Brandschutz für Rechenzentren: Was Rechen­zentren vom Brand­schutz verlangen

Frankfurt am Main ist eine globale Daten­dreh­scheibe: Der DE-CIX erreicht Spitzen­werte von 6,7 Tera­byte pro Sekunde. Tele­house Deutsch­land unter­hält dort eines der größten Rechen­zentren. Es gelten höchste Sicher­heits­anforderungen, denn auch im Brand­fall müssen die Trans­aktionen un­be­ein­trächtigt ablaufen.

Zweistufige Sauerstoffreduktion

Von Katrin Strübe, Wagner Group

Als Colocation-Anbieter stellt die Telehouse Deutschland GmbH ihren Kunden Rechenzentrumsfläche mit der dazugehören physischen Infrastruktur zur Verfügung. Dazu gehören sämtliche elektrischen und klimatechnischen Komponenten, das Gebäudemanagement, Sicherheit und Brandschutz. Die Kunden, dazu zählen vornehmlich internationale Cloud-Anbieter, Branchenriesen aus dem Bereich E-Commerce und Unterhaltung sowie andere große Dienstleistungs- und Industrieunternehmen, setzen eigene IT-Racks in das Rechenzentrum ein. Und die haben es nicht nur gewichtsmäßig – ein Serverschrank kann bis zu 2 t wiegen – in sich: „Ein Rack kann schon mal eine Million Euro kosten; das ist keine Seltenheit. Aber die Daten, die darauf lagern, sind wiederum ein Vielfaches wert“, erklärt Asko Hamberger, Safety & Security Management bei Telehouse. „Wir haben somit ein größtmögliches Interesse daran, dass unsere Kundenserver 24/7 betriebsbereit sind.“ Und dazu gehört insbesondere auch der individuelle Brandschutz. „Wo viel Technik drin steckt, kann auch immer etwas passieren.“

Klassische Gaslöschtechnik mit Sauerstoffreduzierung

Als vor drei Jahren neue Rechenzentrumsflächen in einem Bestandsgebäude geplant wurden, ließ Telehouse ein eigenes Technikgebäude für die technische Infrastruktur errichten. Das Technikgebäude ist über zwei zentrale Versorgungsflure mit dem Bestandsgebäude verbunden. Die für den Betrieb existenziellen Versorgungsleitungen für Klimatisierung und Stromversorgung liegen in zwei Zwischengeschossen des Gebäudes mit Raumvolumina von 730 und 1700 m³. Das Telehouse-Rechenzentrum verbraucht jährlich etwa so viel Strom wie eine Kleinstadt mit 30.000 Einwohnern.

Und doch, trotz dieser großen Mengen Elektrizität, die von einem in das andere Gebäude fließen, sah das Konzept für das Technikgebäude keinen Brandschutz vor – weder Detektion noch Löschung. Und somit auch nicht für die beiden unternehmensrelevanten Zwischengeschosse. „Aber das ist ein extrem wichtiger Teil unseres Campus. Wenn es hier zu einem Brandereignis kommt, sind die Folgeschäden für uns und unsere Kunden immens“, sagt Hamberger.

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Schwarz auf Weiß
Dieser Beitrag ist zuerst in unserer Magazin­reihe „Rechen­zentren und Infra­struktur“ als Beilage zur iX erschienen. Einen Über­blick mit freien Down­load-Links zu sämt­lichen Einzel­heften bekommen Sie online im Presse­zentrum des MittelstandsWiki.

Telehouse suchte somit aus eigenen Antrieb nach einer passenden Brandschutzlösung für die Zwischengeschosse. Eine aktive Brandvermeidung mittels Sauerstoffreduktion stand zunächst im Raum. Doch: „Eine Brandschutzlösung mit dauerhaft abgesenktem Sauerstoffniveau erschien uns nicht die optimale Lösung zu sein, denn die Begehbarkeit ist dann nur für gesundheitsmedizinisch untersuchtes Personal gegeben“, erklärt Hamberger. Eine Alternative musste her, die darüber hinaus die folgenden Schutzziele abdecken musste:

  • stetige Begehbarkeit (für anstehende Wartungsarbeiten, Reparaturen, Ursachensuche),
  • kein Abschalten der Energieversorgung im Brandfall,
  • zu jeder Zeit gegebener Brandschutz (kein Abschalten der Anlagen bei zum Beispiel Wartungsarbeiten) und
  • hohe Täuschungsalarmsicherheit.

