KI-Studium: Welche Hochschulen KI-Studiengänge anbieten

KI gilt als die Zukunftstechnologie schlechthin. Von Intelligenz kann man bei den derzeitigen Maschinen und Routinen zwar kaum sprechen. Studieninteressierten bietet das enorme Entwicklungspotenzial aber die Chance, ein spannendes Technologiefeld aktiv mitzugestalten. Die Politik fördert nach Kräften.

Master in Machine Learning

Von David Schahinian

Die Vereinigten Arabischen Emirate machen es vor: In Abu Dhabi wurde mit der Mohamed bin Zayed University of Artificial Intelligence (MBZUAI) die erste KI-Universität der Welt gegründet. Lange vor dem Start im September 2020 gingen bis zum Jahresende 2019 bereits mehrere tausend Bewerbungen ein. Zum Studienbeginn gibt es Master- und Ph.D.-Programme in den Disziplinen Machine Learning und Computer Vision, 2021 soll Natural Language Processing hinzukommen.

Wer nicht so weit in die Ferne schweifen will, findet in Deutschland zwar (noch) keine KI-Uni, aber zunehmend mehr Studiengänge, die Berufschancen in diesem Feld eröffnen. Zumindest deren Namen klingen teilweise ebenfalls nach großer weiter Welt – wie beispielsweise bei der CyberValley Initiative. In der Region um Stuttgart und Tübingen wird damit ein Zentrum für die Erforschung und Anwendung von KI aufgebaut. Triebfedern sind die beiden Universitäten der Städte, das Land Baden-Württemberg, das Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme sowie Unternehmen wie BMW, Bosch und Daimler.

KI-Cluster und Angebotsspektrum

Das bietet vielfältige Chancen für Studierende: So hat die Universität Tübingen ein Master-Programm zu maschinellem Lernen gestartet. In vier englischsprachigen Semestern werden sowohl die Grundlagen des Fachs als auch Spezialisierungen vermittelt. Doktoranden profitieren von der Nähe zur International Max Planck Research School for Intelligent Systems (IMPRS-IS), die gemeinsam vom Max-Planck-Institut und der Uni betrieben wird. Mit Prof. Dr. Steffen Staab wurde im Februar 2020 zudem ein Experte nach Stuttgart berufen, auf dessen Agenda vorrangig die Gründung eines neuen Instituts für künstliche Intelligenz steht. Im Cyber Valley werden darüber hinaus regelmäßig Veranstaltungen zu KI-Themen organisiert. Gründer können über ein Start-up-Netzwerk Erfahrungen und Tipps austauschen.

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CyberValley-Forschung: Anurag Ranjan, Michael J. Black, Andreas Geiger und Joel Janai vom Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme (MPI-IS) in Tübingen haben 2019 mit „Attacking Optical Flow“ gezeigt, wie empfindlich neuronale Netze – etwa von autonomen Fahrzeugen – gegenüber relativ einfachen statischen Störsignalen sind. (Bild: MPI-IS)

Auch im Süden entsteht derzeit ein KI-Cluster. Das Angebot ist bereits jetzt vielfältig. Die TU München beispielsweise bietet den Master-Studiengang „Robotics, Cognition, Intelligence“ an. Er verknüpft verschiedene Ingenieursdisziplinen wie Maschinenbau und Elektrotechnik mit der Informatik, erstreckt sich über vier Semester und vermittelt theoretische und methodische Grundlagen. Dank diverser Wahlmodule aus verschiedenen Disziplinen kann man den Studiengang an die persönlichen Neigungen anpassen. Partner aus der Industrie sollen den Transfer zwischen Wissenschaft und Praxis sicherstellen.

Thema: Künstliche Intelligenz

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Momentan dreht sich alles um ChatGTP. Für die Zeit davor gibt eine Einführung einen ersten Überblick über den Stand der Technologien, die Fortsetzungen skizzieren praktische Einsatzgebiete für KI, insbesondere in der Industrie. Für den Lebenslauf könnten die Ratgeber zur KI-Studienstrategie bzw. zum KI-Studium (auch in Kombination mit Robotik) sowie zum Berufsbild Machine Learning Engineer und zum KI-Manager nützlich sein.

