Elektromobilität: Aktionismus vermeiden, aber Chancen nutzen

Die Politik will die Elektromobilität in Deutschland vorantreiben, denn man verspricht sich dadurch gleich eine Reihe von Vorteilen: geringere lokale Emissionen, eine höhere Energieeffizienz und eine geringere Abhängigkeit vom Öl. Zu Recht, wie eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin zeigt. Zwar stößt das Elektroauto in der Praxis derzeit noch auf erhebliche Hürden stößt, langfristig bietet aber die Elektromobilität laut Studie große Potentiale. Auch wenn die sie nicht alle bestehenden verkehrspolitischen Probleme lösen werde, könne sie doch einen wichtigen Teil eines nachhaltigen Verkehrskonzepts darstellen, glaubt Wolf-Peter Schill, der Autor der Studie.

Für Schill fällt das Ergebnis seiner Studie eindeutig aus: „Wir sollten kurzfristig nicht zu viell von der Elektromobilität erwarten, besonders nicht im Hinblick auf eine Reduzierung der CO2-Emissionen. Die Entwicklung neuer Industrien braucht immer Zeit. Aber langfristig bietet die Elektromobilität erhebliche Chancen.“

Die Vorteile der Elektromobilität liegen für ihn auf der Hand: Lokale Emissionsfreiheit, eine höhere Energieeffizienz und ein großer Schritt hin zur Unabhängigkeit vom Öl. Aber auch die Hindernisse sind zurzeit noch offensichtlich – neben der mangelnden Infrastruktur sind das vor allem die Anschaffungskosten und die Batterietechnik. Trotzdem hält Schill es für möglich, dass 2020 bereits eine Million Elektroautos auf deutschen Straßen unterwegs sein werden: „Aber selbst das wären nur etwa 2 % der deutschen PKW-Flotte.“ Auch deshalb warnt der Wissenschaftler vor kurzfristigem Aktionismus.

Der Autor warnt aber auch dringend davor, nicht zu früh alle Hoffnungen auf eine bestimmte Technologie zu setzen, wie dies beispielsweise bei der Wasserstoff-Brennstoffzelle der Fall gewesen sei. Er appelliert an die Politik, technologieoffen zu fördern, da noch nicht absehbar sei, welche Antriebskonzepte sich am Ende durchsetzen werden. Darüber hinaus sei generell langfristiges politisches Handeln und eine stärkere Förderung von Forschung und Entwicklung nötig, wolle man die Potenziale der Elektromobilität erschließen.

Auch das häufig vorgebrachte Gegenargument, eine umfassende Elektromobilität würde den Strompreis unangemessen in die Höhe treiben, entkräftet der Autor mit seiner Studie: Seine Berechnungen zeigen, dass bei einer vernünftig gesteuerten Aufladung mit den heute in Deutschland verfügbaren Kraftwerken deutlich mehr als eine Million Elektroautos aufgeladen werden könnten, ohne dass es zu nennenswerten Preis- oder Mengeneffekten am Strommarkt kommen würde. Trotzdem, so der Autor, müsse langfristig klar sein, woher der Strom komme: „Bei einem Ausbau der Elektromobilität brauchen wir auch einen zusätzlichen Ausbau erneuerbarer Energien.“

Er mahnt zudem: Auch bei einem Ausbau der Elektromobilität blieben eine verkehrsvermeidende Stadtplanung und eine Verkehrsverlagerung hin zu umwelt- und ressourcenschonenderen Verkehrsträgern unverzichtbar. Zudem ließe sich mit einem gezielten Ausbau der Schiene der Anteil der Elektromobilität auch abseits der Straße erheblich steigern, da Nah- und Fernverkehrszüge, U-Bahnen und Straßenbahnen ja ohnehin mit Strom fahren. Schill warnt aber auch hier vor überzogenen Erwartungen: Mehr Elektroautos würden wenig an verkehrspolitischen Problemen wie Verkehrsunfällen oder dem steigenden Flächenverbrauch ändern.

Eine umfassende Darstellung der Studie finden Interessenten im aktuellen Wochenbericht 27/28/2010 des DIW. Die Publikation steht als kostenloser Download im Internet zur Verfügung.

(DIW / ml)