Pkw-Inlandsmarkt explodiert, Auslandsgeschäft leidet

Im ersten Halbjahr 2009 stiegen die Pkw-Neuzulassungen auf dem Inlandsmarkt um 26 % auf 2,06 Millionen neue Fahrzeuge, meldete heute der Verband der Automobilindustrie (VDA). Allein im Juni wurden mit 427.000 Pkw über 40 % mehr Fahrzeuge neu zugelassen als im Mai. Dies ist nach Aussage des Verbandes der höchste Juni-Wert seit der Wiedervereinigung. Wesentliche Ursache seien die Neuordnung der Kfz-Steuer und die Umweltprämie, vermuten die Verbandsexperten. Die Nachfrage komme in erster Linie aus dem Inland und betreffe vor allem die Kleinwagen- und Kompaktklasse.Für einige Automobilhersteller und ihre Zulieferunternehmen sei die Umweltprämie in diesem Jahr ein stabilisierendes Instrument, lobt der VDA. Die weitere Entwicklung werde entscheidend davon abhängen, ob die internationalen Märkte mittelfristig wieder Tritt fassen.

Auf Basis der 420.000 Anträge, die das zuständige Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) bisher bearbeitet hat, zeigt sich laut VDA, dass gut die Hälfte aller prämienbedingten Zulassungen auf deutsche Konzernmarken entfallen. In den Top 10 der prämienbedingt erfolgten Autokäufe sind die deutschen Konzernmarken mit insgesamt sieben Fahrzeugen vertreten.

Die Umweltprämie hat – zumindest vorübergehend – auch die Käuferstruktur verändert: Im bisherigen Jahresverlauf haben sich die Neuzulassungen der privaten Halter mehr als verdoppelt, während der Absatz im gewerblichen Bereich aufgrund der Wirtschaftskrise spürbar sank. Der Dieselanteil an den Neuzulassungen ging u. a. auch deshalb auf unter 30 % zurück. Das sei aber keine dauerhafte Abkehr vom Diesel.

Der inländische Auftragseingang der deutschen Pkw-Hersteller lag im Juni auf Vorjahresniveau. Im ersten Halbjahr überschritten die Inlandsorder das Vorjahresergebnis um 24 %. Der Auftragsbestand bleibt damit laut VDA, weiterhin sehr hoch und werde im zweiten Halbjahr dazu beitragen, die Produktion der Werke zu stabilisieren.

Der VDA korrigierte auf der Halbjahrespressekonferenz in Frankfurt wegen der aktuellen Entwicklung seine bisherige Prognose für den Inlandsmarkt: Da der Inlandsmarkt im ersten Halbjahr um 426.000 Einheiten zugelegt habe, ergebe sich für das Gesamtjahr ein Volumen von gut 3,5 Millionen Pkw. Das gelte selbst dann, wenn das zweite Halbjahr lediglich Vorjahresniveau erreichen sollte. Aufgrund des hohen Auftragsbestandes rechne der Verband für das Jahr 2009 mit einem Gesamtmarkt, der die Marke von 3,5 Millionen überschreiten dürfte. Dieses hohe Niveau werde im kommenden Jahr aber sicherlich nicht mehr zu erreichen sein, so der Verband.

Die Entwicklung auf dem Inlandsmarkt sei kein Grund, in Euphorie auszubrechen, betonte Verbandspräsident Matthias Wissmann: „Denn entscheidend für diese Industrie ist ihr Erfolg auf den Auslandsmärkten.“ Schließlich produziere die deutsche Automobilindustrie weltweit rund 11 Millionen Pkw, gut vier Fünftel davon für Kunden außerhalb Deutschlands.

Auf vielen Auslandsmärkten sehe die Lage aber noch keineswegs rosig aus, dort sei die Pkw-Nachfrage nach wie vor unbefriedigend, auch wenn sich zunehmend eine Bodenbildung abzeichne, die jedoch nicht zuletzt auf die zahlreichen Incentive-Programme in anderen Ländern zurückzuführen sei. In Westeuropa blieben die Neuzulassungen bis Mai um 13 % hinter dem Vorjahresvolumen zurück, in den neuen EU-Ländern lag der Rückgang bei 26 %. Der US-Markt für Light Vehicles sank im ersten Halbjahr 2009 um 35 %, wobei die deutschen Marken (-24 %) besser abschnitten und ihren Marktanteil um über einen Prozentpunkt auf 7,4 % steigern konnten.

„Die weltweite Absatzkrise der Automobilindustrie ist noch nicht beendet, wir sehen aber erste Anzeichen dafür, dass die Talfahrt gebremst wird“, sagte Wissmann. So lagen in Europa insgesamt im Mai die Neuzulassungen nur noch 5 % unter dem Wert des Vorjahresmonats, tendenziell hat der europäische Markt seit Anfang des Jahres damit wieder deutlich angezogen. Für den chinesischen Markt sei mit einem respektablen Wachstum zu rechnen, während der US-Markt im laufenden Jahr weiterhin schwach sei.

Die global noch immer schwierige Lage des Pkw-Absatzes hinterlässt bei den Exporten der deutschen Hersteller insgesamt nach wie vor tiefe Spuren: Die Ausfuhr der deutschen Hersteller fiel im Juni mit 289.000 Pkw insgesamt um 23 % niedriger aus. In den ersten sechs Monaten betrug der Rückgang 35 %.

Allerdings lagen die Auslandsorder, die im bisherigen Jahresverlauf um 26 % zurückgegangen sind, im Juni nur noch bei minus 20 %, saisonbereinigt legten sie seit Februar kontinuierlich zu, was darauf schließen lasse, dass die Talsohle mittlerweile erreicht sein könnte. Der Ausfuhrrückgang dürfte im zweiten Halbjahr deutlich moderater ausfallen.

Angesichts der schwachen Auslandsmärkte blieb die Pkw-Produktion im ersten Halbjahr mit 2,3 Mio. Einheiten um 24 % hinter dem Vorjahresergebnis zurück. Im Juni war ein Minus von 10 % zu verzeichnen, saisonbereinigt hat die Fertigung jedoch in den letzten beiden Monaten tendenziell deutlich angezogen.

Ausführlichere Zahlen und Zahlen zur Entwicklung des Nutzfahrzeugemarktes können dem „VDA Jahresbericht 2009“ entnommen werden, der als kostenloser Download online zur Verfügung steht. (VDA/ml)