SPS und Heim+Handwerk: Was SPS mit Heim+Handwerk verbindet

Handwerk hat goldenen Boden – auch das digi­tale. Davon können sich Besucher Ende November auf gleich zwei bayeri­schen Messen über­zeugen: Die SPS in Nürn­berg und die Heim+Hand­werk in Mün­chen richten den Blick auf mo­derne tech­no­lo­gische Lösungen, ob in der ver­netzten Pro­duk­tion oder im Smart Home.

Aussteller der Automatisierung

Von David Schahinian

Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit, sagt der Volksmund. Insofern erscheint es richtig, dass der Veranstalter Mesago seiner etablierten Automatisierungsfachmesse einen neuen Anstrich verpasst hat: Aus der SPS IPC Drives in Nürnberg wird mit der 30. Neuauflage die SPS (26.–28. November 2019). In der Branche wurde sie ohnehin schon seit Jahren so genannt. Was bisher für „Speicherprogrammierbare Steuerung“ stand, bedeutet nun „Smart Production Solutions“. Der neue Name soll der digitalen Transformation in der Industrie Rechnung tragen. Die Befürchtungen, dass diese bald in schwieriges Fahrwasser geraten könnte, sind offenbar spurlos an der Messe vorübergegangen: Mit rund 1650 Ausstellern werden 2019 mehr Unternehmen als im Vorjahr erwartet. Damit setzt die SPS auch international Zeichen. 27,6 % der Besucher im vergangenen Jahr kamen aus dem Ausland.

Ein Clou sind die geführten Touren, die die Veranstalter zu bestimmten Themen anbieten. Dazu zählen in diesem Jahr etwa Machine Learning und KI, Industrial Security in der Fertigung und Cloud-Ökosysteme. Im Mittelpunkt sollen dabei praktische Anwendungsbeispiele stehen. Hinzu kommen Gemeinschaftsstände zu „Automation meets IT“ in Halle 6 und zu Sensorik, Mess- und Prüftechnik in Halle 4A. Der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) und der Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI) sind mit Foren in Halle 5 bzw. Halle 6 präsent. Zwei weitere Messeforen sind in den Hallen 3 und 10.1 zu finden. Freunde des 2018 erstmalig durchgeführten Automation Hackathons, bei dem Softwarelösungen für die Automatisierungsbranche in einem Wettbewerb programmiert wurden, müssen sich allerdings gedulden. Das Format hat laut Mesago großen Anklang gefunden, doch aufgrund der intensiven Planungsvorbereitungen steht der Hackathon erst 2020 wieder auf dem Programm.

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„Speicherprogrammierbare Steuerung“ oder „Smart Production Solutions“? Der eingekürzte Messetitel SPS spielt mit der Mehrdeutigkeit. (Bild: Mathias Kutt – Mesago Messe Frankfurt GmbH)

Die insgesamt 17 Hallen der Messe Nürnberg sind nach Schwerpunkten gegliedert; konkret sind das Steuerungstechnik, elektrische Antriebstechnik, Interface-Technik, Bedienen & Beobachten, Sensorik, Software & IT in der Fertigung, mechanische Infrastruktur sowie industrielle Kommunikation. Diese Fokusthemen sich in weitere Teilbereiche auf. Das soll es Besuchern erleichtern, sich trotz des großen Themenangebots schnell eine Orientierung zu verschaffen.

SPS: Sensoren sind das A und O

Was wird zu sehen sein? Zum Beispiel die schwedische Åkerströms-Funkfernsteuerungsfamilie Sesam 800 speziell für industrielle Einsatzumgebungen, mit der TRL Funksysteme aus Hessen anreist. Nomen est omen: Mit der Sesam lassen sich Schranken und Toranlagen öffnen und schließen oder Ventilatoren und Flutlichtsysteme ein- und ausschalten. Die Steuerungen basieren auf Digitaltechnologie und halten laut Hersteller dauerhaft Staub, Feuchtigkeit und Spritzwasser stand. Auch für eine verschlüsselte Datenübertragung kann das System konfiguriert werden.

