Internationale Studie: Soziale Marktwirtschaft half Deutschland in der Krise

Dank der Sozialen Marktwirtschaft ist Deutschland vergleichsweise gut durch die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise der Jahre 2008/2009 gekommen, behauptet eine internationale Studie der Bertelsmann Stiftung über das Krisenmanagement in 14 Staaten. Ihr zufolge wirkten die sozialen Sicherungssysteme stabilisierend. Noch besser als die Bundesrepublik und andere Industriestaaten kamen allerdings die meisten Schwellenländer mit der Krise zurecht. Sie hatten laut Studie aus früheren Wirtschaftskrisen die richtigen Lehren gezogen und waren daher besser vorbereitet. Die Krise beschleunigte demzufolge den Aufstieg einer Reihe von großen Schwellenländern und den relativen Niedergang westlicher Ökonomien.

Der Studie zufolge hat die Bundesregierung – verglichen mit dem Krisenmanagement u. a. in Großbritannien und in den USA – staatliche Eingriffe erst spät vorgenommen und vorher in erster Linie vorhandene Mittel im Rahmen der Sozialversicherung wirken lassen. Während die Bevölkerung anfangs eher unzufrieden mit der Krisenreaktion der Bundesregierung war, zeigte sich im weiteren Verlauf eine wachsende Zustimmung. „Man kann also sagen, dass in Deutschland die soziale Marktwirtschaft und die Sozialversicherung im Besonderen als eine Art Stoßdämpfer funktioniert haben“, resümiert Dr. Gunter Thielen, Vorstandsvorsitzender der Bertelsmann Stiftung.

Einrichtungen wie Kurzarbeit oder Arbeitszeitkonten, die zu Beginn der Krise bereits existierten und nur marginal angepasst werden mussten, erwiesen sich für Deutschland als klarer Vorteil gegenüber anderen Ländern und als eine neue Form von automatisch wirkenden Stabilisatoren. Deutschland diene deshalb inzwischen weltweit als gutes Beispiel, lobt Thielen: „Immer wieder wird in anderen Ländern diskutiert, inwieweit diese Regelungen übernommen werden könnten, um die unmittelbaren Folgen von Krisen abzumildern.“

Am erfolgreichsten bei der Bewältigung der Krise erwiesen sich allerdings die Schwellenländer. Die Studie zeigt, wie die sogenannten Emerging Markets (aufstrebende Märkte) konsequent ihre Lehren aus vorangegangenen Krisen wie der Asienkrise des Jahres 1997/98 gezogen haben. Sie konsolidierten systematisch ihre Haushalte und setzten institutionelle Reformen der Finanzmärkte und des Bankenwesens durch. Eine solide Finanzlage gab ihren Regierungen daher im Herbst 2008 ausreichend Handlungsspielraum für Konjunkturmaßnahmen und sorgte so dafür, dass die Staatsverschuldung nicht ausuferte. Die regulierten Finanzmärkte waren größtenteils schockresistenter und die Banken hielten kaum toxische Papiere.

Im Jahr zwei nach dem Ausbruch der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise sind es aufstrebende Volkswirtschaften wie China, Indien oder Brasilien, die derzeit die Weltkonjunktur beleben und sich in wichtigen Parametern von den etablierten westlichen Industrienationen unterscheiden: durch solide Wachstumszahlen, geringe Schulden, eine sich erholende Binnenkonjunktur und ein stabiles Banken- und Finanzsystem.

Mit Blick auf die vielbemühte Forderung nach mehr internationaler Abstimmung kommt die Studie zu einem ernüchternden Ergebnis. Dr. Hauke Hartmann, Projektleiter der Bertelsmann Stiftung: „Anstatt auf eine erstmals von den westlichen Industrienationen ausgelösten weltweiten Krise mit einer Stärkung von Global Governance zu reagieren, fanden Krisenmanagement und Konjunkturmaßnahmen primär auf nationalstaatlicher Ebene statt.“

Die Studie Managing the Crisis – A Comparative Analysis of Economic Governance in 14 Countries steht in (englischsprachigen) Einzelausgaben für jedes der untersuchten Länder als kostenloser Download zur Verfügung. Die (deutschsprachige) Ausgabe mit der Analyse für Deutschland kann hier heruntergeladen werden.

(Bertelsmann Stiftung/ml)