Wachstumsvorhaben

Größer werden, gesund bleiben

Von Dr. rer. nat. Jürgen Kaack, STZ-Consulting Group

Wenn Umsätze und Margen rückläufig sind, neue Wettbewerber auf den Markt kommen, die Technologie neue Produkte verspricht, dann wird oft über Wachstumsvorhaben nachgedacht. Wachstum gilt als Allheilmittel. Es soll Probleme zu beseitigen, den Unternehmenswert zu steigern und die eigene Bedeutung aufwerten. Oft ist das auch richtig: Ein planmäßiges und gesundes Wachstum hilft bei der Weiterentwicklung des Unternehmens. In manchen Fällen es sogar notwendig zum langfristigen Überleben.

In jedem Fall gilt aber, dass Wachstum klare Ziele haben muss. Die gewählte Wachstumsstrategie muss auf der Basis nüchterner Analysen und fundierter Planungen erfolgen. Partnerschaften und Kooperationen können sinnvoll sein, um die Ziele mit niedrigerem Risiko zu erreichen. In allen Fällen mit Umsatzwachstum ist es hilfreich, bereits im Vorfeld Konzepte für die Steigerung der Vertriebsleistung zu machen. Entscheidende Bedeutung hat aber bei jedem Wachstumsvorhaben, dass man die eigenen Mitarbeiter richtig einbindet und auf die veränderten Bedingungen vorbereitet.

Business Plan für Wachstumsvorhaben

Bei der Umsetzung von Wachstumsstrategien und den ausgewählten Geschäftsmodellprämissen gibt es folgende Formen:

  • Organisches Wachstum erfolgt aus dem Unternehmen heraus – durch neue Produkte, zusätzliche Produktionsanlagen, neue Mitarbeiter, mehr Werbung etc. Dieser Weg ist im Hinblick auf das Erreichen der gesetzten Ziele oft der sicherere, kann aber längere Zeit in Anspruch nehmen.
  • Anorganisches Wachstum setzt Wachstumsziele durch den Zukauf von anderen Unternehmen oder das Eingehen von Joint Ventures um. Problematisch ist in vielen Fällen die Integration der neuen Unternehmensteile. Nicht nur unterschiedliche technische Ausstattung bis hin zu Administrationssoftware können ein Hemmnis sein, sondern insbesondere unterschiedliche Kulturen und die fehlende Bereitschaft zur Integration. Anorganisches Wachstum wird auch gerne von Konzernen genutzt, die schneller wachsen wollen. (Wie die Beispiele BMW und Rover bzw. Daimler-Benz und Chrysler zeigen, bergen diese Merger aber auch erhebliche Risiken.)
  • Laterales Wachstum beschreibt die Projekte, bei denen ein Unternehmen im Rahmen von Wachstumsvorhaben den Schritt in neue Märkte wagt. Wenn die bisherigen Erfahrungen einen hohen Nutzen bringen, dann kann ein solches Vorhaben erfolgreich sein. (Die lateralen Wachstumsbemühungen der deutschen Energieversorger Veba, VIAG und EnBW in den 1990er-Jahren sind Beispiele für doch eher erfolglose Vorhaben. Die Entwicklung der Preussag zum Touristikunternehmen mit nachfolgender Umfirmierung zu TUI zeigt einen erfolgreicheren Weg.)
  • Regionale Expansion ist ein ebenfalls häufig gewählter Weg zur Umsetzung von Wachstumszielen. Hierbei muss sich das expandierende Unternehmen im Vorfeld auf die Bedingungen auf dem Zielmarkt einstellen. Vielen Mode- und Konsumgutherstellern ist dies gut gelungen. (Ein Beispiel für einen Misserfolg war der Entschluss der Swisscom in den 1990er-Jahren, in Indien Mobilfunknetze aufzubauen.)

Sämtliche Varianten können helfen, das gesetzte Ziel zu erreichen, und in der Regel sind stets zusätzliche Kapitalmittel erforderlich, die entweder aus dem operativen Ergebnis des laufenden Geschäftes erwirtschaftet werden oder zusätzlich beschafft werden müssen. Wenn zusätzliches Kapital benötigt wird, dann kann dies in Form von Darlehen von der Hausbank kommen oder als Eigenkapital auf dem Wege einer Kapitalerhöhung. Bei dem letztgenannten Weg können neben den bestehenden Gesellschaftern natürlich auch neue Investoren aufgenommen werden.

E-Book Kaack-Wachstum.jpg

Schwarz auf Weiß
Eine ausführliche Darstellung zum Thema Wachstum gibt Dr. Jürgen Kaack im Ratgeber „Wachstum nur mit Ziel und nicht um jeden Preis“, den es online im Pressezentrum des MittelstandsWiki gibt.

