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Irreführende Werbung mit Gewinnmitteilungen strafbar

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hatte über die Revision dreier Geschäftsleute zu entscheiden, die über ein System ausländischer Briefkastenfirmen mit Adressdaten personalisierte Werbesendungen an Verbraucher versandt hatten. Die Schreiben, denen Warenkataloge beigefügt waren, enthielten Gewinn- und Geschenkversprechen. Ein Gewinnspiel fand aber nie statt. Der Vorwurf lautete deshalb auf irreführende Werbung im Versandhandel.

Die Revision wurde vom BGH in den wesentlichen Punkten verworfen und der vorausgegangene Schuldspruch gegen die Beklagten weitestgehend bestätigt.

Die besondere Bedeutung des Richterspruchs vom Freitag liegt in der vom Vorsitzenden Richter Armin Nack ausdrücklich festgestellten Funktion als Exempel. Das Urteil sei keine gelbe, sondern eine rote Karte an Betrüger, die falsche Gewinnversprechen machen, um Geschäfte zu tätigen, die ohne solche Versprechungen nicht zustande kämen.

Dem verleiht ein weiterer Bestandteil des Urteils besondere Schärfe: Das Gericht sprach den Opfern ein Recht auf Schadensersatz zu. Um die Opfer zu entschädigen, kann in Zukunft laut BGH von der Justiz nicht nur der Gewinn, sondern der gesamte Umsatz sichergestellt werden. Im vorliegenden Fall lag dieser bei 32 Millionen Euro.

Vorausgegangen war ein Urteil vom 14. Juni 2006 des Landgerichts Mannheim. In ihm waren die drei Angeklagten wegen strafbarer Werbung (§ 16 Abs. 1 UWG, siehe Kasten unten) zu Freiheitsstrafen zwischen14 Monaten Freiheitsentzug ohne Bewährung (in einem Fall) und eineinhalb Jahren mit Bewährung (in zwei Fällen) verurteilt worden. Das Gericht hatte außerdem gegen sie den Verfall von Wertersatz angeordnet.

Eine besondere Note erhielt das Geschäftsgebaren der Beklagten dadurch, dass die fingierten Gewinnmitteilungen bevorzugt an ältere Menschen und Empfänger mit geringerem Bildungsstand verschickt wurden. Diese mussten sich dann auch noch verhöhnen lassen: Zwar bekamen die glücklichen Gewinner weder Gewinne noch Geschenke, wenn sie aber eine Bestellung aufgaben, erhielten sie einen „Koffer voller Geld“ – eine streichholzschachtelgroße Box mit Ein-Cent-Münzen.

In Revision gegangen waren nach dem Mannheimer Urteil sowohl die Angeklagten als auch die Staatsanwaltschaft.

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat mit Urteil vom 30. Mai 2008 die Mannheimer Verurteilung wegen strafbarer Werbung bestätigt und die Rechtsprechung zu diesem Straftatbestand präzisiert. Er hat dabei auch die Beurteilung des Landgerichts als zutreffend erachtet, dass die Angeklagten in der „Absicht“ handelten, „den Anschein eines besonders günstigen Angebots hervorzurufen“. Dieses subjektive Tatbestandsmerkmal war gegeben, auch wenn sich die unwahren und irreführenden Angaben nicht unmittelbar auf die Katalogwaren, sondern auf die Gewinnmitteilungen und Geschenkversprechen bezogen, so der Strafsenat. Seinem Urteil entsprechend stellten diese geldwerten Vorteile und die Katalogwaren nach dem – für die rechtliche Bewertung maßgeblichen – Gesamteindruck der Werbesendungen insgesamt ein einheitliches „Angebot“ im Sinne von § 16 Abs. 1 UWG dar: Die Geschenke sollte der Empfänger nur erhalten können, wenn er Waren im Mindestwert von 15 Euro bestellte.

Der Bundesgerichtshof hat insoweit ein vertraglich vereinbartes oder gesetzliches Rückgaberecht für bedeutungslos gehalten. Hinsichtlich der Gewinnmitteilungen habe zwar ein solcher rechtlicher Zusammenhang gefehlt, der Bundesgerichtshof hat dennoch erstmals entschieden, dass auch dann ein einheitliches Gesamtangebot vorliegt, wenn die Entscheidung der Empfänger für die Warenbestellung von den Gewinnmitteilungen unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten beeinflusst werden soll (wirtschaftlicher Zusammenhang). Dies war im zu beurteilenden Fall nach Meinung der obersten Richter der Fall.

(BGH/ml)

Urteile zum beschriebenen Fall:

  • Urteil vom 30. Mai 2008 – 1 StR 166/07
  • Landgericht Mannheim – Entscheidung vom 14. Juni 2006 – 22 KLs 605 Js 27831/04
  • Karlsruhe, den 30. Mai 2008

Im Zentrum des Urteils stehendes Gesetz:
§ 16 UWG. Strafbare Werbung. (1) Wer in der Absicht, den Anschein eines besonders günstigen Angebots hervorzurufen, in öffentlichen Bekanntmachungen oder in Mitteilungen, die für einen größeren Kreis von Personen bestimmt sind, durch unwahre Angaben irreführend wirbt, wird mit Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.