KUKA-Datacenter Augsburg: Was Roboter von ihrem Re­chen­zen­trum erwarten

Im Zuge der Digi­tali­sierung hat der inter­natio­nale Ro­bo­tik­spezia­list KUKA seine ge­sam­te IT kon­soli­diert und neu auf­ge­stellt – und in Augs­burg ein neues Re­chen­zentrum ge­baut. Die drei Haupt­anfor­de­run­gen waren durch­aus an­spruchs­voll: Autark und grün sollte es sein. Vor allem je­doch hochverfügbar.

Grünes Rechenzentrum für orange Roboter

Von Simon Federle, Konzept PR

Die KUKA AG ist als einer der führenden Robotikhersteller nicht nur in der eigenen Produktion auf eine zuverlässig funktionierende IT angewiesen, sondern hat für ihre Kunden, Partner und Mitarbeiter auch Vorbildcharakter. Zugleich gelten bei einem innovativen Fertigungsunternehmen, das zu den weltweit wichtigsten Playern der Industrie-4.0-Automatisierung gehört, strengste Sicherheitsvorkehrungen – nicht nur auf den Zugriffsschutz bezogen, sondern auch auf den laufenden Betrieb.

In Augsburg wurde 2015 eine neue Firmenzentrale errichtet. Darin war von Beginn an ein eigenes Rechenzentrum vorgesehen. Dass diese IT-Infrastruktur absolut sicher ausgelegt ist, war Grundbedingung. Denn das Datacenter soll zum einen die besonderen Automationsprozesse, die bei der Herstellung von Robotern erforderlich sind, steuern, zum anderen stellt es vom Hauptsitz in Augsburg aus alle IT-Services und Applikationen für die global verteilten Dependancen bereit. KUKA hat beinahe 40 Niederlassungen weltweit, von den USA über Deutschland bis nach China, rund 12.000 Mitarbeiter und einen Jahresumsatz von über zwei Milliarden Euro. Die Hochverfügbarkeit der Systeme ist daher unabdingbar. Sämtliche Services müssen 24 Stunden am Tag, sechs bis sieben Tage die Woche nutzbar sein. „Downtime für Wartungsarbeiten an der RZ-Infrastruktur ist ein Luxus, den wir uns nicht leisten können“, erklärt Martin Kugelmann, Director Digital Operation Center EMEA Datacenter & Network bei KUKA.

Risikoanalyse und Konzeptstrategie

Im Rahmen der Planung wurden daher im Vorfeld alle technischen Anforderungen und Risikofaktoren für ein sicheres RZ evaluiert, darunter auch der Standort. Selbstverständlich wurden bei der Risikoanalyse gemäß DIN EN 50600 vor Baubeginn auch die Gebäudeanschlüsse der Strom- respektive Kühlwasserversorgung ebenso wie die Netzwerktechnik bewertet. Im Fokus standen bei KUKA redundante Leitungs- und Kabelwege. Die Größe des Rechenzentrums ist bereits so ausgelegt, dass es auch künftige Anforderungen der Digitalisierung und Automatisierung abdecken kann – „obwohl es relativ schwer zu bewerten war, wie viel Platz IT-Komponenten in zehn Jahren beanspruchen werden“, gibt Kugelmann zu.

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Martin Kugelmann ist Director Digital Operation Center EMEA Datacenter & Network bei KUKA. Als weltweit führenden Anbieter von intelligenten Automatisierungslösungen ist KUKA mit Hauptsitz in Augsburg ein maßgeblicher Robotik-Innovator für die Industrie 4.0.


