SFI-Studie: Anerkennung reduziert das Burnout-Risiko

Geld macht vielleicht nicht glücklich, aber eine leis­tungsgerechte Entlohnung reduziert das Risiko einer arbeitsbedingten Erschöpfung. Letzteres behauptet eine aktuelle Studie, die von Wissenschaftlern der Goethe-Universität und des Sigmund-Freud-Instituts in Frankfurt a.M. sowie der Technischen Universität Chemnitz erarbeitet wurde. Es gehe aber nicht nur um eine angemessene Bezahlung, sondern auch um die soziale Anerkennung für den Arbeitseinsatz, mahnt der Frankfurter Sozialpsy­chologe Prof. Dr. Dr. Rolf Haubl.

Für die Studie wurden 2011 fast 900 Supervisoren der Deutschen Gesellschaft für Supervision (DGSv) befragt, die überwiegend Profit- und Non-Profit-Organisationen im sozialen Bereich wie Krankenhäuser, Schulen, Kinder- und Jugendhilfe beraten. Ihre Erfahrungen zeigen, dass die Arbeitsbedingungen über alle Branchen hinweg die psychische Gesundheit der Beschäftigten gefährden. So schilderte z.B. eine Supervisorin in einem Intensivinterview: „… als ich da hinkam, hatte die Leitungskraft 600 Überstunden. Und alles, was unter 100 war, bedeutet irgendwie, die arbeiten nicht richtig.“

Zur Verminderung eines Burnout-Risikos empfehlen die Studienautoren den Unternehmen z.B. Investitionen in die Organisationskultur. Dazu Sozialpsychologe Haubl, Lehrstuhlinhaber an der Goethe-Universität und Leiter des Sigmund-Freud-Instituts in Frankfurt:

„Neben der leistungsgerechten Belohnung als einflussreichster Faktor kommt es besonders auf das Verhalten und die Einstellung der Vorgesetzten und der Kollegen an: Chefs, die ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht nur als Kostenfaktoren betrachten, sondern als eine Belegschaft mit produktiven Fähigkeiten, die sie nachhaltig zu entwickeln suchen, schützen ebenso vor überfordernden Arbeitsbedingungen, wie Kollegen, die sich halbwegs solidarisch verhalten.“

Die immer wieder geäußerte Meinung, dass Mitarbeiter auf Überforderung mit wachsender Indifferenz gegenüber ihrer Arbeit reagieren, wird – zumindest für Unternehmen und Organisationen im sozialen Bereich – durch die Studie nicht bestätigt. Vielmehr leiden die Mitarbeiter darunter, dass sie wegen des ökonomischen Effizienzdrucks Qualitätsstandards verletzen müssen.

Prof. Dr. Günter G. Voss, Professor für Industrie- und Techniksoziologie an der Technischen Universität Chemnitz und neben Haubl Leiter des Forschungsteams, kritisiert, dass in den meisten Organisationen in den vergangenen Jahren die Arbeitsintensität eindeutig zugenommen hat. So wurden Arbeitsprozesse verdichtet und beschleunigt sowie Nischen beseitigt, während gleichzeitig die Zahl der prekären und befristeten Arbeitsverhältnisse zunahm.

Immer häufiger, so stellten die befragten Supervisoren fest, wird Arbeitnehmern zugemutet, einander widersprechende Anforderungen – wie die zwischen Professionalität und Kosteneinsparung – ohne betriebliche Unterstützung auszuhalten und abzufedern. „Und das führt entweder dazu, sehenden Auges die eigene Gesundheit zu riskieren, um Karrierevorteile zu erlangen, oder es demoralisiert“, so Haubl. „Sollen Arbeitsplätze keine Gesundheitsrisiken sein, wie es die Weltgesundheitsorganisation in der Charta von Ottawa verlangt, bedarf es eines Einstellungswandels, der heute vielerorts noch in weiter Ferne liegt.“

Eine Vorabdarstellung ausgewählter Ergebnisse der Studie steht bereits per PDF-Download kostenfrei im Internet bereit. (Quelle: Goethe-Universität/ml)