Die deutschen Familienunternehmen starten nach der Wirtschaftskrise durch, denn an Selbstbewusstsein mangelt es ihnen nicht, so das Ergebnis der Studie Familienunternehmen 2010 der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC). Dafür mangelt es den deutschen Unternehmen an Fachkräften. Insgesamt aber stehen die deutschen Familienunternehmen im internationalen Vergleich dank klarer Wachstumsstrategien gut da. Trotz der letzten, extrem tiefen Wirtschaftskrise müssen hierzulande lediglich 3 % der familiengeführten Unternehmen ums Überleben kämpfen.
Knapp 80 % der deutschen Familienunternehmen bezeichneten in der Umfrage das Wachstum als strategisches Hauptziel der kommenden zwölf Monate. Weltweit sehen das nur 60 % der Familienunternehmen so. Und während weltweit immerhin noch 11 % der Firmen um das Überleben des eigenen Unternehmens kämpfen, müssen, sind es in Deutschland nur 3 %.
Noch ein gravierender Unterschied: Von den befragten deutschen Familienunternehmen exportieren 73 % ins Ausland, aber weltweit sind es nur 54 % der Firmen. „Die deutschen Familienunternehmen haben die Krise offenbar besser überstanden als Familienunternehmen in vielen anderen Ländern. Dies dürfte wesentlich auf die starke Exportorientierung zurückzuführen sein“, vermutet Peter Bartels, PwC-Vorstand und Leiter des Bereichs Familienunternehmen und Mittelstand.
Auch die Einschätzungen zur künftigen Marktentwicklung zeigen: Die Familienunternehmen hierzulande haben nach der Krise schneller Tritt gefasst. So rechnen 49 % der Befragten aus Deutschland mit einer weiteren Nachfragebelebung bis Sommer 2011, weitere 32 % erwarten keine Veränderung. Im Ausland steht die Erholung dagegen häufig noch aus: Von den weltweit befragten Familienunternehmen setzen 56 % auf eine Nachfragebelebung, 25 % rechnen mit einer unveränderten Nachfragesituation.
Grundsätzlich sind die Befragten davon überzeugt, dass sie als Familienunternehmen besser durch die Wirtschaftskrise gekommen sind als vergleichbare Publikumsgesellschaften. Diese Einschätzung teilen in Deutschland 82 % der Familienunternehmen, weltweit aber nur 67 %. Auch ihre Wettbewerbsposition schätzen die deutschen Familienunternehmen derzeit außerordentlich selbstbewusst ein. Gut drei von vier Befragten (76 %) halten sich für sehr wettbewerbsfähig, weltweit glauben dies lediglich 52 %.
Als ihre größte Stärke im Wettbewerb sehen die deutschen Familienunternehmen die Qualität der Produkte und Dienstleistungen (26 %), gefolgt vom Markenimage (25 %). Dabei offenbart die Frage nach den spezifischen Stärken im internationalen Vergleich interessante Unterschiede. So setzen deutsche Unternehmen stärker auf Wettbewerbsvorteile durch Innovationen (15 % gegenüber 8 % weltweit) beziehungsweise Technologie (10 % gegenüber 6 % weltweit). Kontinuität in den Kundenbeziehungen führen demgegenüber ausländische Familienunternehmen deutlich häufiger an (8 % der Nennungen) als deutsche (3 %).
Die wichtigste Herausforderung, der sich Familienunternehmen gegenübersehen, ist der Fachkräftemangel. Diesen Aspekt nennen sowohl in Deutschland als auch weltweit annähernd 40 % der Befragten. Entsprechend haben Investitionen in die Personalentwicklung sowohl in Deutschland (63 %) als auch bei den Familienunternehmen weltweit (67 %) in den kommenden zwölf Monaten Priorität.
