Real Time Communications, Teil 1: Wer abhebt, wenn Mail eintrifft

Fürs Geschäft haben wir zwar immer mehr Kommunikationsmittel, aber deswegen sind wir noch lange nicht besser erreichbar. Eher schwieriger. Zu vielfältig und komplex ist das Nebeneinander der Übertragungswege. Als Lösung dienen sich Unified Communications alias Real Time Communications an.

Zusammen arbeiten statt Schlange stehen

Von Gerald Strömer

Die Idee hinter Unified Communications (UC) ist nichts anderes, als das Bestreben die Unterbrechungen und Störungen in der geschäftlichen Kommunikation zu eliminieren und eine einheitliche Plattform zu schaffen, die alle zur Verfügung stehenden Medien übersichtlich zusammenführt und bündelt. Weil das Ganze nicht nur Verweise zustellt („Sie haben drei Nachrichten“), sondern die Kontakte selbst in Echtzeit weiterleitet, spricht man auch von Real Time Communications (RTC).

Der Begriff der Unified Communications („vereinheitlichte Kommunikation“) beschreibt also die Integration unter­schiedlichster Kommunikations­wege in einer einheitlichen Nutzeroberfläche. Dabei sollen die einzelnen Medien – klassische und VoIP-Telefonie, Fax, E-Mail, Instant Messenger, Videokonferenz und andere – zusammengeführt und um An- und Abwesenheitsinformationen erweitert werden, wie man sie von Instant Messaging her kennt.

Besonders beim verteilten Arbeiten an unterschiedlichen Standorten soll UC die Erreichbarkeit, Kommunikation und Kooperation zwischen Teammitgliedern und Arbeitskollegen, aber auch zwischen Kunden, Auftraggebern und Dienstleistern deutlich verbessern und gleichzeitig vereinfachen. Durch die Reduzierung der Komplexität sollen sich geschäftliche Prozesse spürbar beschleunigen lassen. Denn verteiltes Arbeiten bleibt dadurch gekennzeichnet, dass die Teammitglieder in der Regel nicht wissen, was ihre Kollegen am anderen Standort gerade tun und ob sie erreichbar sind. Auch diesen Übelstand kann eine Unified-Communications-Lösung beheben.

Vom Apparat unabhägig

Die Vorteile von Unified Communications liegen auf der Hand: Vereinfachung und Bündelung der Kommunikationsmittel, Anzeige der Erreichbarkeit, automatische Weiterleitung einer Anfrage auf das gerade vom Anwender genutzte Endgerät und automatische Weiterleitung an einen Kollegen, falls der Anwender seine Präsenz auf „nicht verfügbar“ gesetzt hat. All das und mehr ist mit Unified Communications gut möglich und machbar.

So können E-Mails und Termine über das Smartphone vorgelesen, verpasste Anrufe als E-Mail-Anhang am Notebook angerufen, Konferenz­anfragen mit der Digicam des Smartphones bedient, Faxnachrichten als Text per SMS verschickt oder als PDF ans Notebook geschickt werden. Je nachdem, welches seiner registrierten Kommunikationsmittel – Telefon, E-Mail- und Software-Clients, Handy, Smartphone, Notebook und mehr – der Anwender gerade nutzt, wird die zu übermittelnde Information optimal umgesetzt.

Serie: Real Time Communications
Teil 1 erläutert das Prinzip von RTC alias Unified Communi­cations: alle Kommunikations­kanäle unter einem Hut. Teil 2 nimmt sich systematisch die einzelnen Bausteine vor und sagt, was sie leisten. Teil 3 legt schließlich dar, warum die Marktlage so schwierig ist, und was Interessenten bei der Auswahl bedenken sollten.

Das Konzept von Unified Communications befreit den Anwender vom Zwang bestimmter Endgeräte und erlaubt eine rasche, effektive Kommunikation sowie die produktive Zusammenarbeit auf einem Niveau, dass ohne eine solch einheitliches Kommunikationsmodell undenkbar wäre.

Virenschutz fürs Telefon

Allerdings offenbaren UC-Konzepte in der Praxis auch einige neue Hindernisse. Denn da sie im Kern reine IT-Produkte auf IP-Basis sind, müssen die Datenwege und Kommunikationskanäle sauber verschlüsselt und gesichert werden. Ungebetene Lauscher, die die Details einer Produkt­neuentwicklung an die Konkurrenz weitergeben, dürften der Alptraum jedes Unternehmens sein.

Im Gegensatz zu mittlerweile leicht zu beschaffenden und zu implementierenden E-Mail- oder Videokonferenzlösungen kann speziell die VoIP-Telefonie (Voice over IP) Ärger machen. Zwar arbeiten alle Produkte nominell mit den Standards SIP (Session Initiation Protocol) oder H.323, aber das bedeutet nicht lange nicht, dass die VoIP-Komponenten unterschiedlicher Hersteller in der Praxis auch wirklich reibungslos zusammenarbeiten.

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Schwarz auf Weiß
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Wenn VoIP-Anlage (IP-PBX) und Telefone nicht aus einer Hand stammen oder nicht füreinander zertifiziert sind, kann es Probleme geben. Unternehmen sollten daher homogene Lösungen aus einer Hand bevorzugen. Denn nur bei perfekt zusammenspielenden Komponenten erreicht oder übertrifft ein VoIP-System den Funktionsumfang einer klassischen Telefonanlage zuverlässig.

Komponenten und Konzepte

Die derzeit von unterschiedlichen Herstellern am Markt angebotenen Unified-Communications-Systeme stellen eine Konvergenz von Groupware, neuen Kommunikationsmedien (VoIP, Instant Messaging) und klassischer Telekommunikationstechnik (Telefonie) dar.

Generell setzen sich UC-Konzepte aus vier Kernbereichen zusammen:

  • Medienintegration,
  • Präsenzinformation,
  • Kontextintegration und
  • Kooperationsfunktionen.

Diverse Anbieter bieten hier Lösungen an, die alle Facetten abdecken, während andere nur Module liefern, die einen, zwei oder drei Bereiche bedienen. Daher herrscht im Markt auch ein so genannter Kooperationswettbewerb („Coopetition“ – ein Kunstwort aus den englischen Begriffen „Cooperation“ und „Competition“). Denn Anbieter buhlen mit kompletten Lösungen im direkten Wettbewerb um die ausschließliche Gunst der Kunden, kooperieren aber auch durch das Angebot einzelner Module.

Was die genannten vier Komponenten konkret umfassen, führt Teil 2 dieser Serie näher aus.

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