CCTS-Technologie: Studie warnt vor Scheitern der CO2-Speicherpläne

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin (DIW) warnt vor einem Scheitern der CCTS-Technologie (Carbon Capture, Trans­port, and Storage) und kritisiert den Gesetzentwurf der Bun­des­re­gierung in einer neuen Studie als unzureichend. Die Technologie, auf die man vor einigen Jahren noch sehr große Hoffnungen setzte, habe sich als sehr unsicher und gleichzeitig sehr teuer heraus­gestellt. Technische, ökonomische und institutionelle Faktoren würden den Einsatz der CO2-Abscheidung in Deutschland und Europa verhindern, warnt DIW-Forschungsdirektor Christian von Hirschhausen. Damit aber stehe auch die globale Bedeutung von CCTS für den Klimaschutz in Frage.

Den Gesetzentwurf zur CO2-Abscheide-, Transport- und Speichertechnologie hat die Bundesregierung am 14. Juli 2010 auf den Weg gebracht. Es ist bereits der zweite, ein erster Anlauf war 2009 am Widerstand der unionsgeführten Länder Bayern und Schleswig-Holstein gescheitert. Nun steht die Regierung unter Zeitdruck, denn Grundlage ist ein Richtlinienentwurf der Europäischen Kommission vom Januar 2008, der im Dezember des gleichen Jahres durch das Europäische Parlament gebilligt wurde und nach der Annahme durch den Europäischen Rat im April 2009 in Kraft getreten ist. Die Bundesregierung aber muss die EU-Vorgabe nun rechtzeitig umsetzen, sonst drohen ihr Strafzahlungen.

Als Gründe für ein mögliches Scheitern der CCTS-Technologie nannte von Hirschhausen unter anderem Schwierigkeiten bei der technischen Umsetzung der CO2-Abscheidung, ungelöste regulatorische Fragen des Transports, eine deutliche Absenkung der zu erwartenden Speicherpotentiale sowie die starke Ablehnung der gesamten Prozesskette durch die Bevölkerung und einige Landespolitiker.

Die CCTS-Technologie wird bisher nur in kleinem Maßstab in verschiedenen Industrien eingesetzt. Eine Anwendung der Prozesse auf große Emittenten wie Kohlekraftwerke wirft nach Meinung von Hirschhausens eine Vielzahl an Fragen auf, die ausschließlich in größeren Demonstrationsprojekten beantwortet werden könnten. Dies betreffe alle Stationen der Prozesskette – also Abscheidung, Transport und Speicherung.

Der von der Bundesregierung eingebrachte Gesetzentwurf bleibt laut DIW weit hinter den notwendigen Maßnahmen zurück, um eine großtechnische Erprobung der gesamten CCTS-Prozesskette zu ermöglichen. Von Hirschhausen bezeichnete den Entwurf als Demonstrationsgesetz. Das vorgesehene Speichervolumen von drei Millionen Tonnen CO2 schließe die Nutzung eines Speichers für Emissionen mehrerer Kraftwerke praktisch aus. „Damit lassen sich keine Skalenerträge realisieren“, so der DIW-Experte. Weltweit werden 100 Demonstrationsprojekte im Kraftwerks- und Industriebereich, 10 000 Kilometer Transportpipeline und Speicherkapazitäten von 1,2 Milliarden Tonnen CO2 benötigt, wie aus dem sogenannten Blue Map Szenario hervorgeht. Ein weiter Weg: Bis Ende Juni sind lediglich sieben Demonstrationsprojekte in Betrieb gegangen.

Wegen der hohen Investitionskosten werden laut DIW-Studie mit der CCTS-Technologie die Stromerzeugungskosten steigen. Schätzungen gehen von einer Zunahme zwischen 48 und 92 % aus. Da über zukünftige CO2-Preise jedoch kaum verlässliche Prognosen gemacht werden können, bleibt der wirtschaftliche Nutzen des CCTS-Einsatzes unklar. Aus diesem Grund wiederum ist auch unklar, wie groß die Pipeline-Netze zum Transport sein müssten, um sie ökonomisch sinnvoll auszulasten.

Ein weiteres Problem: Neue Studien sehen immer weniger Speicherpotential für Kohlendioxid in Deutschland, zudem zielen aktuelle Versuche nicht auf eine dauerhafte Speicherung ab. Eine solche wurde bisher etwa in Norwegen und Algerien erprobt.

Zugenommen hat in den letzten Monaten der Protest von Bürgern, die in der Nähe möglicher CO2-Ablagerungsgebiete leben. Tatsächlich wäre austretendes Kohlendioxid in großen Mengen giftig für Mensch und Umwelt. Forscher betrachten das Schadensrisiko in Zusammenhang mit CCTS jedoch als gering. Dennoch sah sich Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) aufgrund des öffentlichen Widerstands gegen ein Demonstrationsprojekt genötigt, einen früheren Gesetzentwurf abzulehnen.

Angesichts der Verzögerungen kritisiert DIW-Forscher von Hirschhausen das Energiekonzept der Bundesregierung: „Die schwarz-gelbe Koalition geht von einer kommerziell verfügbaren CCTS-Technologie schon im Jahr 2025 aus – bei dem vorliegenden Gesetzentwurf und den Verzögerungen in der Umsetzung ist das sehr unrealistisch. Daher sind auch die Ergebnisse der Energieszenarien, in denen vor allem Steinkohle-CCTS eine große Rolle spielt, unrealistisch.“ Er appelliert, die finanziellen Mittel besser einzusetzen, etwa für erneuerbare Energien. Perspektivisch bedeutendere Technologien sollten größere Anteile erhalten, so von Hirschhausen. „Die Überbewertung der CO2-Abscheidetechnologie ist völlig unangemessen.“

Eine ausführliche Darstellung der Studienergebnisse aus der Feder der beiden Studienautoren findet sich in der Ausgabe 36/2010 der DIW-Publikation Wochenbericht. Die Publikation steht als kostenloser Download online zur Verfügung.

(DIW / ml)