Risikofreudige Unternehmer scheitern schneller

Bekannt und belegt ist, dass risikofreudige Menschen häufiger Unternehmen gründen, als Menschen mit mittlerer oder geringer Risikobereitschaft. Eine vom Bonner Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA) jetzt veröffentlichte Studie zeigt jedoch: Neu gegründete Unternehmen halten sich gerade dann besonders lange am Markt, wenn die Gründer eine mittlere Risikobereitschaft aufweisen. Sind die Unternehmer sehr risikoscheu oder aber besonders risikofreudig, ist die Wahrscheinlichkeit des frühzeitigen Scheiterns deutlich höher.

Auf Basis von Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) untersuchten die Forscher um den IZA-Arbeitsmarktexperten Marco Caliendo, ob sich die Risikoeinstellung von Unternehmern auf die Überlebensdauer der jeweiligen Unternehmen auswirkt. Für die Studie wurden mehr als 7000 Einzeldaten über das Verhalten von Selbstständigen verarbeitet. In der Zeit von 2000 bis 2005 konnten dabei mehr als 700 Fälle beobachtet werden, in denen Personen aus der Selbstständigkeit ausschieden.

Um eine Einordnung des Risikoverhaltens zu ermöglichen, mussten die Befragten ihre eigene Risikobereitschaft einschätzen. Zusätzlich gaben die befragten Unternehmer an, welchen Anteil eines fiktiven Lottogewinns von 100.000 Euro sie riskant anlegen würden. Anhand der so ermittelten Risikoeinstellungen wurden die Befragten in drei Kategorien eingeteilt: besonders risikoscheu, mittlere Risikobereitschaft und sehr risikofreudig.

Für die Gruppe der besonders risikoscheuen Selbstständigen ergeben die Berechnungen eine Wahrscheinlichkeit von 12,5%, im jeweils folgenden Jahr aus der Selbstständigkeit auszuscheiden. Den gleichen Wert erreichen sehr risikobereite Unternehmer. Bei Firmeneignern, die ihre eigene Risikobereitschaft als durchschnittlich einschätzten, ist die Wahrscheinlichkeit des unternehmerischen Scheiterns dagegen um 40% geringer (7,5%).

Die Erklärung der Wissenschaftler ist einleuchtend: Bei einer sehr riskanten Geschäftsidee steigt zwar der erwartete Ertrag, aber auch die Gefahr des Misserfolgs. Demgegenüber verfügen risikoscheuere Selbstständige zwar von vornherein über potenziell geringere Ertragsaussichten, sie setzen sich aber auch einer geringeren Gefahr des Scheiterns aus.

Allerdings gilt für besonders risikoscheue Unternehmer, dass sie sich vielfach besser stellen könnten, wenn sie einer Arbeit als abhängig Beschäftigte nachgehen würden. Bei relativ sicheren Projekten – mit geringem Risiko und geringem erwarteten Ertrag – lohnt sich die Selbstständigkeit für die Unternehmer oft nicht. Diese Erkenntnis reift in vielen Fällen aber erst nach dem Schritt in die Selbstständigkeit und führt auch in dieser Unternehmergruppe zu einer erhöhten Aufgabequote. „Existenzgründer sind gut beraten, ihr eigenes Risikoprofil einer kritischen Bewertung zu unterziehen, bevor sie ein Projekt realisieren“, mahnt deshalb IZA-Wissenschaftler Marco Caliendo.

Der Volltext der englischsprachigen Studie ist kostenlos online abrufbar. (idw/ml)