Biokraftstoffe: Treibhausgasbilanz schlechter als bisher angenommen

Wie wenige gesicherte Fakten hinter vielen Klimaschutz­dis­kus­sio­nen stecken, kann man derzeit an der Diskussion über den Bio­sprit E10 sehen. Während europäische und nationale Politiker den Bür­gern mit hohem Druck auf das Klimagewissen den Biosprit auf­zwin­gen wollen, warnen viele Umweltschützer und Wissenschaftler vor einer möglicherweise sogar negativen Schadstoffbilanz. Bisherige Betrachtungen weisen nämlich erhebliche Datenlücken bezüglich der schädlichen Emissionen bei der Herstellung des Bioethanols und möglichen Seiteneffekten auf. Das könnte sich mit der neuesten Forschungsarbeit eines Karlsruher Wissenschaftlerteams aber ändern.

Ziel der Karlsruher Umweltforscher war es herauszufinden, ob sich der klimatische Vorteil von Ethanol aus Zuckerrohr vermindert, wenn die Treibhausgasbilanz auch die Emissionen aus dem Anbau berücksichtigt. Und tatsächlich ist es einem Wissenschaftlerteam um Professor Klaus Butterbach-Bahl vom Institut für Meteorologie und Klimaforschung – Atmosphärische Umweltforschung (IMK-IFU) des Karlsruher Instituts für Technologie erstmals gelungen, die wesentlichen Treibhausgasquellen für die Herstellung von Ethanol aus Zuckerrohr zu identifizieren. Auf der Basis ihrer Arbeit formulierte das Team auch gleich Lösungswege zur Reduzierung der schädlichen Emissionen. Ihre Erkenntnisse und Vorschläge wurden jetzt in der Fachzeitschrift Global Change Biology Bioernergy veröffentlicht.

Um die Quellen des Treibhausgas-Ausstoßes zu identifizieren, untersuchten die Forscher unterschiedliche Produktionssysteme, vor allem in den Hauptanbauländern Brasilien und Australien. Dabei entdeckten sie, dass Faktoren wie Landnutzungsänderungen oder Düngemittel den größten Einfluss auf die Emissionen nehmen.

Unterschätzt – so die Forscher – habe man bislang vor allem den Ausstoß von Distickstoffmonoxid (N2O, bzw. Lachgas), das beim Düngen mit Stickstoff entsteht. Die Emissionen lägen hier über dem vom Weltklimarat (IPPC) empfohlenen Wert von 1 % für direkte Bodenemissionen im Zuge der Stickstoffdüngung. „Die Vielfalt der Produktionssysteme und die Unsicherheit im Hinblick auf die Treibhaus-Balance von Bioethanol aus Zuckerrohr zeigen deutlich, dass weitere Messungen notwendig sind, um die Umwelteinflüsse umfassend zu bewerten“, mahnt deshalb Klaus Butterbach-Bahl, Leiter der Abteilung biogeochemische Prozesse am IMK-IFU.

Um künftig möglichst viel Treibhausgas einzusparen, empfiehlt das Wissenschaftlerteam, den Produktionsprozess an allen Stellen zu verbessern. So werden Zuckerrohrfelder derzeit teils noch abgebrannt, um die Ernte zu erleichtern. Eine vollständige Umstellung auf eine mechanische Ernte könnte jedoch die Kohlenstoff- und Stickstoffbindung im Boden erhalten oder sogar erhöhen.

(Karlsruher Institut für Technologie / ml)