Zwischen Korruption und Kontrollwahn

Korruption schadet der Wirtschaft, Kontrollwahn dem Vertrauen innerhalb eines Unternehmens. Siemens, Bahn und Telekom – drei der ganz Großen sind auf dem Kurs zwischen diesen beiden Extremen kläglich gescheitert. Die einen blieben viel zu lange in der Korruption verstrickt, die anderen wollten ganz besonders sicher gehen und haben dabei die eigenen Mitarbeiter einem entwürdigenden Generalverdacht ausgesetzt. Wie aber hält man als Unternehmer die richtige Balance zwischen den beiden Extremen? Ein „Code of Conduct“ kann helfen.

„Korruptionsprävention ist für Unternehmen unerlässlich, die Verantwortlichen dürfen jedoch nicht über das Ziel hinausschießen, wie bei der nahezu flächendeckenden Mitarbeiterüberprüfung bei der Deutschen Bahn geschehen“, warnt Dr. Holger Hildebrandt, Geschäftsführer des Bundesverbands Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik (BME), Frankfurt. Maßnahmen, die auf der Annahme gründeten, dass die gesamte Belegschaft unter Verdacht steht, zerstörten die Vertrauenskultur im Unternehmen. Ernsthaften Bemühungen, im Zuge der allgemeinen Compliance-Diskussion für mehr Transparenz zu sorgen, werde so ein Bärendienst erwiesen.

Hildebrandt: „Klar ist, dass der Einkauf bei der Unterbindung von Korruption besonders gefordert ist. Der BME hat darum einen Verhaltenskodex (BME-Code of Conduct) eingeführt, der Unternehmen für ethische Anforderungen sensibilisiert.“

Der Kodex enthält Regeln zur Bekämpfung von Korruption, zu kartellrechtswidrigen Absprachen sowie zu Kinder und Zwangsarbeit. Er umfasst Grundsätze zur Einhaltung von Menschenrechten, zu Umwelt– und Gesundheitsschutz sowie zu fairen Arbeitsbedingungen.

Beispiele: regelmäßige Selbstauskünfte hinsichtlich implementierter Compliance-Maßnahmen, Ombuds-Personen als Ansprechpartner bei Interessenkonflikten, Richtlinien für Annahme bzw. Gewährung von Geschenken und zum Umgang mit Geschäftsgeheimnissen sowie Grundsätze zur Verhinderung von Diskriminierung. „Parallel gilt es, sämtliche Compliance-Grundsätze und die aus Verstößen resultierenden Sanktionen den eigenen Mitarbeiten, aber auch den Lieferanten unmissverständlich zu kommunizieren“, sagt Hildebrandt. Jedes Unternehmen könne überdies zusätzliche ethische Anforderungen an sich selbst und auch an die Geschäftspartner stellen.

Unternehmen erkennen durch ihren freiwilligen Beitritt die Richtlinie an und beteiligen sich an einem jährlich stattfindenden Selbstauskünfte-Verfahren. Die Unterzeichner werden in einer für die jeweiligen Geschäftspartner in Kürze einsehbaren Liste auf einer speziellen Web-Seite des BME geführt.

Hildebrandt: „Die Glaubwürdigkeit eines Verhaltenskodex steht und fällt freilich mit der konsequenten Umsetzung entsprechender Maßnahmen in den Unternehmen.“ (BME/ml)