Mittelstand: In der Krise helfen KMU-Netz­werke und praktische Beratung

Die europaweite Studie „Building resilience in under-represented entre­preneurs“ hat 2975 kleine und mittlere Unter­nehmen in Paris, Mailand, Madrid London und Frank­furt am Main nach ihrem Um­gang mit Krisen­situationen befragt. Studien­partner des feder­führenden Enter­prise Research Centres in Deutsch­land war das Institut für Mittel­stands­forschung (IfM) Bonn.

Die Ergebnisse des deutschen Teils der europaweiten Studie hatte das IfM bereits im Januar vorgelegt. Die Befragung von 500 KMU im Großraum Frankfurt am Main zeigte z.B., dass migrantengeführte Unternehmen eher in Krisen rutschen, sich aber auch schneller wieder erholen und dass frauengeführte Unternehmen länger brauchen, um wieder aus der Krise zu kommen, und stärker unter der schlechten Zahlungsmoral leiden. Andererseits streben Firmen unter weiblicher oder migrantischer Führung auch öfter sozial und ökologisch ausgerichtete Ziele an, was u.a. dazu führt, dass sie externe Beratungsangebote nur bedingt annehmen, weil sie sie nicht als ihrer Situation angemessen empfinden.

Was die Krisenauslöser betrifft, sitzen die kleinen und mittleren Unternehmen europaweit im selben Boot: „Vor unerwarteten Liquiditätsengpässen ist letztlich niemand gefeit“, kommentiert Dr. Susanne Schlepphorst vom IfM. Es kommt aber durchaus darauf an, ob man sich vom Unterwarteten überraschen lässt oder damit rechnet. Genau darum ging es der Vergleichsstudie: um die Frage, wie sich die Resilienz von KMU verbessern ließe. Hier zeigt sich: Frauen und Migranten „machen sich Sorgen über die falschen Dinge“. Die im Vorfeld der Krise von der Unternehmensleitung identifizierten Risiken entsprechen nicht den tatsächlichen Krisenursachen. Maria Wishart von ERC fasst zusammen:

„Während die meisten der identifizierten Risiken eher firmenintern sind, z.B. Personalprobleme und Krankheit, sind die tatsächlichen Krisenursachen meist auf externe Faktoren zurückzuführen, z.B. Verlust oder Ausfall eines Großkunden und Kostenerhöhungen.“

Hinzu kommt, dass die Geschäftsführung in vielen Fällen schlicht nicht die Zeit und die Nerven für eine gründliche Krisenplanung hat.

Insgesamt steht der Raum Frankfurt im Vergleich mit den anderen Städten etwas besser da. Das könnte an dem relativ hohen Niveau der Beratungsangebote und der engmaschigen Vernetzung von KMU untereinander liegen, aber auch schlicht an der Größe: Mit durchschnittlich 25,6 Beschäftigten sind die befragten Frankfurter Firmen etwa doppelt so groß wie andernorts (11–13,6 Beschäftigte). Allerdings wünschen sich die deutschen Unternehmen mehr schnelle Online-Hilfe, nicht zuletzt von vergleichbaren Firmen, die bereits ähnliche Krisenzeiten durchgestanden haben. Konkret sieht ERC in diesem Punkt die Offensive Mittelstand als plausibles Forum für derartige Unterstützung.

Im Fazit rät die Studie zu passgenauer Unterstützung vor Ort, die jeweils auf die z.T. sehr unterschiedliche Situation zugeschnitten ist. „ Es gibt kein einheitliches Konzept für die Führung eines resilienten KMU“, konstatiert ERC. Neben einer konzentrierteren Krisenplanung, die auch Risikofaktoren mit einbezieht, die sich nicht von selbst nahelegen, rät die Studie vor allem zu starken Netzwerken, die den Austausch unter Gleichgesinnten und den Input von Experten erleichtern. Davon könnten vor allem diejenigen Unternehmen in Krisensituationen profitieren, die bislang wenig geneigt sind, formelle Beratung in Anspruch zu nehmen.

Die komplette (englischsprachige) Studie „Building resilience in under-represented entrepreneurs: A European comparative study“ gibt es bei ERC als freies PDF zum Herunterladen, ebenso eine Kurzzusammenfassung.