Unified Communications für den Mittelstand, Teil 1: Wer sich Unified Communications leisten kann

E-Mail, Chat und Videokonferenzen haben dem Telefon viele Aufgaben abgenommen und die Sprachübertragung in die IP-basierte Netzwelt geholt. Jetzt geht es für die IT darum, all diese Kommunikationskanäle unter einen Hut zu bringen. Unified Communications waren bislang aber ein Luxus für Großunternehmen.

Sofort verbunden, sofort mehr erreicht

Von Roland Freist

Ein alltägliches Szenario: Niko Arndt vom Vertrieb benötigt für den Forecast einige Daten von seinem Kollegen Jürgen Buchner. Der jedoch ist gerade beim Kunden und geht nicht an sein Handy. Also hinterlässt ihm Arndt eine Nachricht auf der Voicebox, außerdem schickt er ihm eine E-Mail. Drei Stunden später ruft Buchner zurück, jetzt ist jedoch Arndt in einem Meeting. Als er wieder an seinen Platz kommt, sieht er den entgangenen Anruf und versucht erneut, den Kollegen zu erreichen. Mittlerweile sitzt Buchner allerdings bereits im Auto und ist auf dem Heimweg. Die benötigten Dateien will er Arndt noch am gleichen Abend mailen. Der hat zu diesem Zeitpunkt jedoch bereits Feierabend gemacht.

Serie: Unified Communications für den Mittelstand
Teil 1 beginnt dort, wo mittelständische Unternehmen heute angelangt sind: am Einsatzszenarion Mobile Business. Teil 2 gibt eine Marktübersicht und notiert sich die Pluspunkte.

Ergebnis: Zwei Personen haben ihre laufende Arbeit immer wieder mit Telefonaten und dem Schreiben von E-Mails unterbrechen müssen, ohne dass es zu konkreten Ergebnissen gekommen wäre. Das ist Kommunikation nach dem Trial-and-Error-Prinzip, ineffizient und eine Behinderung des Geschäftsbetriebs.

Solche Szenarien kennt vermutlich jeder aus seinem eigenen Unternehmen. An diesem Punkt setzen Unified-Communications-Systeme an (UC-Systeme). Sie gestalten die Kommunikation effizienter, vielfältiger und flexibler und eignen sich nicht nur für international tätige Konzerne, sondern auch für mittelständische und in vielen Konstellationen sogar für kleinere Unternehmen.

UC als Präsenznetzwerk

Im Kern dreht sich das Konzept von Unified Communications darum, sämtliche Kommunikationsmedien in einer einheitlichen Anwendungsumgebung unterzubringen. Dabei ist ein Aspekt besonders hervorzuheben, nämlich die Erweiterung der verschiedenen Medien (Festnetztelefon, Handy, E-Mail, Videotelefonie etc.) um eine Präsenzfunktion, wie sie auch Instant Messenger bieten. Damit lässt sich auf einen Blick erkennen, über welche Kanäle die andere Person momentan erreichbar ist: ob sie beispielsweise im Haus ist, in einer Besprechung oder überhaupt ins Firmennetzwerk eingeloggt. Außerdem erfährt man, um wie viel Uhr der gewünschte Gesprächspartner voraussichtlich wieder verfügbar ist.

Mit einem solchen System hätten die Herren Arndt und Buchner ihre Kontaktaufnahme perfekt aufeinander abstimmen können. Beide hätten jederzeit sehen können, wann und über welches Medium der andere erreichbar ist.

Kommunikation-und-netze-2015-02.jpg

Schwarz auf Weiß
Dieser Beitrag erschien zuerst in unserer Magazin­reihe. Einen Über­blick mit freien Down­load-Links zu sämt­lichen Einzel­heften bekommen Sie online im Presse­zentrum des MittelstandsWiki.

Den Markt für UC teilen sich mehrere Dutzend Hersteller, große Aktiengesellschaften wie Microsoft oder Avaya konkurrieren mit mittelständischen deutschen Anbietern wie Swyx oder Estos. Entsprechend unterschiedlich sind die Konzepte der Systeme. Dennoch gibt es einige Merkmale, die der Kunde erwarten darf und auf die er achten sollte.

Entscheidende Konzeptmerkmale

Da wäre zum Ersten die Medienintegration: Sämtliche Kommunikationskanäle, und zwar sowohl synchrone Medien (Telefon, Chat, Videokonferenz) wie asynchrone (Fax, E-Mail), werden über eine einheitliche Bedienoberfläche verwaltet. Hinzu kommt zweitens das genannte Präsenzmanagement, wodurch der Anwender feststellen kann, wann und über welchen Kanal er eine andere Person erreichen kann.

Wichtig ist ferner die Kontextintegration: Um die Kommunikation zu vereinfachen, werden die UC-Funktionen in andere Anwendungen integriert. Das können Funktionen sein, um etwa Telefonate oder Chats direkt aus der fremden Applikation heraus zu starten, oder auch Zugriffsoptionen auf Kontakt- und CRM-Daten. Einige Systeme unterstützen dabei eine lange Liste von Anwendungen, von Office-Programmen wie Word und Outlook über Warenwirtschaftssysteme und Logistikanwendungen bis hin zu SAP- oder Oracle-Systemen.

Ein weiteres Stichwort heißt Federation. Damit ist eine Unified-Communications-Verbindung zwischen Unternehmen gemeint, die eng zusammenarbeiten und einander vertrauen. Auf Basis von offenen Standards wie SIP/SIMPLE oder XMPP (Extensible Messaging and Presence Protocol) lassen sich, falls die Systeme das unterstützen, auch Produkte unterschiedlicher Hersteller direkt miteinander verbinden.

Und dann wäre da noch die Cloud, die mehr und mehr der IT-Infrastruktur übernimmt. Welche UC-Lösungen es hierfür gibt und welche Anbieter auf dem deutschen Markt aktiv sind, erläutert Teil 2 dieser Serie.
Roland-Freist.jpg

Roland Freist, Jahrgang 1962, begann nach einem Studium der Kommunikations­­wissenschaft ein Volontariat beim IWT Verlag in Vater­­stetten bei München. Anschließend wechselte er zur Zeitschrift WIN aus dem Vogel Verlag, wo er zum stell­­vertretenden Chef­­redakteur aufstieg. Seit 1999 arbeitet er als freier Autor für Computer­­zeitschriften und PR-Agenturen. Seine Spezial­­gebiete sind Security, Mobile, Internet-Technologien und Netz­­werke, mit Fokus auf Endanwender und KMU.


Redaktionsbüro Roland Freist, Fritz-Winter-Str. 3, 80807 München, Tel.: (089) 62 14 65 84, roland@freist.de

Nützliche Links