Die Alarm IT Factory trägt ebenfalls einen klingenden Namen. Die Stuttgarter Software-Schmiede hat sich auf Alarmmanagement und individuelle Softwarelösungen spezialisiert. Ihr Alarm Control Center sorgt für schnelle und direkte Benachrichtigungen: Es überträgt direkt und vollautomatisch Meldungen aus Leit- und Visualisierungssystemen an Smartphones, Pager oder andere Endgeräte. Reagiert der Empfänger nicht innerhalb einer vorgegebenen Zeit, werden die Meldungen umgehend an weitere geschickt. Eine begleitende App steht für iPhone, iPad und Android zur Verfügung.

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Das Alarm Control Center sorgt zuverlässig dafür, dass Warnmeldungen aus der Fertigung nicht im Sand verlaufen – auch nicht bei Schichtwechsel oder wenn der erste Adressat gerade nicht erreichbar ist. (Bild: Alarm IT Factory)

Zu den Messeneuheiten zählt auch ein LCB-Messverstärker der Firma Althen aus dem Taunus; er wandelt das analoge Signal eines DMS-Sensors in ein digitales um und macht das Wiegesystem damit IoT-tauglich. Die Firma aus dem Taunus bringt außerdem den TD-01 Portable mit; das mobile digitale Anzeigegerät wird mit DMS-basierten Sensoren verbunden und kann Eingangssignale als Anzeigewerte, Grafik oder Funktion anzeigen.

Der Messeauftritt von Automation of Things Europe dürfte vor allem für kleinere und mittelständische Unternehmen interessant sein. Das Start-up hat sich zum Ziel gesetzt, die Digitalisierung der Produktion bei genau dieser Zielgruppe zu unterstützen. Im Angebot sind unter anderem Tools zur Programmierung für das Industrial Internet of Things. Insgesamt beschäftigt das Jungunternehmen laut Eigenbeschreibung etwa 20 Experten mit fundiertem Hintergrund in den Bereichen Automatisierung, Bilderkennung, Machine Learning, industrielle Kommunikation und Signalverarbeitung. Partnerschaften bestehen unter anderem mit Phoenix Contact und Qube Solutions.

Informationen, Tickets sowie das Programm und Tipps zur Vorbereitung auf die SPS sind auf der Webseite www.sps-exhibition.com zu finden. Eine Tageskarte kostet 30 Euro, eine Dauerkarte für alle drei Messetage 65 Euro. Schüler und Studenten erhalten Rabatte.
Serie: Messestandorte
Teil 1 geht gleich einmal die Schwergewichte an: Berlin und Hannover, wo IFA und Hannover Messe sich um Aussteller und Besucher bewerben. Und was wird aus der Cebit? Eine Vorschau auf die erste TWENTY2X sagt, was der Nachfolger zunächst vorhatte, ein Update schildert die Neuplanung 2021. Teil 2 blickt nach Bayern, wo die Nürnberger it-sa München ein ordentliches Stück vom IT-Kuchen weggeschnappt hat. In Augsburg könnte die Experience Additive Manufacturing etwas werden, und im Herbst stehen SPS und Heim+Handwerk an. Teil 3 setzt sich ins Auto und besucht die Messezentren Frankfurt am Main und Stuttgart, speziell die TechWeek im November. Teil 4 fährt weiter zur Westfalenhalle und sortiert die Messelandschaft in NRW. Österreich wiederum hat seinen Schwerpunkt klar in Wien, aber auch Innsbruck oder Salzburg bieten interessante Fachmessen und -kongresse. Die Maker Faires wiederum haben ihren Platz im Schwerpunktbeitrag zur Maker-Szene. Als Extras gibt es noch einen Ratgeber Messeplanung für die CES in Las Vegas und eine Analyse der Möglichkeiten virtueller Messen.

Heim + Handwerk: Intelligenz fürs Smart Home

Während sich die SPS eher an Besucher aus der Industrie und verwandten Branchen richtet, wirbt die Heim + Handwerk für sich als „Süddeutschlands größte Messe für Wohnen und Einrichten“. Mehr als 1000 Aussteller präsentieren dort zum einen frische Einrichtungsstile, Live-Vorführungen und Vorträge, ergänzt von Themenflächen wie Tiny Houses oder Design-Start-ups. In einem Aktionsbereich namens Wohntheater präsentieren junge Meister und Gesellen außerdem Polstertechniken, Bodenbeläge und Wandbekleidungen. Das Messeprogramm ist in Schwerpunkte nach Hallen gegliedert: Wohnen und Einrichten, Innen- und Außenausbau sowie Küchenkultur.

