Arbeiten 4.0: Wer den Weg zum Ar­beits­platz 4.0 einschlägt

Der be­fürch­te­te Rück­gang des Ar­beits­ange­bots durch Digi­ta­li­sie­rung und Auto­ma­tion ist realer denn je. Gleich­zeitig gibt es aber auch ein ge­wal­ti­ges De­fizit an qua­li­fi­zier­ten Fach­kräf­ten, denn der Man­gel an Aka­de­mi­kern in den MINT-Be­rei­chen hat in Deutsch­land ein Re­kord­hoch erreicht.

Der Weg zum Next Generation Workplace

Von Daniel Vollmer und Frank Roth, AppSphere

Der steigende Bedarf an Akademikern und Fachkräften führt in den kommenden Jahren zu einer Verschiebung des Qualifikationsniveaus, denn der Bedarf an geringqualifizierten Arbeitnehmern sinkt. Diese gilt es umzuschulen und in neue, anspruchsvollere Tätigkeiten und Bereiche einzuarbeiten. Nicht zuletzt deshalb schuf das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) mit dem Dialogprozess Arbeiten 4.0 den Rahmen für einen teils öffentlichen, teils fachlichen Austausch, der die sozialen Bedingungen und Spielregeln der künftigen Arbeitsgesellschaft thematisieren soll. Das daraus entstandene Weißbuch Arbeiten 4.0 liefert erste Antworten und Ansätze, wie Gesetzgeber, Politik, Unternehmen, Sozialpartner und auch die Mitarbeiter in den Betrieben die Dinge sinnvoll angehen können.

Arbeitnehmer wünschen Wandel

Große Firmenwagen, hohe Gehälter oder das tolle Büro sind nicht mehr die primären Werte, um gutes Personal zu finden bzw. zu binden. Speziell bei den Nachwuchstalenten verschieben sich die Erwartungen in ganz andere Bereiche. Sie wünschen vielmehr flexible Arbeitszeiten und -orte, moderne Arbeitsmittel, innovative Kommunikations- und Kollaborationstools sowie eine offene Unternehmenskultur.

Viele Unternehmen und Firmeninhaber tun sich mit der Umsetzung dieser Anforderungen noch schwer. Es bedarf nämlich Veränderungen in nahezu allen Bereichen des Unternehmens. Und es erfordert, dass alle Mitarbeiter – auch solche, die bereits jahrelang im Unternehmen sind – bereit sind, diesen Veränderungsprozess mitzugestalten und mitzutragen. Die „Arbeitswelt 4.0“ kommt nicht von alleine und kann auch nicht erzwungen werden.

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Der Weg zum Digital Workplace (Bild: AppSphere AG)

Handlungsfelder der Digitalisierung

Wer sich der digitalen Transformation ganzheitlich nähern will, sollte sie in drei wesentliche Handlungsfelder aufteilen. Beim ersten (Digital Change) geht es im Wesentlichen um die Veränderung der Firmenkultur, der Organisationsstruktur und des Führungsverständnisses. Innovation durch digitale Transformationen in Form von neuen Arbeitsstilen und -werkzeugen muss von der Belegschaft erlebbar und vor allem adaptierbar sein, um wertschöpfend zu werden. Hierzu bedarf es moderner Führungsstile, bei denen Bosse zu Leadern werden und die Unternehmensführung auch mal etwas Neues wie agile Ansätze oder Holokratie verfolgt.

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Handlungsfelder der digitalen Transformation (Bild: AppSphere AG)

Beim zweiten Handlungsfeld (Digital Business Processes) dreht es sich darum, etablierte und teilweise überalterte Geschäftsprozesse auf den Prüfstand zu stellen und sie nach und nach zu digitalisieren, um erhebliche Mehrwerte für Kunden des Unternehmens und das Unternehmen selbst zu generieren. Einige Finanzinstitute etwa führen ihre neue Wettbewerbsstärke eindrucksvoll vor Augen, indem sie es ihren Kunden ermöglichen, Rechnungen per App einzuscannen und dadurch Überweisungen vollautomatisiert ablaufen zu lassen. Bei der Wahl des passenden Instituts entscheiden vor allem junge Kunden nach Komfort und Geschwindigkeit – nicht danach, wie sympathisch der Berater in der 20 km entfernten Filiale auftritt.