KUKA Aktiengesellschaft, Zugspitzstraße 140, 86165 Augsburg, Tel.: (0821) 797-50, kontakt@kuka.com, www.kuka.com

Um dieser Unbekannten Herr zu werden, skalieren die KUKA-Rechenzentren über moderne Hybrid-Cloud-Lösungen. Der Weg in die Cloud und die Kopplung beider Welten ist dabei von besonderer Bedeutung, denn gerade die globale Verfügbarkeit von Daten und Informationen ist die Basis für ein umfassendes Digitalisierungskonzept, wie es dem international operierenden Anbieter von intelligenten Automatisierungslösungen vorschwebt. Den notwendigen Maßnahmen, um relevante Information auch im Cloud-Zeitalter zu schützen, kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. Unternehmenskritische Informationen und Systeme gibt es bei KUKA eine ganze Menge, von den Prozessdaten und ERP-Systemen bis zu FuE-Vorhaben und Konstruktionsplänen. KUKA hat außerdem parallel zum RZ-Bau eine ganze Reihe strategischer Entscheidungen getroffen, die ebenfalls Auswirkungen auf die Planungen hatten. Dazu gehört beispielsweise die Konsolidierung der gesamten SAP-Lösungen und der entsprechende Einsatz von SAP-HANA-kompatiblem NetApp-Flash-Storage.

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Für den Roboterhersteller KUKA hat die Data Center Group ein hochverfügbares Rechenzentrum in Augsburg gebaut, von der Risikoanalyse und Planung bis zu Wartung und Instandhaltung. (Bild: Data Center Group)

Unterstützung für die Umsetzung

Im nächsten Schritt suchte KUKA dann für die Umsetzung der Theorie in die Praxis einen Partner, der das Rechenzentrumsprojekt gemeinsam mit dem Unternehmen realisieren sollte. Die Vorgaben an das Rechenzentrum orientierten sich am TSI-Level 3 (Trusted Site Infrastructure) des TÜV Nord. Dieser Zertifizierungsstandard fordert mitunter, dass ein Datacenter vollständig redundant ist und keinerlei Wartungsfenster erforderlich sind. Kugelmann: „Vor der Realisierung fiel uns auf, dass unsere Vorstellungen an Sicherheit und Verfügbarkeit nur von einem erfahrenen Fachmann umgesetzt werden können. Die eingereichten Vorschläge gewöhnlicher Baufirmen waren nicht ausreichend, um die geforderte Qualität gewährleisten zu können, da der RZ-Bau nicht ihr Kerngeschäft war.“

Mit der Data Center Group aus Wallmenroth im Westerwald war dieser Partner schließlich gefunden. Das Unternehmen versteht sich als Komplettanbieter für physikalische IT-Infrastrukturen. Zu den Leistungen gehören sowohl die Analyse und Planung kompletter Rechenzentren als auch die schlüsselfertige Errichtung von IT-Standorten sowie anschließende Service- und Instandhaltungsdienstleistungen. Die einzelnen Kompetenzen stellt der Anbieter durch unterschiedliche Geschäftsbereiche dar. So auch bei dieser Kooperation. Konkret begann sie mit der Beratung durch den Geschäftsbereich SECUrisk, ging weiter mit der Realisierung des Rechenzentrums durch proRZ und mündete schließlich in Instandhaltungs- und Wartungsvereinbarungen mit RZservices. Zudem erstellten die Fachleute das Pflichtenheft und begleiteten die Zertifizierung durch den TÜV Saarland.

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Schwarz auf Weiß
Dieser Beitrag erschien zuerst in unserer Magazin­reihe „Rechen­zentren und Infra­struktur“. Einen Über­blick mit freien Down­load-Links zu sämt­lichen Einzel­heften bekommen Sie online im Presse­zentrum des MittelstandsWiki.

Verfügbarkeit und Energieeffizienz

Die erste Anfrage erfolgte im Februar 2014. Im Mai startete dann die Planungsphase. Abgeschlossen war der Bau des neuen Rechenzentrums bereits im Oktober 2015. Das RZ war damit betriebsfertig. Ende des Jahres wurde es dann durch die KUKA bezogen und in Betrieb genommen. Zu der technischen Gebäudeausrüstung zählen InRow Side Cooler, Kalt- und Warmgänge, Racks, PDUs und die Elektrotechnik. Die Kälteerzeugung sowie die redundant ausgelegten USV-Anlagen waren indes bauseitig vorhanden bzw. sind über die TGA (Technische Gebäudeausstattung) zugekauft worden. Für eine redundante Kälteerzeugung sorgen Zuleitungen über Brunnen sowie ein Kältekompressor.

