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Sachverständigenrat hält Rettungspaket für viel zu klein

Die Wirtschaftsweisen haben heute ihr Jahresgutachten vorgelegt und sich nicht gescheut, unangenehme Wahrheiten auszusprechen. Der Sachverständigenrat kündigt für 2009 eine Rezession an, die 2009 zu einem Anstieg der Arbeitslosigkeit um jahresdurchschnittlich 35.000 auf 3,3 Millionen Arbeitslose führen werde. Zur Bekämpfung seien drastisch höhere Rettungspakete nötig, so die Wiesen. Außerdem dürfe man dringend nötige Strukturreformen nicht auf die lange Bank schieben. Investitionen in Infrastruktur und Bildung seien vorzuziehen, ein ausgeglichener Haushalt habe in der gegenwärtigen Situation hingegen Zeit.

Zustimmung fand beim Sachverständigenrat das Rettungspaket der Regierung für die Finanzwirtschaft. Das Impulsprogramm der Regierung bestehe jedoch aus einem „Sammelsurium von Maßnahmen“, von denen einige eher schaden könnten.

Insgesamt sei das Volumen der Maßnahmen viel zu klein, monierten die Weisen. Ein wirksames Gesamtpaket müsse mindestens 0,5 bis 1% des Bruttoinlandsprodukts betragen, also zwischen rund 12 und 25 Milliarden Euro. Höhere Staatsausgaben seien jedoch nur für die Dauer des Abschwungs akzeptabel, so die Weisen.

Neben direkten Hilfsmaßnahmen seien verbesserte steuerliche Bedingungen für Unternehmen sowie bei der Einkommenssteuer ein Abbau des „Mittelstandsbauches“ durch Tarifkorrekturen nötig.

Schlecht sieht es nach Meinung des Sachverständigenrats für den Export aus. Einbrüche bei wichtigen Handelspartnern, wie den USA beeinträchtigen voraussichtlich den deutschen Export so stark, dass dieser 2009 nahezu stagnieren werde.

Zu den fünf Wirtschaftsweisen zählen derzeit:

Aus der Wirtschaft gab es mehrheitlich lobende Stimmen für das Jahresgutachten.

Martin Wansleben, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), warnte davor, die Finanzkrise als Vorwand zu nehmen, um Strukturreformen zu verschieben. Wansleben: „Die Finanzmarktkrise darf nicht als Entschuldigung dafür herhalten, strukturelle Reformen auf die lange Bank zu schieben. Der Rat fordert deshalb zu Recht Maßnahmen, die zu mehr Investitionen in Deutschland führen.“ Dazu gehören aus DIHK-Sicht investitionsfördernde Nachbesserungen bei der Unternehmensbesteuerung sowie eine Neuausrichtung der öffentlichen Ausgaben auf Infrastruktur und Bildung. Nach Meinung Wanslebens müssen auch die von der Vorgängerregierung eingeleiteten Reformen in der Sozialpolitik und auf dem Arbeitsmarkt fortgeführt werden.

Wohltuend sei die Warnung des Rates, jetzt nicht die Keule der Überregulierung auf den Finanzmärkten auszupacken. Der Bankenmarkt müsse seiner vorrangigen Funktion, der Kreditvergabe, gut nachkommen können, warnt Wansleben. Wie der Rat fordert aber auch der DIHK, dass sich der Staat nicht dauerhaft bei den Banken einnistet. Denn dass der Staat nicht der bessere Banker ist, habe die Krise auch deutlich gezeigt.

Auch Otto Kentzler, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH) bezeichnete das Konjunkturpaket der Bundesregierung als einen ersten richtigen Schritt, der Umsätze und Arbeitsplätze im Handwerk stabilisieren könne. Kentzler mahnt aber auch, die Politik dürfe dabei nicht stehen bleiben. Sie müsse jetzt erst recht entlastende Reformschritte auf den Weg bringen. Zumal die Finanzkrise einmal mehr die Schwäche am deutschen Binnenmarkt deutlich mache. Die mittleren Einkommen von der „kalten Progression“ zu entlasten müsse deshalb ganz vorne anstehen. Ein rasches Signal im Bereich Einkommensteuer könne auch der stufenweise Abbau des Solidaritätszuschlags setzen. Eine Reduzierung von 5,5 auf 3,3 Prozent – so Kentzler – wäre möglich, ohne den Solidarpakt zu verletzen.

Schnell greifende Wachstumsimpulse könnten nach Ansicht Kentzlers auch durch das Vorziehen von ohnehin geplanten Investitionen ausgelöst werden. Der Sachverständigenrat habe dazu Vorschläge gemacht, die vom Handwerk unterstützt werden – etwa das Vorziehen von bereits genehmigten Infrastrukturprojekten, mehr Bildungsausgaben und die Nachbesserung bei der Unternehmensteuerreform. Bei der Unternehmensbesteuerung solle es darauf ankommen, die Investitionskraft und -tätigkeit mittelständischer Familienbetriebe zu stärken, etwa durch Korrekturen bei der Thesaurierungsrücklage oder auch durch Verbesserungen bei der Abschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter.

(DIHK/ZDH/ml)