Fossile Energien: Gas- und Kohlekraftwerke sind unabkömmlich

Die Bundesregierung hat kürzlich ein neues Energiekonzept für Deutschland vorgelegt. Danach soll vor allem der Anteil der Erneu­er­ba­ren Energien an der Stromversorgung deutlich steigen. Trotzdem besteht aber weiter Bedarf an fossilen Kraftwerken – diese Meinung vertreten zumindest die Wissenschaftler des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW). Schließlich müsse der Strom auch fließen, wenn kein Wind weht und die Sonne nicht scheint, so die Kölner Experten.

Außerdem sei eine Modernisierung oder der Neubau von Kohle- und Gaskraftwerken nicht zuletzt auch deshalb notwendig, weil immer mehr bestehende Kraftwerke das Ende ihrer Lebensdauer erreichen, geben die Kölner zu bedenken.

Wie groß der exakte Bedarf an neuen Gas- und Kohlekraftwerken tatsächlich ist, hänge jedoch von vielen Faktoren ab. So spiele die Entwicklung der Stromnachfrage eine wichtige Rolle. Relevant sei aber auch die Frage, aus welchen Quellen der Strom künftig fließen soll. Bleibe es beim Atomausstieg, der die Abschaltung aller 17 deutschen Atomkraftwerke schon bis 2020 vorsieht, stelle sich der Investitionsbedarf für fossile Kraftwerke folgendermaßen dar:

  • Bei einer konstanten Stromnachfrage werden bereits ab 2016 neue Gas- und Kohlekraftwerke als Ersatz für alte Anlagen benötigt.
  • Um den Strombedarf im Jahr 2020 zu decken, wären 15 neue Kohlekraftwerke erforderlich.
  • Bis 2030 müssten sogar 30 neue Kohlekraftwerke in Betrieb sein, damit der Strom jederzeit für alle reicht.

Doch so viele fossile Kraftwerke sind derzeit nicht einmal in der Planung. Die gegenwärtigen Bauvorhaben von Gas- und Kohlekraftwerken können nach Meinung der Experten den Bedarf bis 2020 nur dann decken, wenn die Stromnachfrage in Deutschland deutlich sinkt oder wenn es sowohl zu einer Verlängerung der Laufzeiten von Kernkraftwerken als auch zu einem Rückgang des Stromverbrauchs kommt.

Die notwendigen Kraftwerkskapazitäten dauerhaft bereitzustellen, sei jedoch nicht nur ein langwieriges, sondern auch sehr teures Unterfangen: Werden allein die notwendigen fossilen Kraftwerke gebaut, die bei einem konstanten Strombedarf bis 2030 erforderlich sind, komme man auf ein Investitionsvolumen von 34,7 Milliarden Euro. Bei einem steigenden Bedarf und bei höheren Anforderungen an die Versorgungssicherheit erhöhe sich der zu investierende Betrag bis zum Jahr 2030 sogar auf 43,2 Milliarden Euro.

Beim Bau eines neuen Gas- oder Kohlekraftwerks verschlingen allein Apparate, Maschinen, Elektronik und Leittechnik rund drei Viertel der gesamten Bausumme. Lediglich 10 bis 20 % der Summe müssen für Baumaterialien und Bauleistungen ausgegeben werden. Bei konstanter Stromnachfrage kann die Bauindustrie bis 2030 dennoch mit Aufträgen bis zu 4,2 Milliarden Euro rechnen. Steigt der Strombedarf, könnte die Branche sogar ein Ordervolumen von bis zu 5,2 Milliarden Euro erwarten.

Bis zum Jahr 2020 sind die Zahlen entsprechend niedriger. So sind für die Bau- und Baustoffindustrie Aufträge im Wert von 2,1 Milliarden Euro drin, wenn die Politik am Atomausstieg festhält und der Strombedarf konstant bleibt. Steigt der Energieverbrauch, könnten Bestellungen in Höhe von 2,8 Milliarden Euro realisiert werden. Allerdings sind in dieser Rechnung bereits die im Bau befindlichen Gas- und Kohlekraftwerke enthalten. Ein Teil dieser Bauleistungen ist also bereits erbracht.

Eine Alternative zum Neubau von fossilen Kraftwerken ist die Modernisierung der bereits bestehenden Anlagen. Angesichts der erheblichen Widerstände beim Errichten neuer Gas- und Kohlekraftwerke in Deutschland liege dieser Schritt nahe, so die Kölner Wissenschaftler. Technisch stellt die Modernisierung von Altanlagen auch kein Problem dar – doch die ökonomische Effizienz und die Klimafreundlichkeit moderner Gas- und Kohlekraftwerke kann damit nicht erreicht werden.

(IW Köln / ml)