Business Analyst: Wer das digitale Geschäft durchschaut

Es ist die Schlüsselfrage der Digitalisierung: Wie lassen sich Business-Prozesse bestmöglich in IT abbilden und optimieren? Wer diese Dolmetscherrolle übernimmt, muss von beiden Welten eine Menge verstehen – und dabei manchmal dem Management beibringen, dass ein neues Geschäftsmodell fällig wäre.

Vermittler zwischen den Welten

Von Friedrich List

Mit der zunehmenden Digitalisierung erwachsen in den verschiedensten Unternehmensbereichen reichlich neue Herausforderungen. Nicht zuletzt müssen sämtliche Geschäftsprozesse digital abgebildet und auf dieser Basis weiter verbessert werden. Business-Analysten übernehmen hier eine wichtige Vermittlerrolle zwischen den verschiedenen Stakeholdern, zwischen Fachabteilungen, Technik und Management. Sie müssen sich in der IT-Welt, aber auch bei den Geschäftsprozessen gut auskennen. Und ab und zu müssen Sie den verantwortlichen Managern dann erklären, dass bestimmte Änderungen am Geschäftsmodell nötig sind.

Wo alle Fäden zusammenlaufen

Business-Analysten sitzen an einer zentralen Schnittstelle im Unternehmen. Sie arbeiten mit der IT, der Geschäftsführung, der Personalabteilung, der Produktion und der Kundenbetreuung gleichermaßen zusammen. Sie sind dafür verantwortlich, dass Projekte reibungslos laufen und entstehende Probleme zeitnah gelöst werden. Dementsprechend vielfältig sind ihre Aufgaben. Sie liefern kontinuierlich Bestandsaufnahmen der aktuellen geschäftlichen Situation. Zu ihrem Verantwortungsbereich gehören auch eine klar verständliche Darstellung anliegender Probleme und das Ausarbeiten von Lösungsstrategien. Dabei berücksichtigen Business-Analysten die Belange und Sichtweisen aller beteiligten Stakeholder.

Sie koordinieren die verschiedenen Abteilungen im Unternehmen so, dass interne und externe Prozesse effektiver werden. Ihre Arbeit ist auf eine Vielzahl an Branchen übertragbar. Wer bereit ist, sich in diese Richtung zu spezialisieren, kann seine Perspektiven am Arbeitsmarkt deutlich verbessern. Aktuell werden Business-Analysten gesucht, die sich mit der Datenauswertung, der Verbesserung des Kundenerlebnisses und der Ressourcenplanung auskennen. Gute Einstellungschancen und Perspektiven bieten Beratungs- und Technologiefirmen, der Online-Handel, Logistik, Finanzdienstleister, Systemhäuser und die Lebenswissenschaften.

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Schwarz auf Weiß
Dieser Beitrag ist zuerst in unserer Magazin­reihe „IT & Karriere“ erschienen. Einen Über­blick mit freien Down­load-Links zu sämt­lichen Einzel­heften be­kommen Sie online im Presse­zentrum des MittelstandsWiki.

Auf Spurensuche im ganzen Betrieb

Business-Analysten sind im gesamten Unternehmen zu Hause. Das beginnt bei der Analyse der Geschäftsanforderungen: Hier gilt es, die Anforderungen an ein Produkt, an ein System oder eine Anwendung zu klären und dokumentieren. Damit diese Anforderungen richtig verstanden und umgesetzt werden, bündeln sie das Feedback von den verschiedenen Abteilungen und halten Verbindung zu den technischen Teams. Sie verwenden dafür Tools wie UML (Unified Modeling Language), EPICS oder User Stories.

  • Datenanalyse: Die Datenanalyse ist eine Kernkompetenz der Business-Analysten. Sie sammeln und interpretieren Daten, aus denen sie Trends und Muster herleiten, die für geschäftliche Entscheidungen wichtig sind. Sie werten Datenquellen aus und kümmern sich um deren Speicherung und weitere Verarbeitung.
  • Prozessanalyse: Business-Analysten nehmen die IT-gesteuerten Geschäftsprozesse im Unternehmen unter die Lupe und spüren Defizite auf. Dabei gehen sie vom Ist-Zustand im Unternehmen aus und liefern einen Überblick der Kompetenzen und Herausforderungen. Auf dieser Basis formulieren sie Verbesserungsvorschläge, um das Unternehmen produktiver und effizienter zu machen.
  • Kommunikation: Der Job des Business-Analysten erfordert es, Verbindung zu allen Projektbeteiligten zu halten und dafür zu sorgen, dass Stakeholder, Techniker und Management jederzeit auf demselben Informationsstand sind. Indem er Rückfragen beantwortet und Missverständnisse klären hilft, unterstützet er die gute Zusammenarbeit aller Projektteams.
  • Projektmanagement: Business-Analysten übermitteln Anforderungen, Lösungsvorschläge und Designentscheidungen und koordinieren dann auch die Umsetzung der Lösungen.

