Mittelstand in Österreich: Konjunktur trotz Wachstum noch unter Vorkrisenniveau

Die Stimmung im österreichischen Mittelstand ist gut. Jeder zweite der knapp 1800 von Creditreform befragten mittelständischen Unternehmer (52,1 %) bezeichnet seine aktuelle Geschäftslage mit gut oder sehr gut. Das ist ein um 16,6 Prozentpunkte höherer Wert als noch im vergangenen Herbst, als 35,5 % der Befragten dieser Meinung waren. Nur noch 9 % der österreichischen Unternehmen bewerten ihre Geschäftslage derzeit mit mangel­haft oder ungenügend (Vorjahr: 16,5 %). Die optimistischere Einschätzung der Ge­schäfts­lage teilen Unternehmen aus allen vier Hauptwirtschaftsbereichen.

Die tatsächliche Lage ist jedoch nicht ganz so gut, wie die Stimmung: Der harte Konjunkturindikator Umsatzentwicklung befindet sich nämlich insgesamt noch auf einem relativ niedrigen Niveau. Zwar erzielten 40,6 % der Befragten im vergangenen halben Jahr Umsatzsteigerungen (Herbst 2009: 33,8 %) und nur noch jeder fünfte mittelständische Betrieb verzeichnet ein Umsatzminus (21,6 %; Vorjahr: 32,3 %). Aber der Anteil der Unternehmen, die in den vergangenen Monaten steigende Gewinne verbuchten, fällt mit 28,0 % lediglich geringfügig höher aus, als der Anteil der Unternehmen, bei denen die Erträge gesunken sind (27,6 %). Der Ertragssaldo erreicht deshalb mit plus 0,4 Punkten nur knapp den positiven Bereich.

Fast jeder vierte Betrieb (23,5 %) stockte in den zurückliegenden sechs Monaten seinen Personalbestand auf. Im Jahr zuvor war dies lediglich bei 17,2 % der Unternehmen der Fall. Nur 13,6 % der Befragten mussten sich seit dem vergangenen Frühjahr von Mitarbeitern trennen, nachdem es bei der letztjährigen Umfrage noch 35,7 % waren. Damit sorgt der Mittelstand in Österreich per saldo für einen positiven Beschäftigungsbeitrag.

Die Erwartungen des Mittelstands sind von Optimismus geprägt: Jedes dritte Unternehmen (34,5 %) rechnet in den kommenden Monaten mit steigenden Umsätzen – im Jahr zuvor waren es nur 21,1 %. Sinkende Umsätze prognostiziert nur jeder Achte (13,1 %, Vorjahr: 25,0 %).

Auch die Ertragsaussichten sind überwiegend positiv: Ein Drittel der Befragten (33,8 %) rechnet damit, in den kommenden Monaten steigende Gewinne zu verbuchen. Von sinkenden Erträgen geht fast jeder Vierte (23,9 %) aus. Der Ertragssaldo fällt mit plus 9,9 Punkten deshalb positiv aus.

Deutlich zurückhaltender äußern sich die Mittelständler hingegen zu ihren Personalplanungen. Insgesamt wollen lediglich 13,3 % der Unternehmen in den kommenden sechs Monaten zusätzliche Mitarbeiter einstellen. Den Personalbestand verkleinern werden aller Voraussicht nach 12,7 % der Unternehmen – d. h., unterm Strich dürfte die Beschäftigtenzahl im Mittelstand kaum wachsen (Saldo: plus 0,6 Punkte).

Dagegen springt die Investitionstätigkeit im Mittelstand langsam wieder an: Mittlerweile ist jeder zweite befragte Unternehmer bereit, in den kommenden Monaten Investitionen durchzuführen (50,7 %) – im Vorjahr waren es 47,5 %.

Dazu trägt auch die gestiegene Zahlungsmoral der Kunden bei. Konnten im vergangenen Jahr nur 58,3 % der Betriebe die fristgerechte Bezahlung der Rechnungen innerhalb von 30 Tagen melden, sind es in diesem Jahr immerhin 60,3 %. Während bei Kunden aus der Privatwirtschaft fast drei Viertel der Befragten (72,2 %) innerhalb eines Monats an ihr Geld kommen, ist dies bei Kunden im öffentlichen Sektor nur bei 42,7 % der Fall. Bis zu drei Monate und länger warten derzeit noch immer 11,3 % der Lieferanten und Leistungserbringer, ehe ihre Forderungen ausgeglichen werden (Vorjahr: 14,1 %).

Der Zugang zu Finanzierungsmitteln ist heute für 45,5 % schwieriger als noch vor einem Jahr. Damit bleibt die Finanzierungssituation für viele Betriebe weiterhin angespannt. Insbesondere für den Dienstleistungssektor (51,2 % der Befragten) hat sich die Unternehmensfinanzierung verschärft.

Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in Österreich entwickelt sich rückläufig: In den ersten drei Quartalen des Jahres wurden mit 4971 Verfahren 6 % weniger Fälle gezählt als in der Vorjahresperiode. Der Rückgang der Firmeninsolvenzen hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab. Neben der starken Binnenmarktfokussierung vieler kleiner und mittlerer Betriebe haben die Inanspruchnahme der Kurzarbeit sowie die staatlichen Konjunkturprogramme zur Stabilisierung beigetragen.

(Creditreform / ml)