Neue Spielregeln für Unternehmen mit Staatsbeteiligung

Das Auftreten von Unternehmen, an denen der Staat wesentlich beteiligt ist, wird von der privaten Wirtschaft besonders kritisch beäugt. Und das Misstrauen kommt nicht von ungefähr. Öfter mal wurden in der Vergangenheit die Regeln eines fairen Wettbewerbs missachtet und private Konkurrenz an die Wand gedrückt. Aber auch die Steuern zahlenden Bürger sind nicht immer zufrieden mit der Informationspolitik der betreffenden Unternehmen. Das soll sich nun ändern. Die Bundesregierung hat heute Grundsätze guter Unternehmens- und Beteiligungsführung für den Bereich des Bundes beschlossen. Damit soll die Transparenz bei Unternehmen mit mehrheitlich öffentlicher Beteiligung des Bundes erhöht werden.Kern des Regelwerks ist der „Public Corporate Governance Kodex“, der die Gedanken der Corporate Governance auf die Besonderheiten öffentlicher Beteiligungsunternehmen überträgt. „Transparenz ist für öffentliche Unternehmen ein Gebot des demokratischen Rechtsstaats.“ begründete Bundesjustizministerin Brigitte Zypries heute in Berlin den Beschluss ihrer Politkollegen. Sie versicherte, die Führung und Überwachung von Unternehmen, an denen der Bund mehrheitlich beteiligt ist, werde künftig für jeden interessierten Bürger nachvollziehbarer. Gerade im Bereich der Managergehälter sei es wichtig, dass öffentliche Unternehmen an ihre Vorbildfunktion denken. „Der neue Kodex greift bereits Bestandteile des kürzlich vom Deutschen Bundestages beschlossenen Gesetzes zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung auf.“ Aktienoptionsprogramme als Teil der Vorstandsvergütung kämen laut Zypries bei öffentlichen Unternehmen zwar nicht vor. Aber auch dort müsse die Vergütung des Geschäftsleiters an seine Leistung und den nachhaltigen Unternehmenserfolg anknüpfen.

Durch die Befolgung von Corporate-Governance-Grundsätzen soll eine gute und verantwortungsvolle Unternehmensführung und -kontrolle gewährleistet werden. Alle dafür erforderlichen Regeln werden in einem sogenannten „Corporate Governance Kodex“ zusammengefasst. Mit der Befolgung dieser nicht verbindlichen, aber als sinnvoll erkannten Grundsätze signalisiert das jeweilige Unternehmen, dass es eine gute Unternehmensführung über das gesetzlich vorgegebene und zwingende Mindestmaß hinaus verfolgt.

Bei den börsennotierten Aktiengesellschaften hat sich der „Deutsche Corporate Governance Kodex“ seit Jahren bewährt. Nach diesem Vorbild wurde nun der „Public Corporate Governance Kodex“ geschaffen. Er orientiert sich in Aufbau und Terminologie am „Deutschen Corporate Governance Kodex“ und enthält Regelungen zu den Verantwortungsbereichen von Geschäftsleitung, Aufsichtsrat und Anteilseignerversammlung sowie zur Rechnungslegung und Abschlussprüfung.

Dabei übernimmt der „Public Corporate Governance Kodex“ den bewährten „comply or explain“-Mechanismus. Danach muss ein Unternehmen erklären, ob es den Empfehlungen des Kodex folgt. Abweichungen muss das Unternehmen in seinem Corporate-Governance-Bericht offen legen und begründen. Zudem soll es den Corporate-Governance-Bericht auf seiner Internetseite veröffentlichen. Mit diesem Mechanismus wird auf der einen Seite für Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit gesorgt. Auf der anderen Seite besteht auch ausreichend Raum für eine individuelle Unternehmensführung.

Der „Public Corporate Governance Kodex“ richtet sich verbindlich an Unternehmen in privater Rechtsform mit mehrheitlicher Beteiligung des Bundes. Dies sind überwiegend Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Deshalb ist der „Public Corporate Governance Kodex“ rechtsformübergreifend formuliert und setzt andere Schwerpunkte als der „Deutsche Corporate Governance Kodex“. Er enthält Regeln, die der Besonderheit öffentlicher Unternehmen Rechnung tragen. So haben Gesellschaften, die Zuwendungen nach öffentlichem Haushaltsrecht erhalten, besondere Regeln für die Verwendung dieser Mittel zu beachten. Standards guter Unternehmensführung gelten für alle Unternehmen mit Beteiligung des Bundes. Daher wird auch den Unternehmen, bei denen der Bund lediglich eine Minderheitsbeteiligung hält, sowie Unternehmen in der Rechtsform einer juristischen Person des öffentlichen Rechts die Anwendung des „Public Corporate Governance Kodex“ empfohlen. Hingegen gilt für börsennotierte Gesellschaften, an denen der Bund beteiligt ist – wie etwa der Deutschen Telekom AG – weiterhin der „Deutsche Corporate Governance Kodex“.

Der Public Corporate Governance Kodex sollregelmäßig hinsichtlich Anwendungsbereich und Inhalt überprüft und gegebenenfalls angepasst werden.

Der Text des „Public Corporate Governance Kodex“ steht als kostenloser Download im Internet zur Verfügung.

(BMJ/ml)