Jobhopping: Wie Job­hopping auf die Karriere wirkt

Turnus­mäßig den Ar­beit­geber zu wech­seln, ist die eine Stra­te­gie auf dem Weg nach oben. Die Al­ter­na­tive: Viele blei­ben ihrem Un­ter­nehmen treu und ma­chen Karriere in ein und der­sel­ben Fir­ma. Bei­des kann hilf­reich, bei­des kann ris­kant sein. Was spricht für schnel­le Wech­sel, was für Treue und Beharrlichkeit?

Der Nächste, bitte!

Von Bernhard Schoon

Im Schnitt wird jeder deutsche Arbeitsplatz nach drei bis vier Jahren neu besetzt. Das bedeutet, dass fast jeder in der freien Wirtschaft mindestens einmal das Unternehmen wechselt, ob freiwillig oder nicht. Das sogenannte Jobhopping, also der auffallend häufige Wechsel des Arbeitgebers, kann durchaus mit einem schnelleren Aufstieg verbunden sein. Durch mehrere Wechsel lernt man neue Branchen und Unternehmenskulturen kennen. Oft locken auch eine höhere Position, inhaltliche Abwechslung und nicht zuletzt mehr Gehalt. Denn wer sich aus einer sicheren Position heraus verändern möchte, kann mit dem neuen Arbeitgeber um mehr Geld pokern und seine Jahresbezüge womöglich um einiges steigern.

Es ist also nicht außergewöhnlich, dass ein Berufsanfänger nach fünf Jahren bereits bei zwei bis drei Arbeitgebern beschäftigt war. Gut ein Drittel der Fachkräfte wechselt den Job nach zwei Jahren, ein Viertel nach zwei bis fünf Jahren im selben Betrieb. Für einen Wechsel nach nur einem Jahr muss ein Bewerber aber auf jeden Fall eine plausible Erklärung parat haben: Vielleicht hat er andere Bedingungen vorgefunden, als im Vorstellungsgespräch versprochen wurden, keine Chance auf einen Aufstieg oder kein ausbaufähiges Gehalt.

Leistung braucht Zeit

Munteres Jobhopping sollte man allerdings nicht übertreiben. Wer zu oft wechselt, stellt sich in ein ungünstiges Licht: Wie lange wird dieser Kandidat wohl bei uns bleiben?, könnte sich ein Personalchef fragen. Fehlt es ihm etwa allgemein an Teamfähigkeit und Durchhaltekraft? Allzu viele Wechsel haben also einen negativen Beigeschmack – aber wo ist die Grenze? In saisonalen Tätigkeiten oder zeitlich limitierten Projekten sind Wechsel an der Tagesordnung und werden als gegeben akzeptiert. Für IT-Freiberufler sind Projekte bei mehreren Auftraggebern an der Tagesordnung, alleine schon, um nicht in den Verdacht der Scheinselbstständigkeit zu geraten. Wer jedoch als Festangestellter nach weniger als einem Jahr wechselt, sollte gute Gründe dafür vorweisen können. Erst recht, wenn ihm mehrmals nach kurzer Zeit gekündigt wurde.

Die Erfahrung zeigt, dass jeder Mitarbeiter eine gewisse Anlaufzeit benötigt, um qualifizierte Ergebnisse abliefern zu können. Nach der Einstellung kommt die Einarbeitung, die Neuen müssen Abläufe und Strukturen im Unternehmen kennenlernen und sich an dessen Kultur gewöhnen. Ab dem zweiten Jahr hat er oder sie einen festen Platz und weiß, wie man die eigenen Fähigkeiten einsetzen kann, vielleicht in eigenen Projekten oder Vorschlägen zur Betriebsoptimierung. Das dritte Jahr ist dann zwar oft schon von Routine geprägt, ermöglicht aber auch fundierte Leistungen für das Unternehmen. Statt sofort einen schnellen Jobwechsel ins Auge zu fassen, sollte ein unzufriedener Mitarbeiter also zwei bis drei Jahre an einer Stelle festhalten. Diese Zeit ist auch erforderlich, um sich ein gewisses Standing zu verschaffen oder relevante Berufskontakte aufzubauen.

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Schwarz auf Weiß
Dieser Beitrag ist zuerst in unserer Magazin­reihe „IT & Karriere“ erschienen. Einen Über­blick mit freien Down­load-Links zu sämt­lichen Einzel­heften be­kommen Sie online im Presse­zentrum des MittelstandsWiki.

