Das Ziel der Bundesregierung, die deutschen CO2-Emissionen bis zum Jahr 2020 um 40 % gegenüber 1990 zu reduzieren, sei unter der gegenwärtigen umweltpolitischen Gesetzeslage nicht zu erreichen, glaubt die große Mehrheit der rund 200 Energiemarktexperten, die vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) im Rahmen des aktuellen Energiemarktbarometers befragt wurden. Nur 26 % der Experten gehen davon aus, dass ein Reduktionsziel von 40 % bis zum Jahr 2020 auch tatsächlich erreicht wird. Eine Chance, das Reduktionsziel umzusetzen, besteht nach Dafürhalten von 61 % nur dann, wenn zusätzliche Abgaben auf CO2-Emissionen eingeführt werden, etwa in Form einer CO2-Steuer.
Eine solche Steuer wurde bereits in Frankreich diskutiert, jedoch vorläufig wegen verfassungsrechtlicher Probleme und wirtschaftspolitischer Einwände auf Eis gelegt.
Für Deutschland sehen die Experten durchaus eine Chance, eine CO2-Steuer einzuführen. 73 % gehen davon aus, dass sie wirtschaftlich sowohl für Unternehmen als auch für Haushalte tragbar sei. 60 % der Befragten halten eine solche Maßnahme für politisch durchsetzbar. Dagegen ist die Verlängerung der Laufzeiten von Kernkraftwerken nach Ansicht von 58 Prozent der Experten kaum erfolgversprechend für das Erreichen der geplanten 40 %.
Insgesamt stehen die Einschätzungen der Experten im Einklang mit Studien, die politischen Handlungsbedarf für die Zielerreichung sehen. Jüngst stellte die von IER Stuttgart, RWI Essen und ZEW Mannheim gemeinsam verfasste Energieprognose 2009 fest, dass unter den derzeit gegebenen Gesetzen nur eine Emissionsreduktion von 34 % erreichbar ist. Weiter zeigt die Energieprognose 2009, dass eine Laufzeitverlängerung der deutschen Kernkraftwerke zwar die CO2-Bilanz verbessere, das Ziel von 40 % jedoch allein durch diese Maßnahme nicht zu erreichen ist.
Grundsätzlich müsse das 40-Prozent-Ziel der Bundesregierung kritisch gesehen werden, warnt Dr. Andreas Löschel, Leiter des Forschungsbereichs Umwelt- und Ressourcenökonomik, Umweltmanagement am ZEW vor Illusionen und erklärt: „Etwa die Hälfte aller Emissionen in Europa fallen in Sektoren an, die dem grenzüberschreitenden EU-Emissionshandelssystem (EU ETS) unterliegen.“ Nationale Reduktionsziele wie das 40-Prozent-Ziel in Deutschland würden dem Prinzip des europäischen Emissionshandels aber zuwiderlaufen. Deshalb spiele es keine Rolle mehr, wie viele Emissionen in Deutschland anfallen. Löschel: „Es zählt allein die im Rahmen des EU ETS festgelegte CO2-Obergrenze.“
Die vollständigen Ergebnisse der aktuellen Befragung vom Mai 2010 finden interessierte Leser in der Ausgabe 07/08-2010 der ZEW News. Die Publikation steht als kostenloser Download im Internet zur Verfügung.