Extrabeiträge untersuchen, wie erfolgreich Computer Computer hacken, ob und wann Vorbehalte gegen KI begründet sind und warum deshalb die Erklärbarkeit der Ergebnisse (Stichwort: Explainable AI bzw. Erklärbare KI) so wichtig ist. Hierher gehört außerdem der Seitenblick auf Maschinenethik und Münchhausen-Maschinen. Als weitere Aspekte beleuchten wir das Verhältnis von KI und Vorratsdatenspeicherung sowie die Rolle von KI in der IT-Sicherheit (KI-Security), fragen nach, wie Versicherungen mit künstlicher Intelligenz funktionieren, hören uns bei den Münchner KI-Start-ups um und sehen nach, was das AIR-Projekt in Regensburg vorhat. Ein Abstecher führt außerdem zu KI-Unternehmen in Österreich.

Auf der rein technischen Seite gibt es Berichte zu den speziellen Anforderungen an AI Storage und Speicherkonzepte bzw. generell an die IT-Infrastruktur für KI-Anwendungen. Außerdem erklären wir, was es mit AIOps auf sich hat, und im Pressezentrum des MittelstandsWiki gibt es außerdem die komplette KI-Strecke aus dem Heise-Sonderheft c’t innovate 2020 als freies PDF zum Download.

KI-Studiengänge in Deutschland

KI gilt derzeit noch als Hype, da die technologische Entwicklung vorerst weit davon entfernt ist, komplexe menschliche Fähigkeiten tatsächlich zu ersetzen. An einigen Universitäten geht man das Thema nüchterner an. In den Studiengängen ist folglich auch meist nicht von KI, sondern von Data Science oder anderen Disziplinen die Rede. In Hessen findet sich dafür ein gutes Beispiel: An der Hochschule Darmstadt wird ein interdisziplinärer Master-Studiengang „Data Science“ angeboten. Er richtet sich an Studieninteressierte aus den Bereichen Informatik und Mathematik, die sich auf dieses Gebiet spezialisieren wollen. Die Regelstudienzeit beträgt vier Semester.

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Dr. Daniel Rückert wurde 2005 Professor für Visual Information Processing am Imperial College London. 2020 kam er für eine Humboldt-Professur zurück nach Deutschland, als KI-Spezialist an die TU München. (Bild: Astrid Eckert/TUM – Humboldt-Stiftung)

Nicht allzu weit entfernt liegt die TU Darmstadt, die die KI-Forschung stark mit der Kognitionswissenschaft verknüpft. Dafür wurde das Centre for Cognitive Science gegründet, in dem über Fakultätsgrenzen hinweg an der Erforschung von adaptivem, intelligentem Verhalten bei Mensch und Maschine gearbeitet wird. Am Fachbereich Informatik werden unter anderem Studiengänge wie der Master Autonome Systeme angeboten. Ziel ist die vertiefte Vermittlung der im Bachelor-Studiengang erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten zur Entwicklung und Realisierung kognitiver, informationsverarbeitender Systeme.

Data Scientist kann man auch an der TU Chemnitz werden. Der Master-Studiengang, der zum Wintersemester 2018/19 eingeführt wurde, verspricht laut Uni insbesondere im Hinblick auf die Entwicklung des südwestsächsischen Arbeitsmarktes die Aussicht, auch im Chemnitzer Umfeld anspruchsvolle berufliche Tätigkeiten zu finden. Er steht Absolventen sowohl der Mathematik als auch verwandter Fächer offen. Wer den Sprung aus entfernteren Gefilden wagen will, kann nach einer Einzelfallprüfung zugelassen werden.

An der Universität Bielefeld besteht indes die Möglichkeit, Intelligente Systeme zu studieren. Der Studiengang soll dazu befähigen, komplexe kognitive Systeme zu analysieren, zu konzipieren und zu entwickeln. Konkret kommen diese Fähigkeiten vor allem in der Robotik, bei virtuellen Agenten oder in Multimedia- und Web-Informationssystemen zum Einsatz. Für Studienanfänger ist der Bachelor Kognitive Informatik eine gute Voraussetzung, um in der Folge den Master draufzusatteln.

