Ingenieurlücke: 3,3 Milliarden Euro Verlust für die deutsche Wirtschaft

Im Jahr 2010 fehlten dem deutschen Arbeitsmarkt durchschnittlich 36.000 Ingenieure. Das zeigt die aktuelle Studie Ingenieurarbeits­markt 2010/11 – Fachkräfteengpässe trotz Bildungsaufstieg, die der Verein Deutscher Ingenieure (VDI) und das Institut der deut­schen Wirtschaft Köln (IW) heute auf der Hannover Messe präsen­tierten. Dieser Fachkräftemangel blieb nicht folgenlos: Der deut­schen Wirtschaft entgingen dadurch 3,3 Milliarden Euro Wert­schöp­fung. Besorgnis erregt vor allem der permanente Anstieg der Zahl der offenen Ingenieurstellen. Sie ist zwischen Januar und Dezember 2010 um über 50 % angewachsen, während gleichzeitig im Durch­schnitt nur 2,4 % der Ingenieure arbeitslos waren. Das entspricht praktisch einer Vollbeschäftigung.

Eine Besonderheit des Ingenieurberufs lässt laut IW-Geschäftsführer Dr. Hans-Peter Klös allerdings hoffen: Anders als bei Juristen und Medizinern sind die Aufstiegschancen bei Ingenieuren kaum vom Bildungshintergrund des Elternhauses abhängig, denn schon heute sind drei von vier Ingenieuren in Deutschland akademische Bildungsaufsteiger aus nichtakademischen Elternhäusern. Klös hofft deshalb auf Nachwuchskräfte aus weiteren Gesellschaftsschichten: „Dies bedeutet beste Chancen für junge Menschen auf einen gut bezahlten Beruf, egal welchen Bildungshintergrund sie haben.“ Es müssten allerdings noch stärkere Anstrengungen erfolgen, mehr junge Menschen für eine Ingenieur-Karriere zu begeistern, z. B. durch eine weitere Verbesserung der Durchlässigkeit zwischen beruflicher und akademischer Bildung oder zusätzliche ökonomische Anreize.

Immerhin konnten 2009 die Absolventenzahlen in den Ingenieurwissenschaften um 9 % gesteigert werden. Dies reicht aber nicht aus, um die seit 2001 vom VDI und dem IW Köln aufgezeigte Ingenieurlücke zu schließen. Der VDI mahnt seit Jahren ein Umdenken in der Schulpolitik und Unterrichtsgestaltung an und klagt, die Politik handle jedoch nur zögerlich und unabgestimmt. Deshalb fordert der VDI nun mit Nachdruck eine bundeseinheitliche Bildungsstrategie. „Nur durch eine Strategie, in der die technische Bildung integraler Bestandteil unserer Schulbildung ist, wird das Verständnis und die Akzeptanz für Technik größer. Dies ist für eine Industrienation wie Deutschland dringend notwendig“, so VDI-Direktor Dr. Willi Fuchs.

Sollte sich nichts ändern, sieht die Zukunft düster aus. Dann wird nach Berechnungen des VDI und des IW Köln die Ingenieurlücke 2011 weiter ansteigen und wahrscheinlich sogar einen Höchstwert seit Beginn der Berechnungen erreichen.

Die Studie Ingenieurarbeitsmarkt 2010/11 – Fachkräfteengpässe trotz Bildungsaufstieg steht als kostenloser Download im Internet bereit.

(VDI / ml)