XFinanz: Wie Fach­verfahren mit XFinanz zusammenspielen

Keine öffent­liche Stelle hat daten­technisch mit so vielen Fach­anwendungen direkt zu kom­muni­zieren wie das Finanz­wesen, egal ob es sich um kom­munale oder staat­liche Be­hörden und Ein­rich­tungen han­delt. Von einem sauberen, XÖV-taug­lichen Standard profitiert daher jede Verwaltung unmittelbar.

Mit Fachanwendungen ist zu rechnen

Von Uwe Lehnert, SAKD

Das zentrale Verfahren mit hohem Datentransfer und großem Standardisierungspotenzial ist das öffentliche Finanzwesen, in dem alle finanzwirksamen Daten gehalten und verarbeitet werden. Diese Daten werden in allen Bereichen der öffentlichen Verwaltung erstellt, verarbeitet oder benötigt und müssen zwischen den beteiligten Verfahren transferiert werden. Das Finanzwesen steht daher mit nahezu jedem anderen öffentlichen Fachverfahren in unmittelbarer Austauschbeziehung.

Synergien im Datenaustausch

Die entwicklungsbedingt sehr heterogene Verfahrenslandschaft in öffentlichen Verwaltungen und die Vielzahl von Fachverfahren mit ihren individuellen Schnittstellen zum Finanzverfahren erschweren allerdings nicht nur eine effiziente und medienbruchfreie Datenübermittlung, sondern führen auch zu erheblichen finanziellen und personellen Belastungen, weil die Schnittstellen entwickelt, gewartet und gepflegt werden müssen. Erhebungen und Erfahrungen zeigen, dass in öffentlichen Verwaltungen bei konsequenter Standardisierung des Austausches von Finanzdaten sowohl deutliche Einsparungen als auch qualitative Verbesserungen der Verwaltungsarbeit möglich sind.

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Datenaustauschbeziehungen mit Xfinanz (Bild: SAKD)

Die Standardisierung des Datenaustausches zwischen Fachverfahren gewinnt daher zunehmend an Bedeutung für die öffentlichen Verwaltungen. Sowohl auf Bundes- und Länderebene als auch in den Kommunalverwaltungen sowie bei den öffentlichen und privaten IT-Dienstleistern wurde diese Notwendigkeit frühzeitig erkannt. Bereits seit einigen Jahren gibt es daher eine Initiative zur Entwicklung eines Datenaustauschstandards für Finanzdaten in öffentlichen Verwaltungen unter koordinierender Leitung der SAKD: XFinanz ist mittlerweile in der Standardisierungslandschaft der XÖV-Standards bundesweit etabliert.

Fachverfahren mit XFinanz

XFinanz ist ein semantischer Standard, der sich speziell mit der inhaltlichen Definition und der fachlichen Beschreibung und den strukturellen Zusammenhängen der Fachdaten beschäftigt, die zwischen den Finanzverfahren und der Vielzahl vor- und nachgelagerter Fachverfahren zu übermitteln sind. Er definiert eine universell einsetzbare, einheitliche Datenstruktur für die Interaktion zwischen kommunalen Fachverfahren und dem Finanzverfahren als zentralem Verfahren zur Haushaltsabbildung. Dabei deckt er sowohl die Anforderungen der Kameralistik als auch des neuen kommunalen Rechnungswesens auf doppischer Basis ab und ist somit in allen Bereichen der öffentlichen Verwaltung zukunftssicher einsetzbar. XFinanz stellt keine technische Schnittstelle dar, sondern enthält ausschließlich einheitlich definierte fachliche Informationen wie zu übermittelnde Elemente (Fachdaten) mit ihren Eigenschaften (Attributen), zulässige Wertebereiche, Abhängigkeiten und Beziehungen zueinander.

Durch ein differenziertes, kontextbezogenes Nachrichtenkonzept ist es möglich, den Standard schrittweise, je nach Anforderungsprofil, zu implementieren. Dabei werden folgende Einsatzszenarien unterstützt: die Übergabe von Anordnungen an das Finanzverfahren (z.B. Leistungen der Jugendhilfe an das Finanzverfahren), der Austausch von Sollstellungs- und Zahlungsdaten (z.B. zwischen Finanzverfahren und Vollstreckungsverfahren in beiden Richtungen), die Übergabe von Adress- und Kontoinformationen, die Übergabe von Informationen zur Anlagenbuchhaltung (z.B. aus der Inventarisierung an die Anlagenbuchhaltung), die Übergabe von Mandatsinformationen zu SEPA-Lastschriften sowie die Übergabe von Buchungsinformationen zur Kosten- und Leistungsrechnung (KLR).

Neben den klassischen Einsatzszenarien zum Datenaustausch zwischen Fachverfahren und HKR-Verfahren unterstützt der Standard seit Version 3.0.0 auch die gesetzlichen SEPA-Anforderungen der Europäischen Union an einen einheitlichen Euro-Zahlungsverkehrsraum (Single Euro Payments Area) sowie den Datenaustausch mit der Anlagenbuchhaltung.

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Uwe Lehnert ist Referent für Standardisierung, E-Government und Prozesse bei der Sächsischen Anstalt für kommunale Datenverarbeitung (SAKD). Er fungiert u.a. als Moderator und Ansprechpartner der Arbeitsgruppe XFinanz, die den XÖV-zertifizierten bundesweiten Inhaltsdatenstandard für den Austausch von finanzrelevanten Daten betreut.