Viele Master-Studiengänge künstlicher Intelligenz setzen zwar auf einem Mathematik- oder Informatikstudium auf. Es gibt jedoch auch Hochschulen, bei denen man sich von Anfang an auf KI konzentrieren kann. Dazu zählt der anwendungsorientierte Bachelor-Studiengang KI an der TH Ingolstadt, der im Wintersemester 2019/20 gestartet ist. In sieben Semestern setzen sich die Studentinnen und Studenten unter anderem mit den notwendigen Fachkompetenzen, aber auch mit ethischen und rechtlichen Fragestellungen beim Einsatz von KI-Systemen auseinander. Der Studiengang kann dual studiert werden, Unterrichtssprache ist Deutsch.

Enger Kontakt zu Forschungsprojekten wird durch das im April 2019 gegründete Artificial Intelligence Network Ingolstadt (AININ) der TH geschaffen, das Partner aus Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft vereint. Die frühe Nähe zu Unternehmen kann vermutlich nicht schaden: Häufig bietet sie die Möglichkeit, die Master-Arbeit in Kooperation mit einer Firma zu schreiben – und damit erste Kontakte zu einem potenziellen späteren Arbeitgeber zu knüpfen.

KI-Weiterbildung für Manager

Außerhalb des universitären Betriebs gibt es weitere Möglichkeiten, KI-Experte zu werden – etwa beim Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI). In Kooperation mit der Bitkom Akademie hat es einen aus fünf Modulen bestehenden Zertifikatslehrgang KI-Manager konzipiert. Zielgruppe sind Entscheidungsträger in Unternehmen, die sich sowohl für strategische als auch für operative Aspekte der Technologie interessieren. Informatikkenntnisse werden nicht vorausgesetzt. Im Vordergrund stehen Themen wie die Veränderung der Unternehmenskultur, Grundlagen maschinellen Lernens sowie Anwendungen in unterschiedlichen Geschäftsfeldern. Der Lehrgang nimmt insgesamt acht Kurstage über einen Zeitraum von rund zweieinhalb Monaten in Anspruch und kostet 5400 Euro für Mitglieder, 500 Euro mehr für Nichtmitglieder.

Auswahl nach KI-Disziplin

Es ist bereits abzusehen, dass das KI-Studienangebot bundesweit noch kräftig ausgebaut wird. So gab die Alexander von Humboldt-Stiftung bekannt, man wolle bis 2024 bis zu 30 zusätzliche Humboldt-Professuren auf dem Gebiet KI besetzen. In Bayern wurde Anfang dieses Jahres ein Wettbewerb zur Einrichtung von 50 KI-Professuren an den Hochschulen des Bundeslandes durchgeführt. 50 weitere KI-Lehrstühle wurden bereits an feste Standorte verteilt.

Das Angebot wächst also schnell, doch bietet bisher noch nicht jede Hochschule entsprechende Studienmöglichkeiten an. Hinzu kommt, dass künstliche Intelligenz sehr viele unterschiedliche Bereiche umfasst. Kein Wunder also, dass einige Universitäten auf bestimmte KI-Teilaspekte fokussieren. Interessenten sollten sich daher zunächst bewusst machen, ob sie beispielsweise eher Roboter programmieren oder an der Spracherkennung arbeiten wollen. Auf dieser Grundlage lassen sich schnell passende Angebote finden – sofern auch ein Studium fernab des eigenen Wohnorts in Betracht gezogen wird. Es muss ja nicht gleich Abu Dhabi sein.

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David Schahinian arbeitet als freier Journalist für Tageszeitungen, Fachverlage, Verbände und Unternehmen. Nach Banklehre und Studium der Germanistik und Anglistik war er zunächst in der Software-Branche und der Medienanalyse tätig. Seit 2010 ist er Freiberufler und schätzt daran besonders, Themen unvoreingenommen, en détail und aus verschiedenen Blickwinkeln ergründen zu können. Schwerpunkte im IT-Bereich sind Personalthemen und Zukunftstechnologien.

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