Geschäft und Menschen verstehen

Aus diesen Anforderungen leiten sich die für diesen Beruf erforderlichen Qualifikationen ab. Business-Analysten verfügen idealerweise über ein breites Spektrum von Hard und Soft Skills, wie etwa Empathie und Beratungsfähigkeiten, Teamorientierung, die Bereitschaft, selbstständig zu arbeiten, starke Eigenmotivation, die Fähigkeit, komplexe Diskussionen und Debatten zu moderieren, gute bis exzellente Kommunikation in Wort und Schrift, analytisches Denken und Problemlösungskompetenz, Organisationsgeschick, ein Gespür für Details und schließlich Erfahrungen und Fähigkeiten auf Gebieten wie Stakeholder- und Geschäftsstrukturen-Analyse, Requirement Engineering, Prozessmodellierung und Kosten-Nutzen-Analyse.

Wichtig ist aber vor allem der geschickte Umgang mit Menschen. Ein Business Analyst hört aufmerksam zu, fragt geschickt nach und versucht, die Bedürfnisse und Anliegen von Kunden ebenso wie die der Kollegen zu verstehen. Er dokumentiert die Ergebnisse dieser Gespräche und bereitet das gesammelte Material so auf, dass er später Ansätze für Lösungen ableiten kann. Anschließend bespricht er seine Ergebnisse mit der IT-Abteilung, um die Machbarkeit auszuloten. Wenn das Ergebnis positiv ist und die Geschäftsleitung grünes Licht gibt, arbeitet er dann an der Entwicklung eines neuen Produkts mit, das die erkannten Probleme löst.

Dabei bringen Business-Analysten die Ansprüche der verschiedenen Anwender unter einen Hut und behalten immer den Rahmen im Auge, der vom zur Verfügung stehenden Budget und vom festgelegten Liefertermin gesetzt wird. Am Schluss überprüfen sie das Ergebnis und führen die notwendigen Tests des fertigen Produkts durch. So stellen sie sicher, dass der vorgegebene Qualitätsstandard erreicht wird.

Studium allein reicht nicht aus

Das Arbeitsfeld des Business-Analysten ist noch relativ jung. Deswegen gibt es auch noch keinen spezialisierten Studiengang, der dezidiert auf dieses Arbeitsfeld vorbereitet. Tatsächlich führen verschiedene Wege zum Ziel. Ideal ist ein abgeschlossenes Studium in einem technischen oder wirtschaftsnahen Fach. Das kann ein Bachelor-Studium sein, aber noch besser ist ein Master-Abschluss.

Wer diesen Weg einschlägt, studiert zum Beispiel Informatik, Wirtschaftsinformatik oder Wirtschaftswissenschaften. Auch eine Kombination von Mathematik und Wirtschaftsmathematik ist erfolgversprechend. Weitere Möglichkeiten sind ein Abschluss in Business Administration, ein Managementstudium oder ein Ingenieurstudium. Allerdings reicht das Studium alleine nicht, um als Business Analyst arbeiten zu können. Hier sind zusätzliche Qualifikationen und einige Jahre Berufserfahrung von Vorteil. Wer später in diesem Beruf arbeiten will, kann bereits während des Studiums Praxisluft schnuppern – durch Praktika oder Werkstudentenjobs.

Allerdings kann man auch durch Berufserfahrung und nachgewiesene Zertifizierungen oder als Quereinsteiger in den Job wechseln. Von Vorteil sind dabei Erfahrungen im Marketing und Vertrieb, im Personalwesen, dem Controlling oder ein anderer betriebswirtschaftlicher Hintergrund. Technisches Verständnis und Interesse für wirtschaftliche Zusammenhänge sind auf jeden Fall wichtig. Angehende Business-Analysten sollten mit ERP-Systemen umgehen können, etwas von Analysesprachen und -Tools verstehen und Kenntnisse in UML und SQL mitbringen. Auch Erfahrungen mit SAP und den typischen Office-Anwendungen gehören zum Kompetenzprofil.