Arbeitsgruppe XFinanz, Sächsische Anstalt für kommunale Datenverarbeitung (SAKD), Bischofstraße 18, 01877 Bischofswerda, Tel.: 035947752-0, sakd@sakd.de www.sakd.de

Geprüft und zertifiziert

Natürlich erfolgt auch im Bereich der Standardisierung des Finanzdatenaustausches mit XFinanz eine kontinuierliche Weiterentwicklung und Anpassung. Die Erfahrungen und Erkenntnisse bei Implementierungsprojekten werden in neuen Versionen eingearbeitet und Probleme bei der Verfahrensanbindung gelöst. Ein Wartungs- und Pflegekonzept und eine klar definierte Aufgabenstruktur in der Verantwortung eines öffentlichen Auftraggebers sichern die Nachhaltigkeit und Verlässlichkeit des Standards.

Bereits zwei XFinanz-Versionen wurden im Auftrag des IT-Planungsrates mit dem Zertifikat zur Bestätigung der XÖV-Konformität versehen. Damit wird dem Standard zum wiederholten Mal bestätigt, dass er den Kriterien der XÖV-Standardisierungsinitiative in vollem Umfang entspricht und er offiziell das Logo „Zertifizierter Standard XÖV“ tragen darf. Die neueste Version 3.1.1 wird ebenfalls der Zertifizierungsstelle zur Prüfung vorgelegt werden. So wird ein kontinuierlicher Qualitätssicherungsprozess umgesetzt und der Standard bleibt verlässlich.

Die Standardversionen werden im XRepository eingestellt und veröffentlicht. Interessierte und Nutzer können sich dort das UML-Modell und die XSD-Dateien herunterladen und für ihre Implementierungen frei verwenden.

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Schwarz auf Weiß
Dieser Bei­trag erschien zuerst in unserer Reihe „Kommunale ITK“ zur CeBIT 2017. Einen Über­blick mit freien Links zu sämt­lichen Einzel­heften bekommen Sie online im Presse­zentrum des MittelstandsWiki.

Vorteile beim Einsatz von XFinanz

Für die öffentlichen Verwaltungen ergibt sich aus einer standardisierten Schnittstelle für den Finanzdatenaustausch eine Reihen von Vorteilen. Erstens macht XFinanz die Verfahrensausschreibungen sicherer: Eine Standardschnittstelle ermöglicht es Verwaltungen, bereits bei der Ausschreibung konkrete Anforderungen an die Verfahrensintegration zu definieren, sodass diese bei nur geringem Anpassungsaufwand möglich ist. Zweitens gewährleistet XFinanz die medienbruchfreie Integration von Fachverfahren ohne großen Programmieraufwand über verschiedene Fachbereiche, auch über Behördengrenzen hinaus. Drittens reduziert sich der Wartungs- und Pflegeaufwand, wenn nicht mehr eine Vielzahl unterschiedlichster und individueller Schnittstellen zu betreuen ist. Dadurch sinken die Kosten für Wartung und Pflege (zum Beispiel bei einem Release-Wechsel) erheblich, und es besteht weniger Abstimmungsbedarf. Viertens wird die Anbindung an externe, zentrale Basiskomponenten (zum Beispiel E-Payment) einfacher, weil verschiedene Verfahren über dieselbe Schnittstelle angebunden werden können. Der fünfte Vorteil ist der Investitionsschutz: Einzelne Fachverfahren, die über eine einheitliche Schnittstelle miteinander gekoppelt sind, werden besser kombinierbar und leichter austauschbar, ohne dass man neue Schnittstellen entwickeln müsste.

Aber auch die Hersteller von kommunalen Fachverfahren können von einem einheitlichen Datenaustauschstandard wie XFinanz profitieren. Für sie ergeben sich zunächst Marktvorteile bei Ausschreibungsverfahren: Durch das Angebot einer standardisierten Schnittstelle ist es den Herstellern möglich, eine vereinfachte und kostengünstigere Verfahrensintegration anzubieten, was die Chancen bei öffentlichen Ausschreibungen steigert. So ist es auch möglich, den Aufwand bei zertifizierten Schnittstellen besser zu verifizieren. Hinzu kommt, dass bei der Verfahrenseinführung nicht mehr verschiedene Individualschnittstellen konzipiert, entwickelt und implementiert werden müssen, was den Aufwand spürbar reduziert. Auch Wartung und Pflege sind dann entsprechend einfacher, denn anders als bisher müssen Hersteller nicht mehr eine Vielzahl unterschiedlicher Kundenschnittstellen betreuen, pflegen und dokumentieren.

XFinanz als einheitlicher Standard für den Austausch finanzwirksamer Daten zwischen Fachverfahren und Finanzverfahren bietet somit allen Beteiligten deutliche Vorteile und Effizienzgewinne. Er ermöglicht die effiziente, zukunftssichere und medienbruchfreie Gestaltung der öffentlichen Verwaltungsprozesse und bietet damit eine gute Grundlage für die Erfüllung der neuen Anforderungen an die öffentlichen Verwaltungen.

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