Equal Measures 2030: Frauen mit MINT-Berufen haben es in Deutsch­land schwer

Auf den ersten Blick sieht alles ganz ordentlich aus: Deutschland liegt mit 86,2 Punkten auf Platz 7 des weltweiten Equal-Measures-2030-Reports 2019. Peinlich wird es aber auf Seite 29, wo es um Frauen und MINT geht.

Generell gilt: „Kein Land der Welt hat bei der Gleichstellung der Geschlechter die ‚letzte Meile‘ erreicht.“ 2,8 Milliarden Frauen und Mädchen leben in Ländern, in denen Gleichstellung nicht (< 59 Punkte) oder nur gerade so (< 70 Punkte) gewährleistet ist. Am besten schneiden insgesamt die Skandinavier ab: Dänemark liegt mit 89,3 Punkten ganz vorn, Finnland, Schweden und Norwegen belegen die Plätze 1 bis 4, gefolgt von den Niederlanden sowie Slowenien mit 86,5 Indexpunkten. Der weltweite Durchschnitt der 129 untersuchten Länder liegt bei 65,7 Zählern. Die Equal-Studienautoren heben hervor, dass die Regionen, die am besten für Geschlechtergerechtigkeit sorgen, auch „hinreichend starke öffentliche Dienste und soziale Sicherheitsnetze“ haben. Schließlich ist staatliches Handeln ein wesentlicher Faktor in fast allen Gleichstellungsfragen.

In diesem Punkt hapert es aber hierzulande: Schlecht schneidet Deutschland beim SDG 17 (Sustainable Development Goal) ab, das mit „Partnerships for the goals“ überschrieben ist. Gemeint ist damit die Kooperationsfähigkeit, wenn es darum geht, die inhaltlich bestimmten übrigen 16 Ziele zu erreichen: zusammen statt gegeneinander arbeiten. Zu den Kriterien gehören z.B. Transparenz bei staatlichem Handeln, Wissensaustausch und die Beteiligung der Zivilgesellschaft ebenso wie Steuergerechtigkeit und solidarische soziale Sicherung.

Wirklich finster wird es beim Blick auf den Anteil von Frauen in MINT-Positionen – das englische Kürzel lautet STEM (Science, Technology, Engineering and Mathematics) – mit Fokus auf Europa und die USA. Die Bundesrepublik muss hier geradezu als schlechtes Beispiel herhalten:

„Deutschland […] hat eine im Vergleich zu anderen Ländern der Region relativ niedrige Rate an weiblichen MINT-Absolventen, hat eine der höchsten Raten von Frauen, die von Vollzeit in Teilzeitarbeit oder ganz aus der Wirtschaft fallen, und den größten Gender Pay Gap bei Technologieberufen.“

Frauen in der MINT-Forschung sind einer der großen Ausreißer in der Gender-Statistik, und zwar gleich mit System: Im Durchschnitt sind die zehn Schlusslichter der Gesamtwertung in der MINT-Gleichstellung besser als die zehn insgesamt führenden Länder. Besonders auffällig ist, dass der ehemalige Ostblock stark vertreten ist. Nordmazedonien hat einen Anteil von 54 % Frauen in MINT-Forschungsfeldern, Georgien 51 %, Lettland, Moldawien und Kroatien kommen auf 50 %, Serbien, Bulgarien und Bosnien-Herzegowina liegen bei 48 %, Litauen liegt bei 47 %. Zum Vergleich: Schweden hat einen MINT-Forschungsfrauenanteil von 27 %, Deutschland und Österreich schaffen gerade 23 % – und das trotz MINT-Wettbewerben und -Förderinitiativen, vergleichsweise hohen FuE-Ausgaben und einer entschieden technologisch ausgerichteten Wirtschaft.