Haushaltskonsolidierung unbedingt fortsetzen

Die Ökonomen des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) in Essen raten der Bundesregierung, den Kurs der Haushaltskonsolidierung fortzusetzen und die ab 2010 voraussichtlich entstehenden Haushaltsüberschüsse für Steuersenkungen zu verwenden. Die Wissenschaftler des RWI stützen sich dabei auf ihre Prognose der mittelfristig erwarteten finanzwirtschaftlichen Entwicklung.

Diese Prognose basiert auf der aktuellen gesamtwirtschaftlichen Mittelfristprojektion der Bundesregierung und berücksichtigt auch die Prognose des Arbeitskreises „Steuerschätzungen“.

Die Essener Ökonomen gehen in ihren Berechnungen allerdings von einem höheren Anstieg der Staatsausgaben aus. Diese werden nach der kräftigen Expansion in diesem und dem kommenden Jahr mittelfristig zwar voraussichtlich wieder enger begrenzt werden, von 2010 bis 2012 dürften sie mit durchschnittlich 2% je Jahr aber um einen halben Prozentpunkt stärker steigen als von der Bundesregierung noch in ihrem aktuellen Stabilitätsprogramm anvisiert.

Zugleich nehmen die Staatseinnahmen bis zum Jahr 2012 nach Meinung der Wissenschaftler um durchschnittlich 2,6% je Jahr zu. Damit kann nach einem Budgetdefizit von 5 Milliarden Euro in diesem Jahr schon im kommenden Jahr mit einem ausgeglichenen Haushalt gerechnet werden. In den Folgejahren erwarten die Autoren Überschüsse von 5 Milliarden Euro (2010), 15 Milliarden Euro (2011) und 23 Milliarden Euro (2012).

Damit eröffnen sich budgetäre Spielräume, die nach dem Erreichen eines überschüssigen Staatshaushalts im Jahr 2010 zur Stärkung der Wachstumskräfte genutzt werden sollten. Eine vorrangig auf Schuldenabbau ausgerichtete Finanzpolitik wäre nach Meinung der Wissenschaftler hingegen mit hohen Opportunitätskosten verbunden. Sie bestünden unter anderem in der Hinnahme heimlicher Steuererhöhungen, dem Fortbestand einer wenig transparenten und nicht entscheidungsneutralen Unternehmensbesteuerung, hohen Lohnnebenkosten und dem Verzicht auf höhere Bildungs- und Infrastrukturinvestitionen.

Die Wissenschaftler des RWI Essen sprechen sich für Steuersenkungen ab dem Jahr 2010 aus. Hierzu gehören zum einen die verfassungsrechtlich gebotene Ausweitung des Sonderausgabenabzugs für Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge sowie höhere Grund- und Kinderfreibeträge im Rahmen der anstehenden Neuberechnung des Existenzminimums.

Zum anderen sollten heimliche Steuererhöhungen in der nächsten Legislaturperiode dadurch vermieden werden, dass der Einkommensteuertarif, die persönlichen Freibeträge und die Abzugsbeträge zur Berechnung des zu versteuernden Einkommens inflationsbereinigt werden. Diese Indexierung verhindert, dass Steuerpflichtige bei Einkommenszuwächsen, die lediglich den allgemeinen Preisanstieg ausgleichen, in Tarifzonen mit höheren Grenzsteuersätzen hineinwachsen.

Aber auch umfassendere Entlastungen sowie höhere investive Staatsausgaben, beispielsweise für Infrastruktur sowie Bildung und Forschung, würden die erreichte Konsolidierung nicht gefährden. Hierzu müsste allerdings der Durchsetzungs- und Gestaltungswille vorhanden sein, die Staatsausgaben insgesamt so eng zu begrenzen, wie im aktuellen Stabilitätsprogramm der Bundesregierung angekündigt.

(idw/ml)