Automatisierung als Alternative zur Produktionsverlagerung

Die Verlagerung von Produktionslinien in Billiglohnländer und der damit verbundene Abbau von Arbeitsplätzen kann durch Automation verhindert oder zumindest in den Auswirkungen abgemildert werden. Das belegt eine Studie des Fraunhofer Instituts für System- und Innovationsforschung (ISI), die im Auftrag des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI) entstanden und auf dem VDI-Kongress „Automation 2008“ kürzlich vorgestellt wurde.

„Statt Fabriken aus Personalkostengründen auf grünen Wiesen in Niedriglohnländern zu errichten, sollten die Unternehmenschefs zunächst die Potenziale am deutschen Standort vollständig ausnutzen“, forderte Professor Gerald Gerlach, Vorsitzender der VDI/VDE-Gesellschaft Mess- und Automatisierungstechnik (GMA) bei der Vorstellung der Studienergebnisse. „Mit technischen Maßnahmen wie einem höheren Automatisierungsgrad kann die Wettbewerbsfähigkeit gesteigert werden.“

Die Studie zeigt, dass acht von zehn der abwandernden Betriebe Personalkosten als Hauptgrund für eine Verlagerung sehen. „Doch alleine geringere Personalkosten garantieren noch keine vorteilhaften Gesamtkosten“, warnt Dr. Steffen Kinkel vom Fraunhofer Institut ISI. „Die Betreuung vor Ort, Anlaufzeiten bis zur sicheren Produktion und die mangelnde Flexibilität im Ausland werden oft unterschätzt.“ Auf der anderen Seite könne durch technische und organisatorische Prozessinnovationen am deutschen Standort die Produktivität um 20% bis 30% gesteigert werden. Diese Potenziale werden aber bei Standortvergleichen selten berücksichtigt. Ein wesentliches Element solcher Prozessverbesserungen seien Investitionen in die Automatisierungstechnik, mahnt der Fraunhofer-Wissenschaftler.

Wie Unternehmen Standortvorteile konsequent ausnutzen, verdeutlichte auf dem Kongress der mittelständische Automobilzulieferer Alutec. Statt einer Verlagerung ins Ausland setzt das Unternehmen auf Prozessautomatisierung. „Jährlich investieren wir 10% unseres Umsatzes in neue Maschinen und Automatisierungstechnik. Mit zusätzlichen organisatorischen Innovationen konnten die Stückkosten in den letzten acht Jahren um die Hälfte reduziert werden“, schilderte Geschäftsführer Stefan Kretz seine Erfahrungen auf dem Kongress.

Auch die Arbeitnehmer können davon profitieren. Laut Fraunhofer-Expterten bedeutet mehr Automatisierung nicht automatisch, dass Arbeitsplätze abgebaut werden. Untersuchungen der Wissenschaftler zeigen, dass Betriebe, die konsequent neue Automatisierungs- und Produktionstechniken einführen, eine positive Beschäftigungsentwicklung aufweisen. „Kurzfristig negative Rationalisierungseffekte scheinen demnach mittelfristig durch eine verbesserte Wettbewerbsposition überkompensiert zu werden“, beruhigt Kinkel.

Eine zusätzlich vom VDI durchgeführte Umfrage unter Experten stützt dass Ergebnis. Fast jeder Zweite ist demnach der Ansicht, dass durch Automatisierungstechnik Arbeitsplätze in Deutschland gehalten werden. 18% glauben sogar, dass zusätzliche Arbeitsplätze entstehen.

Eine interessante Präsentation von Dr. Steffen Kinkel zum Thema (der auch die Grafik oben entnommen ist) kann online abgerufen werden. (ots/ml)