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IoT-Ökosystem: Je mehr Smart-Home-Lösungen kompatibel sind, desto besser. Das Raumbediengerät u::Lux Switch dS hat die Salzburger u::Lux GmbH für digitalStrom ausgelegt. (Bild: u::Lux – digitalStrom)

Die allgegenwärtige Digitalisierung zeigt sich hier vor allem in Smart-Home-Lösungen wie jenen von digitalStrom aus der Schweiz. Das Unternehmen bietet ein ganzheitliches Vernetzungskonzept für Gebäudetechnik, Haushaltsgeräte, Heimelektronik und Assistenzsysteme. Gesteuert wird das Ganze über eine herstellerunabhängige Plattform. Auch analoge Geräte wie Leuchten oder Jalousien kann man mittels spezieller Klemmen digitalisieren und über die vorhandene Stromleitung miteinander sowie mit dem Internet vernetzen. Das Future-Living-Modellprojekt in Berlin beispielsweise wird von digitalStrom ausgerüstet. Wesentlich ist, dass hier Gerätehersteller und Serviceanbieter kooperieren, zu den Partnern gehören Traditionsfirmen wie Siemens, Abus oder Schneider Electric (Feller) ebenso wie EnOcean oder DoorBird. Insofern ist digitalStrom ein typisches Beispiel für ein offenes „digitales Ökosystem“.

Apropos öko: ÖkoFEN ist ein Spezialist für Pelletheizungen. Die Produkte des Familienunternehmens können sich Online-Wetterdaten ziehen und entsprechend selbst regulieren. Darüber hinaus ist eine Fernbetreuung durch Handwerker möglich. Bewohner können die Heizung via Smartphone, PC oder Tablet bedienen. Seit vergangenem Jahr gibt es sogar einen entsprechenden Alexa-Skill. Der elektronische Sprachassistent regelt auf Zuruf unter anderem die Raumtemperatur oder ermittelt den Strombedarf des Hauses, sofern die Heizung mit einer Strommessung, einer Fotovoltaikanlage oder einem Batteriesystem gekoppelt ist.

Das 2018 gegründete Start-up Smart Furniture hat sich indes vorgenommen, Möbel und Technologie zusammenzubringen. Mit dem höhenverstellbaren Schreibtisch Eliot ist sein erstes Produkt auf dem Markt: Die Tischhöhe lässt sich stufenlos verstellen. Ein Smart Controller kann die bevorzugten Einstellungen und Steh-Sitz-Gewohnheiten speichern und den Nutzer sogar ans Aufstehen erinnern, wenn dieser das wünscht. Das Kabelmanagement ist so konzipiert, dass nur ein einziges rotes Stromkabel zum Tisch führt. Überschüssige Kabel oder Netzgeräte werden verstaut. Dafür bekamen die Erfinder 2019 den Universal Design Award.

Die Heim + Handwerk findet vom 27. November bis 1. Dezember in sechs Hallen auf dem Messegelände München statt. Karten kosten 15 Euro, Kinder bis zwölf Jahre haben freien Eintritt (für eine kostenfreie Kinderbetreuung ist nach Angaben der Veranstalter gesorgt). Das Ticket berechtigt auch für den Besuch der parallel stattfinden Messe Food & Life.
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David Schahinian arbeitet als freier Journalist für Tageszeitungen, Fachverlage, Verbände und Unternehmen. Nach Banklehre und Studium der Germanistik und Anglistik war er zunächst in der Software-Branche und der Medienanalyse tätig. Seit 2010 ist er Freiberufler und schätzt daran besonders, Themen unvoreingenommen, en détail und aus verschiedenen Blickwinkeln ergründen zu können. Schwerpunkte im IT-Bereich sind Personalthemen und Zukunftstechnologien.

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