Flexibilität mit Augenmaß

Gerade jüngeren Akademikern steht es aber nicht schlecht an, sich nach dieser Zeit etwas Neues zu suchen, um nicht als unbeweglich und unflexibel zu erscheinen. Generell gilt: Jüngeren Mitarbeitern werden Wechsel eher verziehen, man gesteht ihnen eine gewisse Phase der Orientierung zu, während man von älteren Kollegen erwartet, länger dem gewohnten Arbeitgeber treu zu bleiben. Ein Wechsel alle fünf bis zehn Jahre erscheint da gerade noch als seriös. Für angestellte IT-Fachkräfte kann sich aber zu langes Verharren an derselben Stelle auch negativ auswirken. Mehr als drei Jahre ohne neue Themen und Aufgaben wirken bereits kritisch. Am Anfang ihrer Berufskarriere sollten sie nicht mehr als zwei, drei Jahre in der gleichen Position arbeiten und dann nicht mehr als sechs, sieben im selben Unternehmen, um einen seriösen Lebenslauf zu erhalten, der weitere Karriereschritte offenhält. Im schlimmsten Fall stellt ein Headhunter oder Personaler sonst die Frage: „Warum wechseln Sie eigentlich erst jetzt?“

Ungewöhnlich viele Stationen im Berufsleben sind allerdings oft ein Indiz für fehlende Zuverlässigkeit, Beharrlichkeit und Loyalität des Bewerbers. Von Belang sind auch häufige Branchenwechsel. Sie lassen darauf schließen, dass sich ein Bewerber weder besonderes Fachwissen noch Branchenkontakte erworben hat. Wird man trotz solcher Sprünge und Wechsel zum Vorstellungsgespräch eingeladen, hat man schon eine große Hürde überwunden.

Den Kopf aus der Schlinge ziehen

Doch auch eine abwechslungsreiche Biografie lässt sich mit etwas Geschick gut verkaufen. Wer vermitteln kann, dass sein Jobhopping klar motiviert war, hat bessere Chancen in der Vorauswahl beim neuen Arbeitgeber. Maßgeblich ist letztlich nicht, wie häufig und in welchem Alter gewechselt wurde. Vielmehr kommt es darauf an, wie ein Bewerber seine bisherige Karriere nachvollziehbar macht. Mit einer zielorientierten Ausrichtung auf neue interessante Inhalte, Branchen oder Schwerpunkte lässt sich gut argumentieren, vielleicht auch mehrfach, aber immer mit einer glaubhaften Begründung.

Im schriftlichen Lebenslauf sollten nur die wichtigsten Stationen kurz beschrieben werden. Empfohlen wird auch, Gründe für die vielen Stationen im Anschreiben statt in der Kurzvita selbst zu erläutern. Auch eine Kündigung durch den Arbeitgeber muss erklärt werden, ohne dem früheren Unternehmen allumfassend die alleinige Schuld zuzuweisen. Alle bisherigen Stellen lassen sich zu einer Liste zusammenfassen und mit zwei Jahreszahlen kennzeichnen, z. B. 2008/2012. Bedenklich ist jedoch, Jobs mit ganz kurzer Dauer zu unterschlagen. Wer auf Monatsangaben verzichtet, macht einen erfahrenen Personaler sofort misstrauisch. Und das kann Folgen haben: Wird ein Mitarbeiter unter falschen Voraussetzungen eingestellt, droht das Risiko einer fristlosen Kündigung.

Altersweisheiten

Am häufigsten wechseln Fachkräfte ihren Arbeitsplatz im Alter zwischen 20 und 40. Das Limit für einen Wechsel, der mit einem Aufstieg verbunden ist, liegt etwa bei 50 Jahren. Ein ungeschriebenes Gesetz besagt, dass mit 50 die Schallmauer für einen Jobwechsel erreicht ist. Dennoch ist diese Altersgruppe nicht ganz chancenlos. Gefragt sind Bewerber ab 50 vor allem wegen ihrer Erfahrung, ihren Kontakten und dem Auftreten, vor allem wenn sie auch noch auf erfolgreiche, große IT-Projekte verweisen können. Für in die Jahre gekommene Systemadministratoren bieten sich hingegen nur wenige neue Stellen.

Viele Arbeitgeber machen sich das Alter eines Bewerbers zunutze, indem sie dessen Gehaltsvorstellungen gehörig dämpfen. Als vor einigen Jahren ein CIO (damals 48) sein Unternehmen verließ, wurde diese Personalie in den Fachmedien weitläufig verbreitet. Der Wechsel ging schief, und über seinen nächsten Job (mit deutlich bescheidenerem Titel und kleinerem Dienstwagen) hörte man nur noch wenig. Als auch dieser Versuch misslang und der Mann nochmals wechseln musste, nahm niemand mehr davon Notiz. Heute, mit 54, leitet der ehemalige CIO eine Gruppe von vier IT-Mitarbeitern in einem inhabergeführten Betrieb. Einen Dienstwagen fährt er nicht mehr.

Innere Kündigung

Nicht so konsequent wie ein Jobwechsel ist eine Flucht in die innere Emigration. Man geht zwar zur Arbeit, hat aber jegliche Freude, Begeisterung und Ziele verloren. Gearbeitet wird nur noch so viel, dass vom Chef kein Anpfiff kommt. Von einer Karriere kann also keine Rede mehr sein. In der Literatur tauchen bisweilen horrende Schätzungen auf, wie viele Arbeitnehmer innerlich bereits gekündigt haben, man liest von 50 bis über 70 %. Für einen Arbeitgeber sind diese resignierten Mitarbeiter, die keine Initiative oder Einsatzbereitschaft mehr zeigen, eine kostspielige Bremse.

