Mehr freie Ausbildungstellen als unversorgte Bewerber

Erstmals seit sieben Jahren meldet die Bundesagentur für Arbeit (BA) mehr unbesetzte Ausbildungsstellen als Bewerber ohne Ausbildungsplatz. Parallel dazu fand eine weitere Steigerung der Ausbildungsverträge in der Gesamtwirtschaft gegenüber dem Vorjahr um 9200 Verträge (Stichtag 30.9.2008) statt. Das entspricht einer Steigerung um 1,7% auf 539.560 Ausbildungsverträge. Während im Osten Deutschlands ein leichter Bewerberüberhang besteht, gibt es im Westen deutlich weniger Bewerber als offene Ausbildungsplätze.

In Industrie und Handel wurden 343.259 Ausbildungsverträge abgeschlossen, das sind 11.562 mehr als im Vorjahr (+3,5%). Dem steht allerdings ein Rückgang im Handwerk um 2455 Verträge auf 153.081 Ausbildungsverträge gegenüber (-1,6 %). Bei den Freien Berufen wurden 43.220 Verträge abgeschlossen, entsprechend einem leichten Minus von 93 Verträgen (-0,2 %).

Zusammen mit den übrigen Ausbildungsbereichen ist nach Einschätzung der Bundesagentur und des Arbeitgeberverbandes zu erwarten, dass in diesem Jahr das bereits sehr gute Vorjahresergebnis noch übertroffen werden kann.

Die bei der Verlängerung des Ausbildungspaktes im März 2007 noch einmal erhöhten Ziele wurden laut Bundesagentur mit der Einwerbung von 68.300 neuen Ausbildungsplätzen und 42.700 neuen Ausbildungsbetrieben bereits jetzt überschritten. 27.900 Stellen für Einstiegsqualifizierungen sind bereits eingeworben. Das Engagement werde fortgesetzt, so die am Pakt Beteiligten.

Zum Ende des Berufsberatungsjahres 2007/2008 am 30.9. waren bei der Ausbildungsvermittlung noch 19.500 unbesetzte Ausbildungsplätze registriert. Ihnen standen noch 14.500 unversorgte Bewerber gegenüber. Damit ist die Zahl der unbesetzten Ausbildungsplätze erstmals seit 2001 wieder höher als die der unversorgten Bewerber. Das am 30.9.2008 noch gemeldete Ausbildungsstellenangebot übersteigt die Zahl der noch gemeldeten Bewerber um 5000 Stellen.

Nach Auskunft der Bundesagentur darf bei allem Optimismus aber nicht vergessen werden, dass die Dichte der offenen Plätze regional sehr unterschiedlich verteilt ist. In einigen Regionen und Berufen wird es zunehmend schwierig, alle vorhandenen Ausbildungsplätze zu besetzen, in anderen warten immer noch Bewerber auf freie Plätze.

Gerade in Ostdeutschland nahm die Zahl der gemeldeten betrieblichen Ausbildungsstellen zwar relativ stärker zu. Gleichzeitig gab es jedoch – vor allem wegen des Auslaufens des „Ausbildungsplatzprogramms Ost“ – beträchtlich weniger außerbetriebliche Angebote. Die Zahl der Bewerber geht hier bereits seit mehreren Jahren zurück. Ende September gab es daher in der Summe mehr unversorgte Bewerber (4400) als unbesetzte Ausbildungsplätze (2800).

In Westdeutschland gab es hingegen Zuwächse bei betrieblichen und außerbetrieblichen Angeboten; letztere vor allem für Jugendliche mit Migrationshintergrund und so genannte Altbewerber. Die Zahl der Bewerber ging weniger stark zurück als im Osten. Am Ende des Berufsberatungsjahres waren in der Summe weniger unversorgte Bewerber (10.100) als unbesetzte Ausbildungsstellen (16.700) zu verzeichnen.

Die Perspektiven für die Nachvermittlung seien aus Bewerbersicht dennoch insgesamt sehr gut, so die BA: Im Rahmen der Nachvermittlung der noch unversorgten Jugendlichen stünden zum einen noch die unbesetzten Ausbildungsplätze zur Verfügung. Zum anderen könne auch der überwiegende Teil der zugesagten 40.000 Plätze für betriebliche Einstiegsqualifizierungen, die eine erfolgreiche Brücke in betriebliche Ausbildung bilden, noch besetzt werden.

Die Aktivitäten zur Nachvermittlung von Arbeitsagenturen, Arbeitsgemeinschaften und Kammern laufen in einigen Regionen aufgrund einer größeren Zahl unbesetzter Ausbildungsstellen bereits auf Hochtouren: Einladungen zur Nachvermittlung, Kompetenzchecks, Last-Minute-Lehrstellenbörsen, aber auch die Vermittlung in außerbetriebliche Ausbildung oder berufsvorbereitende Maßnahmen. Angesichts der vielen noch unbesetzten Ausbildungsplätze stehe aber die Vermittlung in betriebliche Ausbildung im Vordergrund, beruhigt die BA.

Angesichts des heute – in bestimmten Wirtschaftsbereichen und Berufen – bereits spürbaren Fachkräftemangels sei es erforderlich, zum einen die jugendlichen Migranten stärker in die Ausbildung zu integrieren, zum anderen aber auch die Durchlässigkeit zwischen beruflicher und hochschulischer Bildung zu verbessern. Neben einem offeneren Hochschulzugang für beruflich Qualifizierte müssen Berufserfahrungen auf ein Studium anrechenbar sein, mahnt die BA.

Für die Sicherung des Fachkräftenachwuchses sei es zudem wichtig, die schulische Vorbildung der Jugendlichen zu verbessern sowie den Anteil der Jugendlichen, die die Schule ohne Abschluss verlassen, in den nächsten 5 Jahren zu halbieren. (BA/ml)