Mittelstand und Krise: Als Rückgrat der Volkswirtschaft bestätigt

Die deutschen Unternehmen haben den Krisenschock im ver­gange­nen Jahr überstanden. Allerdings wurde die Zahlungsfähigkeit der Unternehmen durch den Konjunktureinbruch und die Finan­zie­rungs­eng­päs­se erheblich angegriffen. Der Mittelstand hätte sich dabei jedoch als das „Rückgrat der deutschen Wirtschaft“ erwiesen, lobt die Kreditauskunftei Credit­reform. Mittelständischen Unternehmen verzeichneten demnach rezessionsbedingt geringfügigere Herab­stu­fungen der Bonitäten und federten so den Absturz der Volks­wirt­schaft ab. Zwar gab es auch in diesem Segment eine stete Ver­schlech­terung der Bonitätseinschätzungen – so die Creditreform – allerdings sei die Großindustrie erheblich stärker betroffen gewesen.

In der Spitze wurden die Bonitätsnoten der Großunternehmen binnen eines Quartals viermal so stark, nämlich um vier Punkte, heruntergestuft, während kleine und mittlere Unternehmen lediglich eine Verschlechterung um gut einen Zähler hinnehmen mussten. Sowohl die Dimension als auch die Geschwindigkeit der Bonitäts-Erosion erreichte im Mittelstand während des gesamten Krisenzeitraums nicht annähernd das Ausmaß von Großunternehmen. Die höhere Volatilität der Bonitätsnoten von großen Unternehmen hat hier in jüngster Zeit, beginnend mit dem ersten Quartal 2010, aber zu einer leicht stärkeren Verbesserung der Bonitäten geführt. Auf Basis des relativ krisenstabilen Mittelstandes war damit der Boden für den Wiederaufstieg der deutschen Volkswirtschaft bereitet.

Insgesamt aber beträgt der Anteil der Unternehmen, denen eine sehr schwache Bonität bescheinigt wird, derzeit 3,46 %. Das entspricht deutschlandweit etwa 113.000 von 3,3 Millionen Unternehmen, die laut Creditreform als risikoreich eingestuft werden.

Diese Unternehmen weisen eine nur eingeschränkte Widerstandsfähigkeit gegenüber konjunkturellen Schwankungen und Veränderungen der Finanzierungsbedingungen auf. Reißt der wirtschaftliche Aufschwung ab, drohen viele Unternehmen aus dieser Risikogruppe ihre Bonität zu verlieren und insolvent zu werden.

Allerdings muss man auch sehen, dass im Laufe der letzten Monate schon einmal deutlich mehr Unternehmen gefährdet waren: So ist der Anteil der als instabil klassifizierten Firmen gegenüber dem Jahresende 2009 von 115.000 um 1,7 % auf 113.000 leicht gesunken.

Aber deutlich mehr Unternehmen als vor Anbruch der Krise werden mit einer sehr schwachen Bonität bewertet. Im Gleichschritt werden sehr gute und gute Bonitätsbewertungen weniger oft vergeben. So ist die Zahl der Unternehmen, die in die höchste Risikogruppe eingeordnet werden, seit Rezessionsbeginn um 6,4 % gestiegen. Demgegenüber verlor die Klasse mit ausgezeichneter Bonität 14,3 % der Unternehmen.

Ein Auseinanderdriften in ausfallgefährdete und bonitätsstarke Unternehmen zeigt sich deutlich mit dem Übergreifen der Bankenkrise auf die Realwirtschaft in Deutschland: Allein auf dem Höhepunkt der Rezession, im ersten Quartal 2009, schrumpfte die Gruppe der Unternehmen mit einer ausgezeichneten Bonität um 5,4 % gegenüber dem Vorquartal. Gleichzeitig wurden schwache und sehr schwache Bonitätsnoten häufiger erteilt als im Quartal zuvor (+3,9 %). Erst mit der Frühjahrsbelebung des laufenden Jahres beginnt sich dieses Verhältnis wieder umzukehren. Die Zahl der Unternehmen mit schlechter Bonität stieg im zweiten Quartal 2010 nur noch leicht um 0,7 %, sehr gute Bonitätsnoten wurden parallel dazu ebenfalls um 0,7 % eingeschränkt.

Das Hotel- und Gastgewerbe hat unter der krisenbedingten Angst der Deutschen vor Arbeitslosigkeit und Rezession wohl am stärksten gelitten. Der Bonitätsindex der Branche erreicht nur die Note 276 und liegt damit 26 Punkte schlechter als der gesamtwirtschaftliche Durchschnittswert (250 Punkte) und 49 Zähler schlechter als die Note der am besten eingeschätzten Branche – der Chemie- und Pharmaindustrie (227 Punkte).

Wie hoch die Ausfallgefahr in den einzelnen Wirtschaftszweigen ist, wird deutlich am Anteil der Unternehmen, denen lediglich eine sehr schwache Bonität zuerkannt wird. Dieser beträgt im Bereich Gastgewerbe immerhin 8,95 %, gefolgt vom Baugewerbe (4,68 %) und den konsumnahen Diensten (4,66 %). Neben der Wirtschaftskrise machen diesen Wirtschaftszeigen auch strukturelle Schwächen wie Eigenkapitalmangel und hoher Wettbewerbsdruck zu schaffen. Klar schlechter als der gesamtwirtschaftliche Mittelwert von 3,46 % liegen auch die Wirtschaftsbereiche Unternehmensdienstleistungen (3,90 %) sowie Verkehr und Logistik (3,71 %). Deutlich weniger ausfallgefährdet sind demgegenüber die Wirtschaftsbereiche Chemie/Pharma (1,83 %), Elektrotechnik (1,97 %) und Finanzdienstleistungen (2,35 %).

Die unterschiedliche finanzielle Stabilität in den Branchen spiegelt sich am Anteil eigenkapitalschwacher Firmen sowie am Zahlungsverhalten der Unternehmen wider: So weisen vier von zehn Unternehmen des Hotel- und Gastgewerbes (39,7 %) eine Eigenkapitalquote auf, die unterhalb der Marke von 10 % liegt. Im Kfz-Handel gelten 36,3 % der Unternehmen als eigenkapitalschwach, im Baugewerbe 32,9 % und im Transportgewerbe 31,5 %. Finanziell auf festeren Füßen stehen die Bereiche Finanzdienstleistungen und Chemie/Pharma, wo lediglich 13,7 bzw. 16,9 % der Unternehmen zu schwach mit Eigenkapital ausgestattet sind.

Aus den bei Creditreform gesammelten Erfahrungen von Lieferanten, Kreditgebern und Geschäftspartnern zeichnet sich eine Verbesserung der Liquiditätssituation in den deutschen Unternehmen ab. Der Zahlungsverzug lag mit durchschnittlich 12,7 Tagen im zweiten Quartal 2010 um 0,5 Tage unter dem Vorquartalswert. Gegenüber dem ersten Quartal des Krisenjahres 2009 haben sich die Verzögerungen um 1,2 Tage verringert. Baubetriebe (14,3 Tage) und Logistiker (13,1 Tage) benötigen die meiste Zeit, bis offene Zahlungsverpflichtungen ausgeglichen werden. Die Chemiebranche zahlt mit einer mittleren Verzögerung von 10,6 Tagen vergleichsweise schnell.

Das Ergebnis der Untersuchung Die Krise als Stresstest – zur Bonität deutscher Unternehmen, 2010 steht als kostenloser Download im Internet bereit.

(Creditreform / ml)