Manchmal regt sich aber doch noch ein Fünkchen Hoffnung. Dann sollte man ein offenes Gespräch mit dem Vorgesetzten suchen. Dabei können Unter- oder Überforderung zur Sprache kommen, zu viel oder zu wenig Arbeit, das Verhältnis zu einzelnen Kollegen. Vielleicht ergibt sich ja eine tragfähige, gemeinsame Lösung, von der alle etwas haben. Wenig erfolgsversprechend ist es hingegen, dem Chef dreist mit der Kündigung zu drohen, noch weniger, mit Kollegen eingehend darüber zu sprechen – das sind oft gefährliche Mitwisser. Wird die Unzufriedenheit zum Dauerzustand, ist es besser, in aller Ruhe den Wechsel vorzubereiten: Die Unterlagen der Bewerbung auf den neuesten Stand bringen, Stellenangebote studieren, sich gezielt und geschickt umhören. Etwa zwei Monate nach dem Termin beim Boss sollte der Mitarbeiter dann abklären, ob das Gespräch tatsächlich gefruchtet hat, und dann eine klare Entscheidung treffen.

Wohin statt warum

Wer eine neue Aufgabe sucht, sollte innerlich mit dem Ex-Arbeitgeber abgeschlossen haben. Solange eine Kündigung oder die schlechte Behandlung im alten Job nicht verarbeitet ist, fällt es einem Bewerber sehr schwer, den potenziellen neuen Arbeitgeber im Vorstellungsgespräch zu überzeugen. Denn wer zu ausführlich auf Fragen zu den Gründen seines Wechsels eingeht, verfängt sich leicht in einer defensiven Position. Zudem gibt es Gründe, die einen Bewerber gar nicht so schlecht dastehen lassen: Unterforderung beim letzten Arbeitgeber, Umzug aus privaten Gründen, Pflege von Angehörigen, die Welt gesehen haben oder vielleicht sogar der Weggang des ehemaligen Vorgesetzten.

Aber statt überwiegend über die Vergangenheit zu sprechen, ist die Zukunft doch viel spannender: Welche Ziele gibt es im neuen Unternehmen, was ist dem Bewerber besonders wichtig, welche Aussichten bietet das Unternehmen dem Neueinsteiger?

Gediegene Urgesteine

Das ganze Berufsleben oder mehrere Jahrzehnte in nur einem Unternehmen zu verbringen, ist heute fast schon die Ausnahme. Mancher erinnert sich noch an Betriebe, die wie eine Familie geführt wurden. Man blieb dem Unternehmen sein Leben lang treu und verbrachte auch viel Freizeit mit den Kollegen, oft in Einrichtungen und Vereinen des Arbeitgebers. Diese Beständigkeit und Loyalität kann sich auch noch heute bezahlt machen, denn die Lebensläufe der wirklich großen Manager zeigen: Gut die Hälfte der Vorstände von DAX-Unternehmen hat ihre Karriere im gleichen Unternehmen aufgebaut.

Großunternehmen ermöglichen oft interne Laufbahnen, die wie ein Wechsel in eine neue Firma wirken: Eine andere Abteilung, eine höhere Ebene in der Hierarchie oder ein neuer Standort, vielleicht sogar in einem anderen Erdteil. Und schon muss ein Mitarbeiter genauso ganz von vorn anfangen wie bei einem neuen Arbeitgeber. Diese Art des Jobhopping ist nicht negativ besetzt, sondern wird von vielen Unternehmen sogar gewünscht und gefördert.

Ich will nicht kleben bleiben

Doch im Gegensatz zu früheren Zeiten kann heute niemand mehr sicher sein, dass er bis zur Rente bei ein und demselben Arbeitgeber durcharbeiten kann. Wer zu lange in einer Position oder einem Unternehmen verharrt, steht eines Tages vielleicht sogar unfreiwillig vor einschneidenden Veränderungen: Der Arbeitgeber verlegt oder schließt einen Standort, kürzt die Belegschaft oder verlagert Aufgaben an externe Dienstleister. In dieser Lage steht ein Neuanfang deutlich unter schlechteren Vorzeichen, als es bei einer rechtzeitigen eigenständigen Kündigung der Fall ist. Vor allem langjährige IT-Mitarbeiter mit kaum wechselnder Erfahrung sind irgendwann einseitig spezialisiert oder schlicht nicht mehr auf dem neuesten Stand der Technik, womit ein erzwungener Wechsel umso schwerer fällt. Da scheint es doch wesentlich vorteilhafter, den Kleister vom Stuhl zu wischen und sich neuen Herausforderungen zu stellen.

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