Importierte Inflation erfordert Lohndisziplin

Im seinem aktuellen Konjunkturbericht geht der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) davon aus, dass der aktuelle Anstieg der Inflationsrate überwiegend auf außenwirtschaftliche Faktoren zurückzuführen ist, die vor allem die Energie- und Nahrungsmittelpreise treiben. Für eine derartige „importierte“ Inflation könne es aber keinen Lohnausgleich geben, argumentieren die Bankökonomen. Deshalb müssten sich die Tarifparteien in den derzeitigen Lohnrunden an einer „Kernrate“ der Inflation orientieren und nicht am Anstieg des Verbraucherpreisindex.

Die Experten des BVR verweisen darauf, dass – käme eine Lohn-Preis-Spirale erst einmal in Gang – diese zu einer größeren Belastung für das Wirtschaftswachstum führen könne, als die konjunkturelle Abschwächung in den USA. Die damit verbundenen Zweitrundeneffekte würden nicht nur die Kaufkraft und damit den Konsum der privaten Haushalte schwächen, sondern müssten unweigerlich auch die Europäische Zentralbank auf den Plan rufen und dies in einer Situation, in der sich die konjunkturellen Auftriebskräfte ohnehin abschwächten.

Die Situation fordere der Lohnpolitik daher ein hohes Maß an Disziplin ab, insbesondere angesichts des offensichtlich anhaltenden Anstiegs der Energie- und Nahrungsmittelpreise. Zwar werde dieser Anstieg durch den starken Euro abgemildert, aber bei weitem nicht vollständig kompensiert. So habe der Ölpreisanstieg in Dollar im ersten Quartal 2008 auf Jahressicht 67% betragen. Im gleichen Zeitraum wertete der Euro gegenüber dem Dollar um 14,5% auf und konnte damit lediglich ein Viertel der Ölpreissteigerungen auffangen. Entsprechend legte der Einfuhrpreisindex für Energie- und Energieträger im März 2008 um 35,7% zu.

Trotz der sich weltweit abzeichnenden Verlangsamung des wirtschaftlichen Wachstums werde der von den Energie- und Nahrungsmittelmärkten ausgehende Preisdruck zunächst noch anhalten. Daher rechnet der BVR für die nächsten Monate mit einer Inflationsrate in Deutschland von 3% oder leicht darüber. Erst im vierten Quartal werde die Inflationsrate wieder nachhaltig unter 3% sinken. Aus heutiger Sicht sei daher im Jahresdurchschnitt 2008 eine Inflationsrate von 3% zu erwarten. Im Jahr 2009 würden die Effekte aus der konjunkturellen Abschwächung voll zum Tragen kommen und die Oberhand über den Rohstoffpreisanstieg gewinnen, sodass im nächsten Jahr mit einer Normalisierung der Teuerung auf etwa 2% zu rechnen sei.

Diese Inflationsberuhigung werde aber nur dann eintreten, wenn sich alle Wirtschaftsakteure – Staat, Unternehmen und Tarifpartner – stabilitätskonform verhielten. Insbesondere dürfe es nicht zu einer Lohn-Preis-Spirale kommen. Angesichts der ersten Abschlüsse der laufenden Lohnrunde sei diese Gefahr nicht von der Hand zuweisen, so der BVR. Ohnehin drohe die laufende Lohnrunde die Erfolge der moderaten Lohnpolitik der letzten Jahre aufs Spiel zusetzen. Diese habe aber wesentlich dazu beigetragen, dass Deutschland bei den Lohnkosten international wieder wettbewerbsfähig sei.

Die aktuelle Konjunkturstudie des BVR steht im Internet als Download zur Verfügung.

(BVR/ml)