Wasserwirtschaft: Pro-Kopf-Verbrauch auf niedrigstem Stand seit 1990

Der Wassergebrauch von Privathaushalten, Industrieunternehmen und Gewerbebetrieben in Deutschland sinkt seit Jahren deutlich. Die Wasserabgabe der Wasserwerke und anderer Versorger an ihre Kunden ist nach Angaben des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) auf den niedrigsten Stand seit der Wiedervereinigung im Jahr 1990 gesunken. Die EU-Kommission will den Verbrauch dennoch weiter absenken. Das aber sei wenig sinnvoll, kritisiert Wulf Abke, Vizepräsident Wasserwirtschaft des BDEW.

Nach Berechnungen des Branchenverbands wurden 2010 an Haushalte, Industrie und Kleingewerbe nur noch 4.5 Milliarden Kubikmeter Wasser geliefert. 1990 lag dieser Wert noch bei 5,9 Milliarden Kubikmetern. Das entspricht einem Rückgang um rund 24 %. Diese Zahlen zeigen nach Meinung Abkes, dass der sorgsame Umgang mit Wasser in Deutschland eine Selbstverständlichkeit ist: „Der natürliche Wasserhaushalt und der Wasserkreislauf, in dem sich unsere wichtigste Ressource ständig erneuert, sind in Deutschland auch dank der nachhaltigen Bewirtschaftungs-Strategien der Wasserversorger vollkommen intakt.“

Wenn die Europäische Kommission jetzt ihre Wasserspar-Strategie für Europa vorantreibe – so Abke kritisch –, sollte sie nicht alle EU-Staaten über einen Kamm scheren, sondern die jeweilige Situation in den einzelnen Ländern berücksichtigen. So werden in Deutschland von den Haushalten und der Industrie nur 17 % der natürlichen Wasservorkommen genutzt, die jährlich durch 188 Milliarden Kubikmeter neues Wasser – z. B. durch Niederschläge – aufgefüllt werden.

Ursache der Kritik Abkes: Die Kommission prüft derzeit im Rahmen eines sogenannten Water Fitness Check die bisherige EU-Politik zur Bekämpfung von Wasserknappheit und Dürre. In diesem Zusammenhang soll die Möglichkeit einer neuen EU-Richtlinie zur Wassereffizienz von Gebäuden geprüft werden. Abke warnt, eine Forderung nach generellen Wassereinsparungen ohne gleichzeitige Berücksichtigung regionaler und örtlicher Gegebenheiten wie Wasserdargebot, Wasserverfügbarkeit und der vorhandenen Infrastruktur werfe neue Probleme auf. Beispielsweise könnten sich Probleme mit der Hygiene und dem reibungslosen Betrieb der wasserwirtschaftlichen Anlagen ergeben, die dann ihrerseits weitere Regelungen erfordern.

Die Entwicklung eines jährlich stärker abnehmenden Pro-Kopf-Gebrauchs und der Rückgang der Wasserabgabe an die Industrie führen schon heute in Deutschland zum Teil zu einer Unternutzung der Infrastruktur und lassen deshalb kaum noch Spielraum nach unten, so der BDEW-Vizepräsident. So müssen in einigen deutschen Städten und Regionen die Trinkwasser- und vor allem Abwasserleitungen bereits intensiv gespült werden, um Ablagerungen und Korrosion sowie hygienische Probleme zu vermeiden. Die vermehrte Spülung stehe aber im Widerspruch zum Ziel, Wasser einzusparen. Hinzu kommt ein steigender Betriebsaufwand und folglich eine zusätzliche Kostenbelastung für den Kunden.

Abke warnt deshalb: „Wassereinsparungen in Ländern mit großen Wasserressourcen und niedrigem Wassergebrauch führen zu keiner Verbesserung der Situation in Mitgliedstaaten mit Wassermangel.“ Die Kommission solle vielmehr die Unterschiede in den Mitgliedsländern durch regional unterschiedliche Regelungen würdigen. Das würde sowohl den Mitgliedstaaten mit Dürreproblemen und Wasserknappheit als auch den Ländern mit ausreichenden Wasserressourcen gerechter.

(BDEW / ml)