Finanzinvestoren sind besser als ihr Ruf

Finanzinvestoren sind deutlich besser als ihr Ruf. Zu diesem Schluss kommen Forscher der Universitäten Bonn und Aberdeen sowie der TU München in einer aktuellen Studie, für die sie die Entwicklung von Firmen nach Einstieg einer so genannten Private-Equity-Gesellschaft unter die Lupe nahmen. Die Ergebnisse rechtfertigen das oft bemühte Bild der destruktiven Heuschrecken nicht. Viele gleichen eher Honigbienen.

Hierzulande haben Finanzinvestoren einen schlechten Ruf: Firmen, die andere Firmen schlucken, wollen meist einen Konkurrenten ausstechen, Know-how einkaufen oder durch Synergieeffekte Kosten senken. Langfristig soll sich das eigene Unternehmen so am Markt besser behaupten können. Private-Equity-Gesellschaften geht es dagegen nur darum, den Wert ihrer Anteile zu steigern. Zu wenig scheint ihr Engagement auf den langfristigen Erfolg des Betriebs ausgerichtet zu sein. Franz Müntefering (SPD) prägte daher das Bild der Heuschrecke, die über Unternehmen herfalle, sie abgrase und dann weiter ziehe.

Das deutsch-schottische Forscherteam hat nun untersucht, was an diesem Bild dran ist. Dazu haben die Ökonomen insgesamt 52 an der deutschen Börse notierte Firmen unter die Lupe genommen. Bei allen diesen Unternehmen hatte sich zwischen 1998 und 2007 ein Private-Equity-Investor eingekauft und mindestens 5% der Aktien übernommen.

Zu Massenentlassungen und Dumping-Löhnen kam es allen Schreckensbildern zum Trotz nach diesem Einstieg nicht: Im Schnitt sank die Zahl der Beschäftigten im Folgejahr zwar leicht ab. Wenn man aber konjunkturelle Faktoren herausrechnet, nahm die Zahl der Mitarbeiter nach Auskunft der Forscher sogar leicht zu. Im gleichen Zeitraum stieg ihr Durchschnittsverdienst um gut 6%.

Der Einstieg eines Finanzinvestors in ein Unternehmen wird auch an der Börse meist gut aufgenommen: Die Kurse der betroffenen Firmen entwickelten sich am Tag der Bekanntgabe im Schnitt um knapp 6% positiver als vergleichbare Werte. Viele Unternehmen in Deutschland sind fest in der Hand eines einzigen Großinvestors. In diesen Situationen reagierte der Wertpapiermarkt besonders positiv. Anscheinend billige man Private-Equity-Gesellschaften in dieser Konstellation eine gewisse Kontrollfunktion zu, vermuten die Wissenschaftler.

Ganz an den Haaren herbei gezogen sei das Heuschrecken-Bild allerdings nicht. Wie in jeder Branche fänden sich auch unter den Finanzinvestoren schwarze Schafe, meinen die Ökonomen. Insgesamt gesehen seien Private-Equity-Gesellschaften aber weit besser als ihr Ruf. Es gebe unter ihnen mindestens ebenso viele „Honigbienen“, die mit ihrem Kapital erst das Überleben eines Unternehmens sichern.
Die Studie ist nach Angaben der Wissenschaftler deutschlandweit die einzige zu diesem Thema, die sich nicht auf Umfragen, sondern allein auf offizielle Kennzahlen der Unternehmen stützt. Der vollständige (englischsprachige) Artikel des Forscherteams steht im Internet per Download zur Verfügung. (idw/ml)