Der Sozialstaat gleicht die Lohnschere weitgehend aus

Die Kluft zwischen Arm und Reich werde immer größer, klagen Gewerkschaften und linke Pateien seit Jahren unisono. Im Vergleich mit den übrigen Industrienationen sei die Kluft zwischen hohen und niedrigen Löhnen in Deutschland zuletzt besonders stark gewachsen, mahnt auch die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) in ihrem globalen Lohnbericht. Und in der Tat: Die Ungleichheit hat in Deutschland wie in fast allen entwickelten Ländern zugenommen, wenn man sich den Bruttoverdienst anschaut. Was aber zählt, ist das Nettoeinkommen.

Netto betrachtet sähe die Realität ganz anders aus, moniert das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) . In Deutschland greife der Staat derart stark in die Einkommensverteilung ein, dass von einem Auseinanderdriften der Gesellschaft nicht die Rede sein könne. Richte man den Blick auf das Nettoeinkommen, habe sich der Unterschied zwischen Spitzen- und Niedrigverdienern seit zehn Jahren kaum verändert, so eine Studie des Instituts.

Rufe nach mehr Umverteilung in Form höherer Steuern und Abgaben für die Besserverdiener und mehr staatlichen Transfers für die Einkommensschwachen seien daher voreilig – zumal diese Therapie Nebenwirkungen hervorrufe.

Die Leistungsträger würden sich wohl kaum noch ins Zeug legen, wenn ihnen hinterher ein Großteil wegversteuert werde, warnt das Institut. Wichtiger wäre es, den Teufelskreis von niedrigem Einkommen und geringer Bildung zu durchbrechen, denn wer arm ist, habe wenig Chancen auf Bildung, und wer keine Bildung hat, bekomme keinen Job und bleibe arm. Vor allem in die Bildung der Kleinsten werde zu wenig investiert. Dabei würden bereits im frühen Kindesalter die Weichen für die Zukunft gestellt, mahnen die Experten des IW.

Die Autoren Nicole Horschel und Jochen Pimpertz stellen in einem Beitrag in der Publikation IW-Trends, Ausgabe 2/2008, die wichtigsten Ergebnisse der Studie vor. Der Beitrag steht als Download kostenlos zur Verfügung. (IW/ml)