Die Lösung des Problems war ein neuartiger Ansatz: ein zweistufiges Konzept.

Wiederbefüllung vor Ort

Das zweistufige Konzept kombiniert klassische Gaslöschtechnik mit Sauerstoffreduzierung und frühestmöglicher Branddetektion zu einer intelligenten Brandschutzlösung auf höchstem Sicherheitsniveau. Detektieren Ansaugrauchmelder einen Brand im frühesten Entstehungsstadium, wird zunächst das Sauerstoffniveau durch das sanfte Einleiten von Stickstoff aus bevorrateten Druckmittelbehältern von 20,9 auf 17 Vol.-% Sauerstoff abgesenkt. Durch die Reduktion der Sauerstoffkonzentration wird ein deutlich reduziertes Brandverhalten erreicht, sodass im Idealfall der Brand bereits erlischt. Danach hält eine Sauerstoffreduzierungsanlage mittels vor Ort generierten Stickstoffs die abgesenkte Sauerstoffkonzentration beliebig lang auf dem konstanten Niveau von 17 Vol.-%. So können Telehouse-Mitarbeiter bei freier Begehbarkeit des Schutzbereiches nach der Brandursache suchen und diese beheben. Melden die Ansaugrauchmelder weiterhin ein Brandgeschehen, wird die Sauerstoffkonzentration nochmals abgesenkt; dieses Mal auf 13,8 Vol.-%. Auch bei diesem Sauerstofflevel können die Telehouse-Mitarbeiter noch den Schutzbereich zwecks Ursachenbehebung betreten. Auch dieses Level hält die Sauerstoffreduzierungsanlage so lange wie nötig.

Den Nachweis, dass die zweistufige Absenkung bis zum Minimalsauerstoffwert von 13,8 Vol.-% wie geplant funktioniert, haben Probeflutungen erbracht. Dieser Nachweis der Funktionalität kann mithilfe der verbauten Lösung jederzeit wiederholt werden.

Die durch die Probeflutungen entleerten Gaslöschbehälter konnten und können auch in Zukunft vor Ort wiederbefüllt werden. Dafür kommt der Stickstoffgenerator der Sauerstoffreduzierungsanlage zum Einsatz, der das benötigte Inertgas in höchster Reinheit generiert und über einen Hochdruckverdichter in die entleerten Gaslöschbehälter füllt. „Bei der Anzahl unserer Behälter hätten sich die Kosten einer externen Befüllung auf etwa 75.000 Euro belaufen. Da nimmt man keine Probeflutung vor“, erklärt Hamberger. Mit der Lösung der Wiederbefüllung vor Ort fielen bei den Probeflutungen aber weder Extrakosten an, noch musste die Brandschutzanlage dafür ausgeschaltet werden. Maximaler Schutz für die Unternehmenswerte von Telehouse und deren Kunden ist somit zu jeder Zeit gegeben. „Insgesamt eine runde Lösung, die genau unsere Anforderungen erfüllt“, betont Hamberger, der sich übrigens auch privat mit dem Thema Feuer beschäftigt: Er nimmt eine Führungsposition bei der Freiwilligen Feuerwehr seiner Heimatstadt ein.

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Katrin Strübe ist Redakteurin bei der Wagner Group GmbH. Das Unternehmen entwickelt und realisiert seit 1976 technische Brandschutzanlagen und hat sich als innovativer Lösungs- und Systemanbieter international etabliert. Das Produktangebot basiert auf den vier Systemschwerpunkten Branderkennung (TITANUS), Brandvermeidung (OxyReduct), Brandbekämpfung (FirExting) und Gefahrenmanagement (VisuLAN), die auch in IT-Architekturen und Rechenzentren zum Einsatz kommen.


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