Das dritte Handlungsfeld (Digital Workplace) ermöglicht mithilfe neuer IT-Werkzeuge und Arbeitsstile eine sukzessive Steigerung der Mitarbeiterproduktivität. Im Vordergrund stehen hierbei Kollaboration, Kommunikation und Mobilität, die es Arbeitsgruppen, Reisenden und Mitarbeitern mit entgrenzten Arbeitsplätzen ermöglicht, zu jeder Zeit, von jedem Ort und mit jeglichen Gerätetypen auf Daten und Anwendungen zuzugreifen und höchst effizient mit Team-Mitgliedern zusammenzuarbeiten. Bei der Bereitstellung eines modernen Arbeitsplatzes geht es aber nicht nur um die Steigerung der Produktivität, sondern maßgeblich auch um die zukünftige Attraktivität des Unternehmens für rare Fachkräfte.

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Ansatz von AppSphere zum Next Generation Workplace (Bild: AppSphere AG)

Roadmap zum Arbeitsplatz 4.0

Zu Beginn muss das Unternehmen an sich verstanden werden: Welche Stellung will es erreichen und wofür steht es? Welche Kultur und Führung wird gepflegt? Welchen Reifegrad haben die Geschäftsprozesse und die internen administrativen Abläufe und wie werden die unterschiedlichen Anwenderrollen in ihrer Produktivität unterstützt bzw. behindert? Die Beantwortung dieser Fragen schafft Klarheit, deckt akute Lücken auf und identifiziert Optimierungen.

Erst danach wird eine Beurteilung möglich, welche Eigenschaften ein zukunftsorientierter digitaler Arbeitsplatz besitzen oder in welche Richtung sich das Leitbild des Unternehmens und die dazu passende Führungskultur entwickeln muss. Letzteres beeinflusst wiederum, welche Strategie bei der Digitalisierung von Geschäftsprozessen verfolgt werden sollte – wie beispielsweise die Schaffung einer separaten Digitaleinheit, die sich ausschließlich der Digitalisierung der Kernprozesse widmet. Eines ist hierbei klar: Digitalisierung ist Chefsache und die Benennung eines Chief Digital Officers sollte eher früher als später auf der Agenda stehen.

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Schwarz auf Weiß
Dieser Beitrag erschien zuerst in unserer Heise-Beilage „IT- und Technologie­unternehmen stellen sich vor“. Einen Über­blick mit freien Downl­oad-Links zu sämt­lichen Einzel­heften be­kommen Sie online im Presse­zentrum des MittelstandsWiki.

Nun ist es möglich, ein gesamtes oder mehrere einzelne Zielbilder zu entwerfen, die das jeweilige Ziel klar visualisieren und Services oder Handlungsfelder prägnant beschreiben. Münden wird das Ganze sinnvollerweise in ein unternehmensweites Programm, was wiederum klar formuliert und kommuniziert werden muss. Eine dabei erarbeitete Roadmap zeigt die notwendigen Komponenten, die Abhängigkeiten und den zeitlichen Verlauf auf.

Aufbruchsstimmung

Durch den Einbezug aller Stakeholder muss es der Führungsmannschaft schließlich gelingen, alle Mitarbeiter mit auf die Reise zu nehmen – sowohl in den Fachbereichen des Business als auch in der IT-Organisation. Gerade letztere Gruppe sollte verstanden haben, was das Unternehmen zukünftig von der IT erwartet. Doch etwas muss hier bedacht werden: Wird in einem Unternehmen die digitale Transformation lediglich als neuer Modetrend verstanden, dann sieht es mit der weiteren Entwicklung nicht allzu rosig aus. Die Zeit zu zögern und zu zaudern ist also definitiv vorbei.

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