Klimawandel: Wärmepulse in der Erdgeschichte häufiger als gedacht

Ist die Klimaerwärmung wirklich eine Folge der Eingriffe des Menschen und wie wirkt sie sich auf unsere Zukunft aus? Eine aktuelle Studie eines Wissenschaftlerteams trägt nun zum tieferen Verständnis der aktuellen Klimaerwärmung und deren Auswirkungen auf die Zukunft bei. An der Stu­die, die demnächst im Wissenschaftsmagazin Nature erschei­nen soll, beteiligten sich Spezialisten der britischen Open University und des Zentrums für Marine Umweltwissen­schaf­ten (MARUM) der Universität Bremen.

Anhand von Bohrkernen aus dem tropischen Atlantik konnte das Wissenschaftlerteam unter Federführung von Dr. Philip Sexton von der Open University zeigen, dass sogenannte Wärmepulse (nach geologischen Maßstäben kurzfristige Wärmeperioden) vor rund 50 Millionen Jahren weitaus häufiger vorkamen als bislang angenommen.

Relativ kurzfristige Phasen, in denen sich das globale Klima ungewöhnlich schnell aufheizte, gab es in der Erdgeschichte immer wieder. Das extremste dieser Ereignisse ereignete sich vor etwa 56 Millionen Jahren, als die Temperaturen global um 5 bis 7 Grad Celsius stiegen. Vermutet wird, dass damals große Mengen an Treibhausgasen aus dem Meeresboden in die Atmosphäre gelangten. Neben dieser Super-Treibhaus-Periode waren bislang für den Zeitraum zwischen 65 und 42 Millionen Jahren vor unserer Zeit nur vereinzelte Erwärmungsereignisse von geringerem Ausmaß bekannt.

Anhand von Bohrkernen, die im Rahmen des internationalen Ocean Drilling Program (ODP) 2003 vor der Nordostküste Südamerikas gewonnen wurden, konnten Sexton und sein Team jetzt zeigen, dass diese Wärmepulse deutlich häufiger auftraten als bislang bekannt. Allein im Zeitraum von 50 bis 47,6 Millionen Jahre vor unserer Zeit zählten die Forscher 13 Ereignisse, die jeweils rund 40.000 Jahre dauerten und in denen sich die Erde um 2 bis 4 Grad Celsius erhitzte, also um jene Temperaturspanne, die auch für unsere Klimazukunft diskutiert wird.

Als Auslöser der Wärmephasen spielte die Freisetzung von Treibhausgasen aus dem Meeresboden in diesen Fällen vermutlich keine Rolle. Dafür liefen die Prozesse zu schnell ab. „Wir denken, dass die zur Erwärmung der Atmosphäre erforderlichen Treibhausgase vermutlich aus den Ozeanen stammen und von diesen auch wieder aufgenommen wurden“, erklärt MARUM-Wissenschaftlerin und Ko-Autorin Dr. Ursula Röhl.

Seit jeher spielt das Weltmeer im Klimageschehen eine entscheidende Rolle. Der heutige Ozean ist ein gewaltiges Kohlenstoff- und Treibhausgas-Reservoir: Er beinhaltet 13-mal so viel Kohlenstoff wie Biosphäre und Atmosphäre zusammen. Zudem nimmt er mehr als ein Drittel des vom Menschen erzeugten Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) auf und dämpft somit den aktuellen Treibhauseffekt. „Mit der Erforschung früherer, natürlicher Klimaerwärmungen wächst unser Wissen über Mechanismen und Prozesse im Klimasystem. Das trägt enorm dazu bei, dass wir die heutige, vom Menschen verursachte Erderwärmung besser verstehen“, sagt Nature-Ko-Autor und MARUM-Wissenschaftler Dr. Thomas Westerhold.

Bei ihrer Studie konnten die Wissenschaftler auf Bohrkerne zurückgreifen, die im Bremer Kernlager des Integrierten Ozean-Bohrprogramms (Integrated Ocean Drilling Program, IODP) am MARUM aufbewahrt werden. Das Bremer Bohrkernlager ist das größte der weltweit drei Bohrkernlager des IODP. Hier lagern bei vier Grad Celsius insgesamt über 140 Kilometer Meeresablagerungen aus dem Atlantik, dem Arktischen Ozean und dem Mittelmeer.

(MARUM / ml)