Laterales Wachstum

In neue Märkte durchstarten

Von Dr. rer. nat. Jürgen Kaack, STZ-Consulting Group

Die meisten Wachstumsstrategien setzen auf ein Wachstum im angestammten Markt, z.B. durch die Entwicklung neuer Produkte oder die Erschließung zusätzlicher Vertriebskanäle. Laterales Wachstum beschreibt dagegen die Projekte, bei denen ein Unternehmen im Rahmen von Wachstumsvorhaben den Schritt mit neuen Produkten in neue Märkte wagt.

Die Chancen liegen dabei in der Realisierung eines schnelleren Wachstums und in der Gewinnung von Unabhängigkeit gegenüber den Konjunkturzyklen im angestammten Markt – sofern die Marktmechanismen tatsächlich unabhängig sind.

Bessere Chancen, höhere Risiken

Die fehlende Erfahrung mit neuen Produkt- und Leistungsangeboten erhöht das Risiko für eine erfolgreiche Umsetzung. Zwar kann man möglicherweise von den Erfahrungen anderer Anbieter profitieren, aber das ist keine Erfolgsgarantie. Auch die Bedienung von neuen Zielgruppen und Märkten birgt ein erhebliches Risikopotenzial.

Wenn die bisherigen Erfahrungen dabei einen hohen Nutzen bringen, dann kann ein laterales Wachstumsvorhaben trotzdem erfolgreich sein. Allerdings ist eine sorgfältige Planung und Vorbereitung unabdingbar. Marktstudien und Zielgruppenanalysen sowie Kundenbefragungen können helfen und die Informationsbasis verbessern.

Die lateralen Wachstumsbemühungen der deutschen Energieversorger Veba, VIAG und EnBW in den 1990er-Jahren mit der Gründung von eigenen Telekommunikationsunternehmen sind Beispiele für Vorhaben, die aus Sicht des Autors eher als erfolglos bezeichnet werden müssen. Die Entwicklung der Preussag zum Touristikunternehmen mit nachfolgender Umfirmierung in TUI zeigt einen erfolgreicheren Ansatz.

Vorausschauend umsetzen

Wenn sich Ideen für ein laterales Wachstum herausbilden und festigen, sollte sehr genau geprüft werden, welche Risiken für das Stammgeschäft entstehen können. Überlegungen zu Worst-Case- und Alternativplanungen sollten auf jeden Fall angestellt werden. Auch sollte ein eindeutiger Meilensteinplan aufgestellt werden, der „Sollbruchstellen“ definiert, an denen ein Vorhaben bei Nichterreichen der abgesteckten Ziele abgebrochen wird. Gerade bei Vorhaben im Bereich lateralem Wachstum gilt der Sinnspruch, dass kein gutes Geld schlechtem hinterhergeworfen werden sollte.

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Schwarz auf Weiß
Eine ausführliche Darstellung zum Thema Wachstum gibt Dr. Jürgen Kaack im Ratgeber „Wachstum nur mit Ziel und nicht um jeden Preis“, den es online im Pressezentrum des MittelstandsWiki gibt.

Um laterales Wachstum abzusichern, können Versuche mit geringem Risiko helfen oder Kooperationen und Partnerschaften mit Unternehmen, die bereits Erfahrungen mit den neuen Produkten oder den Zielgruppen besitzen. Wenn sich diese Schritte als erfolgreich erweisen, kann eine Intensivierung der Aktivitäten erfolgen. Hierbei kann unter Umständen durch ein anorganisches Wachstum, d.h. durch die Übernahme von Unternehmen oder das Eingehen von Joint Ventures eine Beschleunigung erreicht werden. Dabei bringt allerdings die Unternehmensintegration weitere Risiken für einen Erfolg.

Fazit: Zaghaft bringt gar nichts

Laterales Wachstum bietet im Vergleich zu anderen Wachstumsstrategien die größten Chancen für ein schnelles und nachhaltiges Wachstum. Aber es birgt auch die größten Risiken. Wenn ein Misserfolg bei dem Wachstumsvorhaben das Stammgeschäft nicht gefährdet, sollten offensichtliche Chancen durchaus genutzt werden. Allerdings werden habherzig verfolgte Wachstumsvorhaben auch nur in den wenigsten Fällen wirklich erfolgreich. Daher ist es absolut unumgänglich, dass die Wachstumsziele mit Nachdruck verfolgt werden und kleinere Rückschläge von vornherein eingeplant werden.

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