Um Manager und andere Führungs- beziehungsweise Fachkräfte für ihr Unternehmen zu gewinnen, setzen die Befragten aus Deutschland in erster Linie auf ein attraktives Gehalt (71 %), interessante Arbeitsaufgaben (66 %) und gute Aufstiegschancen (66 %). Die Karrieremöglichkeiten sind für externe Manager allerdings in vielen Familienunternehmen eingeschränkt, da die Geschäftsführung bei zwei von drei Unternehmen höchstens aus drei Mitgliedern besteht, gleichzeitig aber 56 % der deutschen Befragten mindestens einen Geschäftsführungsposten für Familienmitglieder reservieren. Viele Familienunternehmen geraten daher bei der Besetzung von Führungspositionen in einen Interessenkonflikt. Einerseits ist die Expertise externer Manager erwünscht, andererseits soll der Familieneinfluss bestehen bleiben. „Die Kompromisslösung läuft häufig darauf hinaus, Managern ein überdurchschnittliches Gehalt als Kompensation für begrenzte Aufstiegschancen zu gewähren“, kritisiert Bartels.
Ein überraschendes Ergebnis der Studie: Die Nachfolge an der Firmenspitze beschäftigt überraschend wenig Unternehmerfamilien. In Deutschland halten dieses Thema nur 4 % für eine wichtige Herausforderung. Die Umfrageergebnisse zeigen jedoch auch, dass die Familienunternehmen die möglichen Schwierigkeiten beim Übergang der Geschäftsführung – und der häufig daran geknüpften Inhaberschaft – unterschätzen. Zwar haben 73 % der deutschen Befragten die Nachfolge auf Führungsebene grundsätzlich geregelt. Bei mehr als jedem vierten Familienunternehmen droht jedoch ein Führungsvakuum, sollten zentrale Entscheidungsträger unerwartet versterben oder wegen einer schweren Erkrankung ausfallen.
Auch auf den Erbfall sind viele Familienunternehmen nicht ausreichend vorbereitet. Nur bei 52 % der deutschen Befragten (weltweit: 61 %) existiert eine Regelung, die für einen Interessenausgleich zwischen den am Unternehmen beteiligten Erben und den übrigen Familienmitgliedern sorgt. Fast 30 % der deutschen Familienunternehmen (weltweit: 23 %) haben dieses potenziell gravierende Problem bislang noch nicht einmal beachtet.
Beim Konfliktmanagement haben deutsche Familienunternehmen ebenfalls Defizite, auch wenn diese weniger gravierend sind als bei den Familienunternehmen weltweit. Ein systematisches Konfliktmanagement, beispielsweise durch festgelegte Schlichtungsmechanismen, einen festen Familienrat oder eine Familienverfassung gibt es nur bei 43 % der deutschen Familienunternehmen (weltweit: 29 %). Gelegentliche oder häufige Konflikte entzünden sich in deutschen Familienunternehmen meist über Strategiefragen (36 %, weltweit: 44 %). In jedem fünften Unternehmen sorgen die Leistung beziehungsweise die Entscheidung über die Beschäftigung von Familienmitgliedern im Betrieb mitunter für Streitigkeiten, von den ausländischen Befragten sagen dies sogar 36 % beziehungsweise 31 %. „Auffallend ist, dass Auseinandersetzungen in den ausländischen Familienunternehmen wesentlich häufiger auftreten als in Deutschland. Offenbar leistet das hierzulande stärker institutionalisierte Konfliktmanagement einen spürbaren Beitrag zum familiären Betriebsfrieden: Wenn der Ausgang eines Konflikts aufgrund der bestehenden Regeln von vornherein fest steht, bricht dieser oft gar nicht erst aus“, betont Bartels.
An der weltweiten Umfrage im Sommer 2010 beteiligten sich 1606 Familienunternehmen aus 35 Ländern, darunter 108 Firmen aus Deutschland. Die komplette Studie steht als kostenloser Download online zur Verfügung. (Hinweis: Sollte die Anzeige der Studie im Browser nicht funktionieren, laden Sie das PDF-Dokument am besten über das Kontextmenü der Maus direkt auf Ihren Computer.)