Bevor die Entscheidungen getroffen werden können, sollte allerdings eine Planung für das Wachstumsvorhaben erstellt werden, die bottom-up, ausgehend von den Zielgruppen und den Kundenbedürfnissen über die Vertriebsplanung zu einer in sich stimmigen Absatzplanung führt. Zusammen mit der Erfassung aller Kosten für Entwicklung, Produktion und Vermarktung ergibt ein separater Business Case wie sich das Wachstumsvorhaben aus wirtschaftlicher Sicht darstellt. Dabei wird nicht nur deutlich, ob und wann das Vorhaben Erträge abwirft, sondern auch wie viel zusätzliches Kapital erforderlich wird. Dieser Schritt ist wie das Vorgehen bei der Unternehmensplanung zu betrachten.

Maßnahmen für die Umsetzung

Unabhängig davon, ob für die Umsetzung der Wachstumsstrategie zusätzliches Kapital benötigt wird, ist für die Umsetzung ein Projektplan mit konkreten Einzelmaßnahmen, Zeitablauf, erforderlichen Mitteln und Zuständigkeiten zu erstellen. Die Maßnahmen müssen dabei zunächst natürlich die Elemente umfassen, die für das Erreichen des primären Wachstumsvorhabens notwendig sind. Dies kann die Entwicklung neuer Produkte umfassen oder die Anschaffung und den Aufbau neuer Produktionsanlagen. Allerdings darf gerade bei Wachstumsprojekten nicht vergessen werden, dass es sich nicht um eine Unternehmensgründung vom Reißbrett handelt, sondern um ein Vorhaben, das in Verbindung mit einem bereits bestehenden Unternehmen stattfindet. Die Organisation und die Mitarbeiter auf dem Weg „mitzunehmen“, ist eine wichtige Managementaufgabe.

Bei einem auch personellen Wachstum ist dabei zusätzlich zu überprüfen, ob die Organisationsstruktur noch angemessen und ausreichend ist. Auch bei den Mitarbeitern ist zu prüfen, ob sie die neuen Anforderungen erfüllen können. Rechtzeitige Information und das Angebot von Weiterbildungsmaßnahmen, aber auch eine vorausschauende Anpassung der Organisation können viele Ängste und Unsicherheiten schon im Vorfeld ausräumen. Wenn es mit diesen Maßnahmen gelingt, die Mannschaft auf die Veränderungen vorzubereiten und zu motivieren, kann das von entscheidendem Vorteil sein.

Wachstumsvorhaben.jpeg
Systematisches Vorgehen bei Wachstumsvorhaben (Bild: STZ-Consulting]]

Besondere Beachtung sollte dem Vertrieb gelten, wenn die Wachstumsziele auf eine deutliche Steigerung von Absatz und Umsatz zielen. Die bestehende Vertriebsorganisation ist vielleicht nicht in der Lage, den Absatz zu steigern. Dies kann zum Fiasko für das ganze Vorhaben werden, da die höheren Kosten nicht von steigenden Umsätzen abgedeckt werden. Es empfiehlt sich daher, rechtzeitig Maßnahmen zur Ausweitung der Vertriebsaktivitäten zu planen. Dabei sollte geprüft werden, ob alle geeigneten Vertriebsformen und -kanäle optimal genutzt werden. Keine der Vertriebsformen ist von Haus aus besonders gut oder besonders ungeeignet. Wohl aber gibt es für ein spezielles Produkt und spezielle Zielgruppen besser oder schlechter geeignete Formen.

Fazit: Erfolge sind kein Zufallsprodukt

Wachstum ist kein Zauberwort für Erfolg. Wachstum ist auch nicht für alle Unternehmen ein sinnvoller Weg zur nachhaltigen Unternehmenssicherung. Viele Unternehmen profitieren allerdings vom Wachstum. Voraussetzungen hierfür sind neutrale und nüchtern durchgeführte Analysen zu den Chancen und Risiken im Markt sowie zu den Stärken und Schwächen im Unternehmen.

Wenn Wachstum sich aufgrund der Analysen als attraktiv und sinnvoll gezeigt hat, dann müssen die eigentlichen Wachstumszielefestgelegt werden. Erst jetzt macht die Festlegung auf eine Wachstumsstrategie Sinn Eine auf verlässlichen Daten aufbauende Planung zeigt, welche Ressourcen für die Umsetzung benötigt und welche Maßnahmen getroffen werden müssen. Erfordert die Umsetzung des Vorhabens zusätzliches Eigenkapital, dann wird die Umsetzung durch die Kapitalbeschaffung (Fremd- oder Eigenkapital) aufwendiger.

Wichtig für den Erfolg von Wachstumsvorhaben ist außerdem, dass die Organisation richtig auf das Wachstum vorbereitet und eingestellt wird. Nur motivierte Mitarbeiter stützen die Umsetzung mit ihrem Können! Darüber hinaus muss unbedingt der Vertrieb auf anstehende Erweiterungen vorbereitet werden, damit zusätzliche Produktmengen nicht nur das Lager füllen. Richtig angegangen und planmäßig umgesetzt, kann ein Wachstumsvorhaben die Wettbewerbsfähigkeit und Ertragskraft eines Unternehmens nachhaltig stärken.

Nützliche Links