Fortlaufende Weiterbildung ist Pflicht

Zudem gibt es Möglichkeiten, sich zusätzlich zum Studium oder während der ersten Berufsjahre weiter zu qualifizieren. Zum Beispiel kann man sich beim International Institute of Business Analysis (IIBA) zertifizieren lassen. Das ist inzwischen auch auf Deutsch möglich. Ein weiterer Abschluss führt zum „Certified Business Analysis Professional“ (CBAP). Er entspricht internationalen Standards und eröffnet auch im Ausland berufliche Perspektiven. Beides erleichtert es jedenfalls, den Einstieg bei internationalen Unternehmen zu finden. Jedoch erfordern beide Zertifizierungen mehrere Jahre Berufserfahrung. Wer gerade sein Examen in der Tasche hat, sollte zunächst einige Jahre im dazu passenden Beruf arbeiten.

Kontinuierliche Weiterbildung ist für Business-Analysten essenziell. Nicht nur die Gegebenheiten am Markt und die Strukturen und Geschäftsmodelle von Unternehmen ändern sich ständig. Auch die verwendete Technik entwickelt sich laufend weiter. Workshops und andere Weiterbildungen helfen dabei, auf dem neuesten Stand zu bleiben und sich gezielt zu spezialisieren. Eine weitere, wenn auch in der Regel aufwendigere Möglichkeit sind natürlich Aufbaustudien neben dem Beruf.

Business Analyse lohnt sich

Die Angaben zu Einstiegsgehältern und der höchsten erreichbaren Gehaltsstufe variieren stark. Die Website campusjaeger.de nennt als durchschnittliches Einstiegsgehalt 45.000 Euro. Das höchste erreichbare Jahresgehalt liegt bei durchschnittlich 70.000 Euro. Dabei hängt das individuelle Gehalt ab von der Firmengröße, der Branche, den Erfahrungen und Qualifikationen sowie der übernommenen Verantwortung. Jahresgehälter von 100.000 Euro liegen durchaus im Bereich des Möglichen.

Stepstone liefert etwas abweichende Zahlen. Laut dieser Karriere-Website liegt das durchschnittliche Jahresgehalt für Business-Analysten bei 55.000 Euro. Das niedrigste Jahresgehalt rangiert bei 46.800 Euro, das höchste bei 65.300 Euro. Aktuell finden sich dort 1066 offene Stellen in verschiedenen Branchen. 132 davon sind Teilzeitstellen.

Die angebotenen Jobs verteilen sich auf das gesamte Bundesgebiet. Unter den Anbietern sind beispielsweise Stepstone selbst, aber auch Behörden und andere öffentliche Institutionen, Immobilienunternehmen, Personaldienstleister, Maschinenbaufirmen, Unternehmensberatungen, Energieerzeuger, Versicherungen, kommunale Wasser- und Energieversorger oder Finanzdienstleister.

Mein Business ist Analyse

Grundsätzlich gilt, dass Gehälter frei verhandelbar sind. Bei entsprechender Leistung lassen sich immer auch höhere Bezüge aushandeln. Zudem ist man in diesem Beruf nicht auf Deutschland beschränkt. Wer verhandlungssicher Englisch spricht, vielleicht sogar eine weitere Sprache beherrscht und bereits im Studium Auslandserfahrungen gesammelt hat, hat gute Chancen, den Sprung ins Ausland zu schaffen.

Der Job des Business-Analysten vereint unterschiedlichste Talente und bietet daher vielfältige Einsatzmöglichkeiten. Zentral ist dabei aber die Lust, mit Menschen zu verhandeln und sie mit fundiertem Wissen von Veränderungen zu überzeugen. Und das ist mehr als nur ein simpler Übersetzerjob.

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Friedrich List ist Journalist und Buch­autor in Hamburg. Seit Anfang des Jahr­hunderts schreibt er über Themen aus Computer­welt und IT, aber auch aus Forschung, Fliegerei und Raum­fahrt, u.a. für Heise-Print- und Online-Publikationen. Für ihn ist SEO genauso interessant wie Alexander Gersts nächster Flug zur Inter­nationalen Raum­station. Außerdem erzählt er auch gerne Geschichten aus seiner Heimatstadt.

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