugang zu Ihrer Anwendung Ihrem Steuerberater freigeben, der die weitere Buchung tätigen soll. Oder Sie buchen selbst, und er überprüft die Richtigkeit und kann im Zweifel direkt online eingreifen. Dadurch sparen Sie viel Geld, weil er sich nur noch um die kniffligen Fälle oder den Jahresabschluss kümmern muss. Wenn Sie noch keinen Steuerberater haben, können Sie die Leistung ab Ende Juli auf Knopfdruck hinzubuchen. Wir arbeiten hier mit dem erfolgreichen Online-Steuerbüro steuerberaten.de in Köln zusammen.

MittelstandsWiki: Und wie sieht es mit der Sicherheit aus?

Michael Rosbach: Sie bauen mit Klick auf das Scopevisio-Icon auf ihrem PC automatisch eine sichere Verbindung zu unserer Cloud-Software im Rechenzentrum auf, die getunnelt und sicher ist. Selbst wenn Sie einen Virus auf Ihrem Rechner haben, kommt an diese Daten keiner ran. Das ist der Vorteil dieser speziellen App-Zugangssoftware. Bei Browsern können Sicherheitslücken entstehen.

MittelstandsWiki: Viele werden trotzdem ein Problem damit haben, dass die Daten in Ihrem Rechenzentrum liegen.

Michael Rosbach: Hier stelle ich immer die Gegenfrage: Was passiert, wenn Sie um 17 Uhr Ihr Unternehmen verlassen und die Putzkolonne kommt? Oder wenn Sie eine Million Euro bei Günther Jauch gewinnen – wo bringen Sie die hin? Verstecken Sie die in Ihrem Keller oder bringen Sie sie die auf die Bank? Natürlich zur Bank, weil sie dort sicherer ist. Genauso wie Ihre Daten im Rechenzentrum besser aufgehoben sind als zu Hause oder im eigenen Serverraum. Wenn ich aus unserer Anwendung rausgehe, dann weiß ich, dass um das Rechenzentrum in Frankfurt eine Mauer gebaut ist, dass es da Wachpersonal gibt und eine siebenfach redundante Internet-Leitung. Die Daten liegen ja nicht in den USA oder in irgendeiner ominösen Firma, sondern in einem ISO-zertifizierten Rechenzentrum, in dem auch bedeutende Banken ihre Daten hosten.

MittelstandsWiki: Und wie sicher, genauer gesagt: nachhaltig sind Sie? Es sind ja schon viele Internet-Unternehmen mit tollen Ideen gestartet, die aber nicht von Dauer waren.

Michael Rosbach: Wir sind keine Anfänger, sondern allesamt erfahrene IT-Entwickler und Vermarkter und seit den 1990ern in dem Bereich tätig. Unser vorheriges Unternehmen, die GWI AG, war unter den Top 5 der größten Softwareunternehmen in Deutschland. Hersteller von Cloud-Unternehmenssoftware, die das gesamte Finanzwesen umfassen, gibt es wenige, weil man nicht so einfach mal eine FiBu-Software aus dem Hut zaubern kann. Sie brauchen Know-how, Zeit und richtig viel Geld, weil Sie viele gesetzliche Rahmenbedingungen einhalten und gleichzeitig hoch funktional sein müssen. Wir machen bereits gutes Geschäft mit unseren Mittelstandskunden. Die Software musste nur von der Oberfläche angepasst, d.h. vereinfacht werden und läuft für die Gründer, Freiberufler und Kleinunternehmer in unserem Rechenzentrum einfach mit. Das verursacht wenig Kosten, bringt aber viel für beide Seiten. Unser Modell ist solide und die Finanzdecke stimmt. Sie können also längerfristig mit uns rechnen.

Das Interview führte Sabine Philipp.