Künstliche Intelligenz: Praktische Um­setzungs­hilfen klären be­trieb­liche KI-Fragen

Aus der Perspektive von Arbeits­schutz und Arbeits­sicher­heit hat das Ver­bund­projekt Prä­ven­tion 4.0 die Aus­wir­kun­gen von cyber-physi­schen Syste­men (CPS) auf die Ar­beits­welt un­ter­sucht. Die mit dem Pro­jekt ver­schränkte Of­fen­sive Mit­tel­stand hat nun 79 kon­kre­te Um­setzungs­hilfen vorgelegt.

Mit CPS sind dabei alle in irgendeiner Weise KI-basierten Systeme gemeint, von „smarten“ Geräten bis zu komplett autonomen Fahrzeugen – in der Praxis betrifft das nahezu alles, was mit moderner Automatisierung zu erreichen ist. Praktisch sind die erstens durch ihre klare Gliederung, durch die man etwa unter Punkt 1.4.4 die „Organisation von Wissen in 4.0-Prozessen (Wissensmanagement)“ direkt ansteuern kann, zweitens deshalb, weil es den Autoren gelungen ist, relativ verständlich wichtige Begriffe und Problemstellungen rund um künstliche Intelligenz zu erklären.

Ein Beispiel: Unter Punkt 1.1.5 behandeln die Hilfen „Kriterien zur Erklärbarkeit der 4.0-Technologien“ und benennen eine zentrale Schwierigkeit: dass Menschen meist nicht wissen (können), was im Inneren der KI-Black-Box vorgeht. Speziell Machine-Learning-Systeme arbeiten und entscheiden

„ohne dass Betreiber und Nutzer genau wissen, welche Daten erfasst werden und nach welchen Kriterien beziehungsweise Regeln die Software 4.0 (inkl. KI) lernt oder Entscheidungen trifft oder wie die Daten verwendet werden.“

Die Umsetzungshilfen nennen hierfür fünf Kenntniskriterien: (1) mit welchem Sensor-Input das System arbeitet, (2) wo es Daten ablegt und vorhält, (3) wie es Daten verarbeitet, (4) auf welche Weise es sich selbst weiterentwickelt und lernt sowie (5) wer auf die Daten Zugriff hat und wo sie Verwendung finden. (Klopft man nach diesen Punkten testhalber auch nur die Fitness-Apps ab, mit denen Krankenversicherer ihre Tarife steuern und eine „elektronisch gesteuerte gesunde Lebensweise“ belohnen, ergeben sich interessante Leerstellen.) Dazu listen die Hilfen übersichtlich die Chancen und Risiken zum Thema auf und geben Maßnahmenempfehlungen – in diesem Fall: Informationen einfordern. Quellen und weitere Informationsmöglichkeiten sowie nützliche Querverweise auf verwandte Themen runden die Kapitel ab. Zu ergänzen wäre hier allenfalls die englischsprachige Begrifflichkeit (Explainable AI), die in solchen Tech-Zusammenhängen oft ganz hilfreich ist.

Deutlich wird an diesem Beispiel auch, dass der Fokus auf Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit zwar ein sinnvoller Zugang ist, dass die Arbeitshilfen ihren Wert aber weit darüber hinaus haben. Letztlich sind sie für alle brauchbar, die sich mit der Thematik cyber-physischer Systeme und künstlicher Intelligenz auseinandersetzen wollen oder müssen. Datenschutz und Informationssicherheit finden ebenso Platz wie ethische Fragen, die Kompetenzen von Personal und Führungskräften sowie Ergonomie und natürlich Betriebssicherheit. Die Stoßrichtung fasst Prof. Dr. Sascha Stowasser, Direktor des ifaa-Instituts für angewandte Arbeitswissenschaft, gut zusammen:

„Führungskräfte und Beschäftigte müssen keine IT-Experten werden, um die Chancen und Gefahren von KI erkennen zu können. Sie sollten aber die wesentlichen Gestaltungskriterien kennen“.

Beteiligt sind am BMBF-geförderten und PTKA-betreuten Prävention-4.0-Projekt und den Arbeitshilfen außerdem die BC Forschung, das DGB-Forum Soziale Technikgestaltung, das Institut für Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF), das Institut für Mittelstandsforschung (IfM) Bonn, das Institut für Technik der Betriebsführung (itb) im Deutschen Handwerksinstitut, die Sozialforschungsstelle (sfs) an der TU Dortmund und der Verband für Sicherheit, Gesundheit und Umweltschutz bei der Arbeit (VDSI). Die lesenswerten Umsetzungshilfen Arbeit 4.0 gibt es auf www.offensive-mittelstand.de einzeln und als Gesamt-PDF.