Denn ein weiterer wichtiger Faktor für KUKA war genuin grüne IT. So läuft die Wasserversorgung zur Kälteerzeugung über ein Brunnensystem. Hierfür steht dem Rechenzentrum als Primärversorgung ein Hauptbrunnen zur Verfügung; ein zweiter Brunnen kann zugeschaltet werden; ein dritter bildet die Notversorgung. Sollten die beiden Hauptbrunnen als Wasserversorger ausfallen und der dritte nicht für genügend Leistung sorgen können, wird die Klimatisierung über eine Kältemaschine auf dem Dach gewährleistet. Für den Ausfall wurden verschiedene Lastgänge festgelegt, bei denen im Sinne der Verfügbarkeit immer das Datacenter den Vorrang in der Versorgung erhält. Das heißt: Im Notfall wird als Erstes das RZ über die Kältemaschine versorgt und erst danach sind weitere Abteilungen an der Reihe.

Daher spielen auch das Infrastrukturmanagement und das Monitoring des gesamten Rechenzentrums eine wichtige Rolle. „Wir setzen mehrere Systeme ein“, erklärt Martin Kugelmann. „Zum einen wurden die Hauptstörungen auf die Gebäudeleittechnik aufgelegt. Dadurch können wir kurzfristig reagieren, wenn ein Alarm auftritt. Ein zusätzliches Monitoring unserer Systeme erfolgt durch die IT, welche beispielsweise PDUs, Cooler oder Differenzströme überwacht. Schließlich wird das Personal, das Bereitschaft hat, über unterschiedliche Kanäle erreicht. Sogar wenn das gesamte Datacenter trotz USV schlagartig ausfallen sollte. Das ist aber kaum denkbar, denn auch die Stromversorgung stellen wir selbst. Dazu haben wir zwei Einspeisungen von Netzversorgern sowie ein Netzersatzaggregat mit über 1 MW Leistung. Sie reicht sogar dafür, dass der Netzversorger die Möglichkeit hat, unser Aggregat im Falle eines Stromengpasses für sich zu nutzen. Zusätzlich ist eine Treibstoffbevorratung vorhanden, sodass die Anlage eine Woche völlig autark laufen kann.“

Zertifizierung und Notfallübungen

Das Rechenzentrum ist nun seit Ende 2015 in Betrieb. Die TÜV-Zertifizierung erfolgte aufgrund vieler paralleler IT-Projekte innerhalb des Konzerns erst 2017. So wurde beispielsweise die für KUKA sehr wichtige Videoüberwachung des Datacenters mit der ohnehin geplanten Anschaffung eines neuen Videoüberwachungssystems für das gesamte Werksgelände zusammengelegt. Ebenso wurde die Zertifizierung der IT-Infrastruktur des Rechenzentrums in eine Gesamtzertifizierung der IT nach ISO 27001 (BSI) eingebettet. Bei den Wartungsarbeiten hat sich KUKA für die RZservices der Datacenter Group entschieden.

Der Betrieb an sich läuft seitdem zuverlässig, störungs- und ausfallfrei. Dennoch werden die Redundanzen regelmäßig getestet. „Die Notstromeinspeisung zum Beispiel wird scharf getestet“, erklärt Kugelmann. „Das bedeutet, wir aktivieren nicht einfach das Dieselaggregat, um zu sehen, ob es funktioniert. Sondern wir stellen den Strom ab und prüfen, ob es anspringt und auch längere Zeit den Betrieb aufrechterhalten kann. Nur so können Redundanzen sicher geprüft werden. Auch die Hauptkühlstränge, die doppelt ausgelegt sind, werden regelmäßig von einem Weg zum anderen getauscht.“ Unterm Strich sind die Verantwortlichen zuversichtlich, dass sich das neue Rechenzentrum nicht nur bei Performance, Sicherheit und Verfügbarkeit auszahlt, sondern auch in puncto Effizienz: „Deutliche Energieeinsparungen sind bereits jetzt erkennbar“, sagt Martin Kugelmann.

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