Energieeffizienz am Bau: Großes Einsparpotential bei Aufzügen und Rolltreppen

Seit einigen Jahren spielen Energieeffizienz- und –einspar­maß­nah­men sowie die damit verbundene Reduzierung von CO2-Emissionen auch im Gebäudebau eine wesentliche Rolle. Für das EU-Projekt Energy efficient elevators and escalators, kurz E4-Projekt unter Federführung der Universität in Coimbra in Portugal untersuchte das Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) Mög­lich­keiten, die Energieeffizienz von Aufzügen und Fahrtreppen in Büro- und Wohngebäuden in Europa zu steigern. Selbst viele Fach­leute ahnen nicht annähernd, welches Sparpotenzial in diesen Einrichtungen steckt, deren Stromverbrauch dem der deutschen Bahn gleicht.

Es ist tatsächlich kaum zu glauben: Wie die Studie ergab, ist der Stromverbrauch von Aufzügen in Europa mit jährlich 18 TWh (Terawattstunden) so hoch wie der jährliche Verbrauch im deutschen Schienenverkehr. Die gute Nachricht: Durch die Reduzierung des Stillstandverbrauchs sowie den Einsatz neuer Technologien sind Einsparungen von über der Hälfte der bislang eingesetzten Energie möglich. Dazu sei es allerdings nötig – so die Fraunhofer-Wissenschaftler – durch begleitende Maßnahmen das Bewusstsein der Hersteller und Betreiber für die Thematik zu schärfen. Zudem sollten Informationen zur Verbesserung der Energieeffizienz und den damit verbundenen Investitionskosten breiter zugänglich gemacht werden.

In den 27 EU-Staaten sind derzeit laut Studie etwa 4,8 Millionen Aufzüge in Betrieb. In Deutschland gibt es rund 650.000 Anlagen für ganz unterschiedliche Zwecke wie etwa den bequemen und barrierefreien Transport zwischen zwei Stockwerken eines Gebäudes, zur Erschließung von Hochhäusern über mehrere hundert Meter Höhenunterschied hinweg oder zum Transport großer Lasten, etwa in der Industrie. Rund zwei Drittel aller Anlagen sind in Wohngebäuden zu finden.

Im Rahmen der Studie wurden europaweit Aufzugsanlagen in unterschiedlichen Gebäudetypen auf ihre Leistungsaufnahme hin untersucht. Dazu wurden die Verbrauchswerte sowohl im Stillstand als auch während der Fahrt ermittelt. Die Studie ergab einen hochgerechneten jährlichen Gesamtenergiebedarf von Aufzügen in Europa von rund 18 TWh, was in etwa dem jährlichen Stromverbrauch des deutschen Schienenverkehrs entspricht. Die 650.000 Aufzugsanlagen in Deutschland tragen dazu mit 2 bis 4 TWh bei. Alle Aufzugsanlagen im Wohngebäudebereich und in der Industrie verbrauchen im Ruhezustand zwischen den Fahrten rund 70 Prozent des jährlichen Gesamtenergieverbrauchs. In Bürogebäuden dagegen beträgt der Stillstandsanteil aufgrund der höheren Fahrtenzahl 40 %.

„Die erste rentable und mit geringem Aufwand durchführbare Möglichkeit, den Energieverbrauch zu senken, ist sicherlich die Abschaltung des Kabinenlichts während des Stillstands“, erklärt Simon Hirzel, Projektleiter vom E4-Projekt am Fraunhofer ISI. Weitere mögliche Energieeinsparpotentiale zur Senkung des Verbrauchs lägen zudem im Einsatz moderner Technologien, wie beispielsweise der Verwendung hocheffizienter Antriebe und Bauteile oder abschaltbarer Komponenten. Komfort und Sicherheit der Aufzüge bleiben nach Einschätzung der Wissenschaftler auch bei diesen Effizienzmaßnahmen dank ausgereifter Techniken gewährleistet. Im Schnitt könnte dadurch über die Hälfte der bislang eingesetzten Energie eingespart werden.

In der Praxis werden solche energieeffizienten Lösungen jedoch nicht durchgängig eingesetzt. Gerade auf Betreiberseite besteht noch ein Mangel an Sensibilität und Wissen zu diesem Thema. „Zur Schaffung eines breiteren Bewusstseins für das Thema Energieeffizienz könnten beispielsweise allgemeine Informationen bereitgestellt, Informationskampagnen durchgeführt oder die Kennzeichnung der Energieeffizienz von Anlagen vorangetrieben werden. Auch die Aufnahme von Aufzügen in die europäische Gebäuderichtlinie EPBD kann die Aufmerksamkeit für das Thema weiter steigern“, schlägt Simon Hirzel vor.

Eine umfassende Energiebetrachtung für Aufzüge sollte sowohl den Fahrt- als auch den Stillstandverbrauch angemessen berücksichtigen sowie die jeweiligen Nutzungsmuster, fordern die Experten. Bei einem eher selten genutzten Aufzug in einem Wohnhaus werde beispielsweise eine Reduzierung des Stillstands-Verbrauchs in der Regel zu höheren und günstigeren Einsparungen führen als die Nutzung von Maßnahmen zur Energierückgewinnung bei der Fahrt. Energieeffizienzüberlegungen für Aufzüge sollten sich dabei grundsätzlich über den gesamten Lebenszyklus einer Anlage erstrecken, raten die Fraunhofer-Wissenschaftler. (Fraunhofer ISI / ml)