Von Thomas Jannot, Chefredakteur MittelstandsBlog.DE
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Open Source und Free Software sind nicht automatisch kostenlos
Wer regelmäßig mit kostenlosen Programmen arbeitet, sollte die Unterschiede zwischen Open Source, Free Software, Freeware und Shareware kennen. Damit die Autoren auch etwas von ihrer Arbeit haben.
Alles fing ganz harmlos an. Schon in den frühen 1980er Jahren gab es tatsächlich kostenlose Programme für Computer, was vor dem Hintergrund der erheblich höheren Preise für PC-Produkte damals für viele Anwender ein Segen war. So genannte Public Domain-Software erfreute sich größter Beliebtheit, hatte aber auch ihre Tücken. Viele Programmierer bauten zunehmend Hürden in ihre Software ein, so dass sie für ihren eigentlichen Zweck kaum brauchbar waren, was am guten Image von Public Domain nagte.
Alternativ entstand die Shareware. Entsprechende Programme waren funktionell zwar eingeschränkt, konnten aber gegen Zahlung eines gegenüber kommerzieller Software vergleichsweise geringen Obolus frei geschaltet werden. Das Kopieren und Weitergeben der Programme war in der Regel ausdrücklich erwünscht und Anwender zahlten bei Gefallen direkt an den Programmierer. Das ging so lange gut, bis immer mehr Firmen auf die Idee kamen, ihre Programme ebenfalls als Shareware zu publizieren. Je teurer die kommerziellen Originale waren, desto stärker waren viele abgespeckte Shareware-Pendants in ihren Funktionen eingeschränkt, so dass man sie bestenfalls als gute Demoprogramme bezeichnen konnte.
Dann kam die Freeware. Mit der Zunahme von bezahlbaren Programmiersprachen entstanden immer mehr Alternativen von wirklich brauchbaren Programmen, die meist ohne jede Einschränkung tatsächlich kostenlos zu haben waren. Manche Programmierer brachten so nicht nur die ausführbare Software unters Volk, sondern legten auch noch den Code bei, in dem die Anwendung Zeile für Zeile programmiert wurde. Andere Programmierer konnten die Software weiterentwickeln, Fehler beseitigen und an spezielle Bedürfnisse anpassen. Dadurch entstanden neue Probleme. Die Urheberrechte waren nicht immer eindeutig geklärt. Was unter privaten Anwendern und Programmierern kein wirkliches Problem war, eskalierte, sobald kommerzielle Interessen ins Spiel kamen. Wieder waren es mehr oder weniger seriöse Firmen, die das System über seine Grenzen hinaus strapazierten.
Um das Problem zu lösen entstand der Begriff Open Source. Einer der bekanntesten Vertreter dieses Genres war die Firma Netscape, die den Code für ihren Internetbrowser aus der Not heraus vollständig offen legte, um der eklatanten Verbreitung des Internet-Explorers Paroli zu bieten. Microsoft hatte das Programm zum festen Bestandteil seines Betriebssystems Windows gemacht, was andere Browser zunächst überflüssig erscheinen lies. Die Marktanteile änderten sich brachial. Es entstand das Mozilla-Projekt, aus dem wiederum der zunehmend populärer werdende Internetbrowser Firefox hervorging, den es für Linux, Mac und Windows gibt.
Auf den ersten Blick mutet Open Source für Windows wie ein Widerspruch in sich an. Schließlich ist der Programmcode des Betriebssystems von Microsoft alles andere als für jedermann offen und frei zugänglich. Im Gegenteil. Das weltgrößte Software-Unternehmen tut alles, um sich kommerziell abzugrenzen und die Preise für eigene Anwendungen hochzuhalten. Das ist verständlich. Schließlich sind milliardenschwere Profite davon abhängig. Und die Jobs vieler Tausend Menschen hängen daran. Aber es gibt dennoch gute Gründe für Open Source-Programme – eben auch für Windows XP.
Ähnlich wie unter Linux können Programmierer Anwendungen schreiben und verbreiten, die sich zum einen auf die offenen Schnittstellen des Betriebssystems stützen, ansonsten aber spezielle Anwendungsprobleme lösen, die sich mit Windows nur die Oberfläche und die Ansteuerung von typischen Ressourcen wie zum Beispiel installierte Hardware teilen. Nicht jeder Linux-Programmierer, der Open Source-Anwendungen für das alternative Betriebssystem schreibt, kennt sich automatisch mit dem Quellcode des so genannten Kernels aus, der das Herzstück einer jeden Linux-Distribution ist.
Aber auch die Open Source Initiative (OSI) hat ein Problem. Die Free Software Foundation kritisiert den Begriff Open Source, weil er in ihren Augen missverständlich ist. Der Begriff Free Software sei wesentlich besser geeignet, weil grundlegende Charaktereigenschaften entsprechender Software klarer formuliert sein sollen. Allerdings kommt auch die Free Software Foundation nicht ohne ergänzende Einschränkung ihres Begriffs für freie Software aus, deren Quellcode im Wesentlichen von jedermann frei zugänglich und veränderbar sein muss: Free Software soll in ihren Augen als „free speech, not free beer“, also wie die freie Rede, nicht aber wie Freibier gesehen werden. Womit wir beim grundlegenden Anliegen beider Arten von Software wären.
Weder Open Source noch Free Software verstehen sich prinzipiell als kostenlose Programmlieferanten. Was beide Initiativen wollen, ist die vollständige Offenlegung und die mit klaren Bedingungen geregelte Weitergabe aller Programmteile einer Open Source- beziehungsweise Free Software-Anwendung, damit sie von jedermann gelesen, verstanden und verändert werden kann. Darüber hinaus kann es durchaus Einschränkungen geben, die unter kombinierten Umständen auch Geld kosten können. Die betreffen in der Regel Firmen, die Produkte beider Initiativen für eigene Zwecke nutzen und unter veränderten Regeln weiterverbreiten wollen, ohne die Gemeinschaft partizipieren zu lassen.
Aus diesem Grund sollten Sie bei der Installation von kostenlos kopierten Programmen die entsprechenden Lizenzbedingungen nicht einfach wegklicken, sondern aufmerksam lesen, was Sie mit der Software anstellen dürfen und was nicht. Zudem hilft es allen Initiativen, wenn Sie sich gelegentlich ihre Websites, www.opensource.org, www.gnu.org und www.fsf.org anschauen und sich für die Arbeit engagierter Programmierer interessieren.