Cancún: Das mexikanische Wunder

Am Wochenende ging die Klimakonferenz von Cancún mit einem weltweit in den Medien gefeierten Geniestreich der mexikanischen Außenministerin Patricia Espinosa zu Ende. Aber nicht nur die Medien waren beeindruckt von diesem Erfolg in letzter Sekunde. Auch Klimapolitik-Experte Prof. Dr. Reimund Schwarze vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) ist voll des Lobes: „Mit einem überraschenden diplomatischen Husarenstück ist es der mexikanischen Präsidentschaft auf dem Klimagipfel in Cancún gelungen, ein Rahmenwerk für die Fortschreibung des Kyoto-Protokolls und die Langzeitkooperation von Entwicklungs- und im Klimaschutz durchzubringen.“

Dem Vorschlag Espinosas folgten 193 der insgesamt 194 auf der Konferenz vertretenen Länder. Lediglich das vom sozialistischen Präsidenten Evo Morales regierte Bolivien verweigerte seine Zustimmung. Schwarze warnt allerdings auch, noch seien viele Kompromisse nötig und viele dornige Probleme auf dem Weg zu einem rechtsverbindlichen Abkommen zu lösen. Aber es gab Fortschritte. Nachfolgend eine Liste auf der Basis der Einschätzung des deutschen Klimaexperten.

Zu den Erfolgen von Cancún zählen folgende Vereinbarungen:

  • Die Industrieländer anerkennen die Erkenntnisse des Weltklimarates IPCC, wonach die Treibhausgas-Emissionen bis zum Jahr 2020 um mindestens 25 bis 40 % im Vergleich zu 1990 gesenkt werden müssen.
  • Die freiwilligen Zusagen der Industrieländer im Kopenhagen-Akkord (drei Kernvereinbarungen in der Abschlusserklärung des Kopenhagener Klimagipfels 2009) werden „zur Kenntnis genommen“.
  • Die Industrieländer sind angehalten, ihre CO2-Einsparmaßnahmen aufzustocken, um den Anforderungen des Weltklimarates gerecht zu werden. (Grund: Die freiwilligen Zusagen aus Kopenhagen lassen eine Lücke zu den angestrebten 25 bis 40 % und müssten fast verdoppelt werden).
  • Russland (und andere Länder) können sich ihren Waldzuwachs anrechnen lassen und damit teilweise ihren Emissionsreduktionen erbringen.
  • Das Zwei-Grad-Ziel des Kopenhagen-Übereinkommens wird verankert mit der Option, es im Falle neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse auf 1,5 Grad zu verschärfen.
  • Es soll ein Zeitrahmen entwickelt werden, der aussagt, wann der Peak der CO2-Emissionen erreicht werden soll.
  • Es wird beschlossen, ein Cancún-Rahmenabkommen zur Anpassung an den Klimawandel zu etablieren. Dies sieht vor, dass die Nationen eigene Anpassungspläne für den Klimawandel entwickeln (wie heute bereits in Deutschland). Dafür sind technische und finanzielle Hilfen vorgesehen. Es wird ein Anpassungskomitee unter der Rahmenkonvention eingerichtet, das die technische und finanzielle Unterstützung steuert.
  • Verstärkte Klimaschutzanstrengungen: Die Schwellenländer und die USA nehmen die im Kopenhagen-Akkord niedergelegten freiwilligen CO2-Einsparziele an. Insbesondere die Industrieländer (USA als Nicht-Unterzeichner des Kyoto-Protokolls) sind angehalten, ihre Ziele weiter zu erhöhen, damit der Ausstoß an Treibausgasen konsistent ist mit den Empfehlungen des Weltklimarates. Für die Entwicklungsländer gilt: Es sollen geeignete Einsparmaßnahmen verabschiedet werden, um eine Entkoppelung vom derzeitigen Wachstumstrend der Emissionen zu erreichen. Die Industriestaaten sollen das durch Technologie- und Wissenstransfer sowie Finanzmittel unterstützen.
  • Waldschutz unter Einbeziehung anderer forstwirtschaftlicher Aktivitäten wie die Wiederaufforstung und nachhaltiges Landmanagement (RDD+) wird als Ziel verankert.
  • Bei der Umsetzung der Ziele des Cancún-Übereinkommens sollen nicht nur Marktmechanismen bei der Frage der Umsetzung gewählt werden, sondern auch Fonds.
  • Finanzzusagen: Eine Soforthilfe für die nächsten 3 Jahre von 10 Milliarden pro Jahr soll in einen Fond der Uno mit Priorität für die vom Klimawandel besonders betroffenen Länder fließen. Zusätzlich sollen bis 2020 jährlich insgesamt 100 Milliarden Dollar Finanzhilfe für die Entwicklungsländer bereitgestellt werden.
  • Zur Förderung der Klimaschutz-Techniken soll ein Klimatechnologie-Zentrum aufgebaut werden, um den Transfer von Technologien für den Klimaschutz wirksam unter Führung der Uno umzusetzen.

Das Kopenhagen-Übereinkommen wird nach Ansicht des Helmholtz-Experten durch diese Schritte innerhalb der UNO gefestigt. Damit könnte im kommenden Jahr in Durban eine Verlängerung des Kyoto-Protokolls Wirklichkeit werden, so die abschließende Einschätzung von Prof. Dr. Schwarze.

(UFZ / ml)